Wie Dave Gibbons nach Verrat Identität fand
«Ich lebe in Kalifornien, aber ich fühle mich auch in Korea, Bangkok und Brasilien zu Hause», sagt Dave Gibbons. Seine Geschichte ist geprägt von einer Kindheit, die in Korea begann und ihn über Japan in die USA führte.
Die Ankunft in den Vereinigten Staaten beschreibt er als ein unbeschreibliches Erlebnis, als wäre er in «Narnia» gelandet oder sonst einer fantastischen Welt: «Ich fühlte mich wie Mogli aus dem Dschungelbuch, voller Neugier auf die Welt um mich herum», erinnert er sich. Seine Identität hinterfragte der junge Gibbon damals kaum, er saugte das Leben auf wie ein Schwamm.
Neue Einsichten
Mit dem Umzug nach Arizona änderte sich das schlagartig. Die Familie begann tiefer in den Glauben einzutauchen, stark beeinflusst von einem Onkel aus einem konservativ-religiösen Umfeld. Plötzlich prägten Worte über die Verdammnis die neue Umgebung und schürten Ängste in ihm. «Ich hatte ein verzerrtes Bild von Gott. Er erschien mir eher furchterregend als liebevoll», erinnert sich Gibbons.
Doch mit der Zeit änderte sich seine Perspektive: «Heute sehe ich Gott als jemanden, der Mauern niederreisst und uns vereint.» Die Annäherung an seine asiatischen Wurzeln habe ihm zudem gezeigt, dass zum Leben in seiner ganzen Tiefe auch das Leiden gehöre – eine Erkenntnis, die ihm geholfen habe, die westliche Fixierung auf Erfolg und Stärke zu hinterfragen.
Verraten
In seiner Arbeit als Autor, Coach und Gemeindeleiter begegnet Dave Gibbons immer wieder Menschen, die tiefe Wunden des Verrats in sich tragen. «Unabhängig von Herkunft oder Beruf kennen wir alle den Schmerz des Verrats», sagt Gibbons.
Er selbst hat schmerzhafte Erfahrungen mit Betrug und Verlust gemacht. Als Jugendlicher erlebte er, wie seine Familie an den Folgen der Affäre seines Vaters zerbrach. Seine Mutter fand heraus, dass sein Vater eine Affäre hatte – eine Erkenntnis, die sie in tiefe Verzweiflung stürzte. Nur vier Jahre später kam sie bei einem Autounfall ums Leben. Die Beziehung zu seinem Vater wurde durch die Lügen weiter belastet, und Gibbons konnte ihm lange nicht verzeihen. «Es dauerte Jahre des Schweigens, bis ich lernte, was Vergebung wirklich bedeutet.»
Der Wendepunkt
Der Wendepunkt kam eines Tages im College: «Ich hörte diese Stimme, die mir sagte, ich solle meinem Vater vergeben.» Zuerst weigerte er sich, er fühlte sich dazu nicht in der Lage. Doch dann kam die Einsicht: «Vergeben ist kein Gefühl, es bedeutet, das Richtige zu tun.»
Das führte ihn zu der Erkenntnis, dass wahre Stärke oft in der Zurückhaltung liegt – ein Vorbild, das er in Jesus fand: «Die grösste Kraft zeigt sich, wenn wir unsere Rachegefühle zurückhalten können.»
Durch die Gnade über den Schmerz hinauswachsen
Für Gibbons ist Vergebung kein einfacher, sondern ein bewusster und immer wiederkehrender Prozess. «Jeder Mensch trägt zerbrochene Teile in sich, und manchmal ist es unsere Aufgabe, Gnade walten zu lassen, auch wenn es schwer zu verstehen ist.»
Vergebung ist für ihn ein Weg, Fenster und Türen zu öffnen und Licht hereinzulassen – vor allem in zwischenmenschlichen Beziehungen. In seiner Rolle als Leiter sieht er, wie entscheidend Vergebung und Gnade für die Tiefe von Freundschaften und Teamdynamiken sein können: «Vergebung ist für mich das grösste Wunder in der Bibel.»
Sein eigenes Verständnis von Vergebung half ihm, in seinem Leben voranzukommen und seine Beziehung zu seinem Vater zu heilen. «Vergebung ist kein Akt der Verurteilung», sagt Gibbons, «sie ist ein Loslassen und ein Ausdruck der Gnade.» So ist Vergebung für ihn kein passiver Akt, sondern eine aktive Entscheidung, die es Menschen ermöglicht, den Schmerz des Verrats zu verarbeiten und gestärkt aus der Erfahrung hervorzugehen.
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