Scheinwerfer und Schatten
Hope: Kira Geiss, welche Themen beinhaltet Ihre «Bittersüsse Realität»?
Kira Geiss: Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste handelt von meiner Jugendzeit. Es geht um Alkoholmissbrauch, meine Essstörung, meinen Glauben und um Übergriffe. Der zweite Teil beleuchtet amüsante, erschreckende und wertvolle Momente im Bewerbungsprozess bei Miss Germany, der dritte Erlebnisse nach dem Sieg. Ich berichte über meine Stalker-Erfahrung, die Wahrheit über Social Media und Influencer, 5-Sterne-Hotels, Schönheitsideale, Sexismus und den Berliner Strassenstrich.
Sie schreiben, dass auch falsche Schönheitsideale in den sozialen Medien zu Ihrer Essstörung beigetragen haben. Wie denken Sie heute darüber?
Ich glaube, das Problem ist, dass das, was wir täglich konsumieren und sehen, oft nicht der Realität entspricht. Für die perfekteste Version ihrer selbst werden Körper, Familien, Wohnungen und sogar Nahrungsmittel nachbearbeitet, optimiert und mit Unmengen von Filtern versehen. Diese inszenierte Welt beeinflusst einen oft unbewusst, kann zu unrealistischen Erwartungen und tiefer Unzufriedenheit führen, wie ich es selbst an meinem Körper erfahren habe.
Auch hinter den Kulissen der «realen» Glamourwelt scheint es körperlich und mental herausfordernd zu sein. Erzählen Sie uns davon!
Es ist fast normal, Schmerztabletten zu nehmen, um den ganzen Abend auf hohen Schuhen durchzuhalten. Oder die Schmerzen einer aufwendigen Frisur zu ertragen, die so stark an der Kopfhaut zieht, dass es fast schon einem Facelifting gleicht. Es ist normal, dass man für den roten Teppich ansteht und dass die Presse einen in Gruppen einteilt, die je nach Relevanz mehr oder weniger Aufmerksamkeit erhalten. Es ist normal, dass es im Backstage-Bereich oft sehr hektisch zugeht und dass einen die Tontechniker häufig in halbnacktem Zustand verkabeln. Und: Es ist auch normal, dass andere über einen bestimmen und vorgeben, was getragen, gesagt und getan werden darf oder auch nicht …
An der Miss-Germany-Wahl haben Sie in erster Linie mit Ihrem Herzensanliegen überzeugen dürfen, korrekt?
Genau! Vor einigen Jahren gab es einen Konzeptwandel. Die Frauen bewerben sich nicht mehr mit ihren Körpermassen oder ihrem Aussehen, sondern mit Themen und Inhalten. Ich selbst bin vehement gegen Schönheitsideale und ein Normbild Frau oder Mann, hätte früher nie an der Wahl teilgenommen. Ich habe mit der Thematik «Förderung der jungen Generation und der richtige Umgang mit Social Media» gewonnen. In diesem Bereich arbeite ich heute in Kirchen, Politik, Schulen oder auch mit Unternehmen zusammen und liebe alles an diesem Engagement!
Sie sprudeln und strahlen, wenn Sie sprechen, was bedeutet für Sie Glück?
Ich glaube, Glück ist nichts, was man ständig suchen oder steigern muss. Glück ist etwas, an das man sich erinnern darf und das man im eigenen Leben entdecken kann. Es sollte nicht an Erfolg oder Leistung gekoppelt sein. Für mich ist Glück unter anderem ein guter Abend mit Freunden oder eine heisse Tasse Tee in meiner gemütlichen Wohnung, während es draussen stürmt. Aber auch die schöne Beziehung zu meinen Eltern und die Möglichkeit, an Jesus zu glauben und das auszuleben.
Wie haben Sie zu Jesus gefunden?
Ich bin in meiner Jugend in einen ungesunden Freundeskreis gerutscht und habe dadurch früh angefangen, viel Alkohol zu konsumieren. Als über die Jahre ein paar Dinge zu viel passiert sind, wusste ich, dass ich einen Neustart brauche! Mit 16 bin ich über verrückte Wege dann in eine Jugendkirche gekommen, die mich aufgefangen hat! Damals hätte ich es niemals für möglich gehalten, in Kirche ein Zuhause zu finden. Aber dieser Schatz ist mir bis heute geblieben.
Sie sind Mitgründerin einer Jugendkirche in Magdeburg. Ihr Glaube spielt in Ihrem Leben und Buch eine wichtige Rolle – weshalb?
Dass ich zum Glauben gefunden habe, war das Beste, was mir jemals hätte passieren können. Ich habe durch meinen Glauben Halt in Krisenphasen erleben dürfen. In der Zeit, in der ich mit meinem Körper gekämpft habe, hatte ich den Zuspruch, dass ich von Gott geliebt und perfekt geschaffen wurde. Das trägt mich auch heute noch an schweren Tagen.
Sie schreiben regelmässig Dankbarkeitslisten. Was hat es damit auf sich?
Einmal im Jahr nehme ich mir die Zeit, eine lange Liste mit all dem, wofür ich dankbar bin, zu verfassen. Sie bewirkt bei mir grössere Freude über die kleinen Dinge im Leben.
Zur Person:
Kira Geiss (22), ist Gestalterin für visuelles Marketing, angehende Multimedia-Journalistin und Gründerin einer Jugendkirche. Im Alter von 20 gewann sie den Titel Miss Germany 2023. Dieser fokussiert heute nicht mehr auf Schönheit, sondern bietet Frauen mit Inhalten und Engagement eine Bühne. Geiss trat mit der Thematik Förderung der jungen Generation und der richtige Umgang mit Social Media» an. Seit ihrem Sieg engagiert sie sich mit diesen Schwerpunkten in Politik, Wirtschaft, Kirche und Gesellschaft. In ihrem Buch erzählt die junge Frau ihre bewegende Geschichte und blickt hinter die Kulissen der Glitzer- und Glamourwelt.
Hier geht's zum Talk mit Kira Geiss:
Zum Buch:
«Bittersüsse Realität. Über mein Leben, Social Media und die Glamourwelt»