Ausbruch aus den Trümmern fundamentalistischer Theologie
Voll idealistischem Feuer für Jesus wanderte ich mit 28 Jahren in die USA aus, um an einer fundamentalistischen Bibelschule zu studieren. Dort lernte ich meinen Ehemann kennen, mit dem ich unmittelbar nach Studienende und Heirat als Missionarin nach Südindien zog. Unvorbereitet und naiv erlebte ich jedoch bald, wie arrogant und schädlich die kaum verhüllte geistliche Überheblichkeit westlicher Christen auf meine östlichen Mitchristen wirkt, und wie viel der Glaube durch die Berührung mit anderen Kulturen an Tiefe gewinnen kann. Verrat in den eigenen Reihen sowie ein wachsendes Hinterfragen vieler fundamentalistischer Praktiken veranlasste mich und meine Familie schliesslich zur Rückkehr in den Westen.
«A Broken Hallelujah»
Zurück in den USA machte ich mich auf die Suche nach einem Glaubensleben, wo Offenheit, Verletzlichkeit und Schwäche Platz haben – wo Fragen erlaubt sind und die Liebe zum Menschen die Notwendigkeit verdrängt, unbedingt recht haben zu müssen. Ich lernte dabei die facettenreiche geistliche Landschaft Nordamerikas von vielen Seiten kennen und fand in Menschen unterschiedlichster Denominationen Verbündete auf dem Weg nach mehr Authentizität, Mitgefühl und persönlichem Wachstum. Nebenbei begann ich, das Erlebte in einem Roman zu verarbeiten. Nach fünf Jahren Vorbereitung erschien mein Debut in den USA unter dem Titel «A Broken Hallelujah» und erntete positive Kritik von christlichen Autoren und Gemeindeleitern wie dem Bestsellerautor Randall Arthur (Die Enkelin des Hiob) und Blogger, Autor und Pastor Brian Zahnd (When Everything’s on Fire).
Notwendigkeit eines differenzierten Glaubens
Vor einem Jahr zog ich mit meinem Mann und meinen drei Kindern in meine Heimat, die Schweiz, zurück. Vieles ist anders als in den USA, doch manche dort etablierten Haltungen verbreiten sich auch in den Schweizer Gemeinden mehr und mehr. Von engen, angstmotivierten Regeln bis zu schwarz-weiss verkündetem Christentum, das kein Hinterfragen verträgt, spürt man auch hierzulande eine Erstarkung des Fundamentalismus. Ich bin überzeugt davon, dass die Notwendigkeit eines differenzierten Glaubens kaum je dringlicher war als heute. Meine Protagonisten im Roman suchen entsprechend auf drei verschiedenen Kontinenten nach einem zeitgemässen, durch alle Kulturen tragenden, Glauben.
Mein Debut-Roman ist seit diesem Sommer auch auf Deutsch im Buchhandel unter dem Titel «Jenseits von Halleluja» erhältlich. Felix Ruther, ehemaliger Leiter der Vereinigten Bibelgruppen Schweiz (VBG), nennt es einen «herausfordernden Roman, der den Leser durch die Trümmer fundamentalistischer Theologie hindurch zu einer tieferen Liebe zum christlichen Glauben einlädt – und das mit Respekt und Leidenschaft».
Ich blogge zu Themen an der Schnittstelle von Theologie und Kultur unter www.judithforgoston.com/de. Vor kurzem wurde die Rückkehr meiner internationalen Familie in die Schweiz auch in der 2024 Staffel von «SRF bi de Lüt - Heimweh» vom Schweizer Fernsehen dokumentiert.
Zum Thema:
Jung & gläubig: Jana Highholder über Krisen, Lebenssinn und Vergebung
Kloster statt Broadway: Warum ich mich für ein Leben mit Gott entschied
«Zeugnis geben»: Macht und Ohnmacht der Lebensgeschichte