Rezension

«Warum wir mündig glauben dürfen»

Wie kann Glaube heute aussehen? In einer Welt, die sich permanent und immer schneller wandelt? Dieser Frage geht das Buch «Warum wir mündig glauben dürfen – Wege zu einem widerstandsfähigen Glaubensleben» nach. Am Ende stehen keine sieben Punkte, die alles erklären. Über 20 Autorinnen und Autoren beleuchten jeweils einen Aspekt eines lebendigen, mündigen, kritischen Glaubens.
Mann betrachtet Sonnenuntergang an einem See
Redaktor Hauke Burgarth
Buchcover von «Warum wir mündig glauben dürfen»

Das Buch von Tobias Faix, Martin Hofmann und Tobias Künkler musste geschrieben werden. Ausgangsbasis ist ihr Buch «Warum ich nicht mehr glaube – Wenn junge Erwachsene den Glauben verlieren». Wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig berührend und persönlich befragen die Autoren darin Menschen, die sich einmal als Christen verstanden haben. Irgendwann allerdings haben sie beschlossen, ohne diesen Glauben weiterzuleben, oder ihren Glauben schlicht verloren. Bereits am Ende dieses Buches wird angesprochen, was einen relevanten, tragfähigen Glauben ausmacht, von dem man sich nicht verabschieden muss.

Neue Horizonte

«Dieses Buch ist kein Nachschlagewerk, in dem man für bestimmte Fragen die passende Antwort findet, oder ein Rezeptbuch mit der Universalmethode, wie man in sieben Schritten Nicht-mehr-Gläubige zurückgewinnt. Stattdessen soll es weiter zum Nachdenken anregen, Impulse setzen, Horizonte aufreissen und Mut machen, da, wo nötig, neue Wege zu gehen.» Genau dies geschieht in vielen kurzen Beiträgen zu den Themenbereichen «Zweifel & Identität» , «Offenheit & Vielfalt» , «Macht & Missbrauch» sowie «Mündigen Glauben stärken und fördern». Zum Mitdenken fordern dabei Expertinnen und Experten wie Peter Aschoff, Christina Brudereck, Alexander Garth, Andreas Malessa oder Rolf Krüger auf.

Zeit für Zweifel

Ist Zweifeln eine Ausnahmesituation? Ein Abfall vom rechten Glauben? In seinem Beitrag zum Zweifeln betont Arne Bachmann, dass Denken und Glauben schon immer vom Zweifel begleitet wurden. Dabei bricht er eine Lanze für einen Glauben, der nicht nur selbstsicher daherkommt, sondern sich trotz Zweifeln von Gott getragen weiss. Er betont: «Der christliche Glaube will nicht einfach alle Rätsel des Lebens aufschlüsseln und zeigen, dass am Ende alles Leid einen Sinn gehabt hat. Am Kreuz zeigt sich, dass Sinnlosigkeit und Absurdität real sind, dass sie auch manchmal den Sieg davontragen…» Und er zeigt, dass Zweifel dazu beiträgt, Denkprozesse in Gang zu setzen, das Altbekannte am Glauben neu zu erschliessen.

Verdächtige Vielfalt?

Viele Christen sehen den zunehmenden Pluralismus unserer Gesellschaft als Reizthema und Bedrohung. «Das Fremde und Abweichende wird als Gefahr erlebt, nicht als Bereicherung», unterstreicht Peter Aschoff. Dabei weist er einen Glauben zurück, der mehr aus Rosinenpicken als aus Nachfolge besteht. Aber gleichzeitig betont er «eine Lebenshaltung, die nicht sofort alles in Richtig und Falsch, Gut und Böse, Freund und Feind oder auch Gewinner und  Verlierer einteilt».

Persönlich betroffen

Fast jeder Christ leidet darunter, dass eben nicht alle mit Jesus leben möchten. Besonders bei Eltern, Freunden oder Kindern. Andreas Malessa beleuchtet diesen «Traditionsabbruch». Er schaut Eltern über die Schulter, die sich fragen, was sie falsch gemacht haben. Warum ihre Kinder nichts mit dem Glauben zu tun haben wollen. Und er beschreibt auch folgendes: «Eltern, die ihre jung erwachsenen Kinder auf allen vier Ebenen gesegnet 'loslassen' können – beruflich, lebensweltlich, ethisch und geistlich –, machen im besten Falle eine erstaunliche Erfahrung: Die lebensertüchtigende Substanz ihrer frommen Erziehung bleibt den Kindern meist erhalten und entfaltet sich sogar noch.»

Gott führt weiter

Die Dynamik des Glaubens unterstreicht auch Christina Brudereck: «Wir können nicht sagen: Fertig! Mein Glaube ist zu Ende entwickelt. Mein Gottvertrauen bleibt für immer genau so, wie es jetzt ist.» Diese Dynamik zeigt sie mit dem Bild des Reisens. Denn wer unterwegs bleibt, sich auf Neues einstellt, der ist immer wieder darauf angewiesen zu fragen – anstatt die Antworten bereits zu wissen.

Fragen, die weiterbringen

Egal, ob es im Buch um Sexualität, Gemeindewachstum, geistlichen Missbrauch oder mündigen Glauben geht, immer ist es praktisch, durchdacht und herausfordernd. Was fehlt, das sind die klaren Äusserungen der Bibelmathematik: Tu dies, dann kommt das heraus. Stattdessen wirft das Buch Fragen auf, Fragen die Christen weiterhelfen, die ihr Leben nicht aus Tradition, sondern aus Überzeugung mit Gott gestalten möchten. Und die dazu helfen, das eigene Glaubensleben mündig zu gestalten.

Prädikat: lesenswert!

Zum Buch:
«Warum wir mündig glauben dürfen – Wege zu einem widerstandsfähigen Glaubensleben»
Schweiz
Deutschland

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Datum: 05.10.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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