Bibel in eigener Sprache steigert Würde

Die Bibel in der eigenen Sprache ist für afrikanische Gemeinden sehr wichtig.
Die Übersetzung der Bibel in lokale Sprachen bringt tiefgreifende Veränderungen in die Gemeinden Afrikas. Moderne Technologien und Partnerschaften ermöglichen es, schon während des Übersetzungsprozesses Leben zu verändern.

Inmitten der farbenfrohen Millionenstadt Nairobi befindet sich der Hauptsitz von «Bible Translation & Literacy» (BTL). Umgeben von üppigem Grün und leuchtenden, grossgewachsenen Bäumen, bilden die sandfarbenen Gebäude einen oasenähnlichen Kontrast zum geschäftigen Treiben der Metropole.

Hier wird eine wichtige Arbeit geleistet: Die Bibel wird in neue Sprachen übersetzt, um immer mehr Volksgruppen den Zugang zum Wort Gottes zu ermöglichen. Diese Arbeit trägt dazu bei, Menschen, die bisher keinen Zugang zur Bibel hatten, eine geistliche Heimat in ihrer Muttersprache zu geben.

KI beschleunigt Übersetzungen

Viele dieser Sprachgruppen haben keinen Zugang zu schriftlicher Bildung oder sie leben in abgelegenen Regionen. Daher ist die Arbeit von «SIL Africa Learning & Development» und BTL umso wichtiger. «Wir realisieren, dass es da auch Leute gibt, die nie in den Unterricht gehen konnten. Für sie haben wir Audio-Bibeln entwickelt, damit sie trotzdem verstehen, was gelesen wird», sagt SIL-Direktor Manasseh Wekundah im Gespräch mit Livenet. Es zeigt sich, dass eine Übersetzung in der eigenen Sprache die Würde und die Kultur einer Sprachgruppe fördert.

Dank moderner Technologie und künstlicher Intelligenz konnte der Übersetzungsprozess deutlich beschleunigt werden. «Früher dauerte es acht Jahre, bis eine vollständige Bibelübersetzung vorlag. Heute können wir dank Partnerschaften und Technologie bereits nach eineinhalb Jahren erste Teile wie das Lukas-Evangelium veröffentlichen», beobachtet Manasseh Wekundah. Diese Vorgehensweise ermöglicht es den Gemeinden, frühzeitig in den Transformationsprozess einzusteigen und sich mit der Botschaft des Evangeliums auseinanderzusetzen.

Audio-Technologien bringen das Wort Gottes näher

SIL und BTL arbeiten eng mit Partnern wie «Faith Comes By Hearing» zusammen, einer Organisation, die sich darauf spezialisiert hat, schriftliche Bibelübersetzungen in Audioform umzuwandeln. «Das ist ihre Spezialität», betont Manasseh Wekundah. «Sie haben ein Studio, zum Beispiel in Äthiopien, wo das gesprochene Wort Menschen zugänglich gemacht wird, die nicht lesen können.»

Diese Technologie hat in vielen Gemeinschaften bereits eine grosse Wirkung gezeigt. Mit Hilfe von Hörbibeln und interaktiven Tools, bei denen der Text während des Vorlesens hervorgehoben wird, können auch Analphabeten lesen lernen. «Jemand, der nicht lesen kann, sieht die Hervorhebungen und lernt so Schritt für Schritt lesen», erklärt Manasseh Wekundah.

Neben dem Neuen Testament werden auch spezielle Bibelstudienmaterialien entwickelt. «Bibelgruppen sind sehr wichtig», sagt Manasseh Wekundah. «Wenn Menschen die Bibel ohne Anleitung lesen, bringt das nicht die gleiche Veränderung wie in einer Gruppe, in der sie gemeinsam über Themen wie Liebe und Gemeinschaft nachdenken.»

Einheit wird gefördert

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Arbeit von SIL und BTL ist die Förderung der Einheit unter den christlichen Gemeinden. In vielen Regionen arbeiten die verschiedenen Konfessionen eher nebeneinander als miteinander. Doch die gemeinsame Arbeit an der Bibelübersetzung hat oft eine überraschende Wirkung. «Wir sehen viel mehr Einheit nach solchen Treffen», sagt Wekundah. «Die Kirchen kommen wegen der Bibel zusammen, und das verändert den Umgang miteinander. Sie sehen sich nicht mehr als Gegner oder Träger unterschiedlicher Lehren, sondern als Christen, die das Wort Gottes gemeinsam verstehen.»

Dieser Prozess trägt nicht nur zur geistlichen, sondern auch zur gesellschaftlichen Transformation bei. «Wenn Menschen die Bibel lesen und verstehen, ist Veränderung möglich», betont Manasseh Wekundah. Er berichtet von vielen Beispielen, in denen das Lesen der Bibel das Leben Einzelner und ganzer Gemeinschaften nachhaltig verändert hat.

Bis 2025 möglichst viele Menschen erreichen

Die Vision von SIL und BTL ist es, bis 2025 möglichst viele Sprachgruppen mit einer Bibelübersetzung zu erreichen. «In Kenia haben wir in den meisten Sprachen ein Projekt gestartet», zieht Manasseh Wekundah Bilanz. Doch die Herausforderungen bleiben gross. Vor allem in Ländern wie Nigeria, wo es noch rund 300 Sprachen gibt, in denen die Bibelübersetzung noch nicht begonnen hat, ist die Aufgabe gewaltig.

Doch die Motivation ist ungebrochen. «Mich berührt die Wirkung, wenn ich eine Gemeinde sehe, in der sich das Leben der Menschen verändert», sagt Manasseh Wekundah. «Das ist auch mein Gebet, dass das Wort Gottes einen Unterschied im Leben der Menschen macht.» SIL und BTL setzen weiterhin auf Partnerschaften und enge Zusammenarbeit mit lokalen Kirchen, um das Wort Gottes in alle Winkel Afrikas zu tragen.

Durch den Einsatz moderner Technologien, die frühzeitige Einbeziehung der Gemeinden und die Zusammenarbeit über Konfessionsgrenzen hinweg wird das Leben unzähliger Menschen nachhaltig verändert. «Sprache ist eine Sache des Herzens», schliesst Manasseh Wekundah, «und wenn Menschen das Wort Gottes in der Sprache ihres Herzens hören, geschieht Veränderung.»

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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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