Über 400'000 Katholiken verlassen die Kirche

Nur wenige Menschen sitzen auf den Bänken dieser Kirche.
Im Jahr 2023 verzeichnete die katholische Kirche in Deutschland einen dramatischen Rückgang ihrer Mitgliederzahlen. Fast 592'000 Menschen kehrten der Kirche den Rücken – davon waren rund 403'000 offizielle Kirchenaustritte.

Diese alarmierenden Zahlen verdeutlichen eine tiefgreifende Krise, in der sich die Kirche befindet: Zum Jahresende 2023 gehörten den 27 katholischen Bistümern Deutschlands noch etwa 20,3 Millionen Menschen an, was einem Rückgang von 2,8 Prozent entspricht.

Neben den Austritten trugen auch Sterbefälle massgeblich zum Mitgliederschwund bei. Im Jahr 2023 wurden rund 226'000 Katholiken beerdigt, während lediglich 131'000 Taufen, 4'100 Wiederaufnahmen und 1'600 Neueintritte verzeichnet wurden.

Reformen als Rettungsanker?

Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, sieht die Notwendigkeit von tiefgreifenden Reformen, um die Krise zu bewältigen. «Die Zahlen zeigen, dass die Kirche in einer umfassenden Krise steckt», erklärte Bätzing und betonte, dass ohne Reformen die Situation weiter eskalieren könnte. Besonders junge Menschen und deren Familien müssten in den Fokus der kirchlichen Arbeit rücken.

Themen wie die Rolle der Laien, die kirchliche Sexualmoral, die Stellung der Priester und die Öffnung kirchlicher Ämter für Frauen stehen im Mittelpunkt der Diskussionen. Diese Bestrebungen haben jedoch sowohl mit dem Vatikan als auch innerhalb der Bischofskonferenz wiederholt zu Spannungen geführt.

Grosse Herausforderungen

Die hohen Austrittszahlen und der demographische Wandel stellen die Kirche vor immense Herausforderungen. Die anstehenden Reformen könnten ein entscheidender Schritt sein, um die Kirche wieder näher an die Lebensrealitäten der Menschen zu bringen und langfristig ihre Mitgliederzahlen zu stabilisieren.

Ob dies gelingt, wird die Zukunft zeigen müssen. Bis dahin bleibt die katholische Kirche in Deutschland in einer Phase des Umbruchs und der Neuorientierung.

Kein Einzelfall

Ähnlich geht es gegenwärtig den Landeskirchen in der Schweiz, sowohl bei den Reformierten wie auch bei den Katholiken. Massgeblich dazu beigetragen hat die Missbrauchs-Studie. So hält die Katholische Kirche des Kanton Zürichs in einem Bericht fest: «Bis zum Herbst hatten sich die Austrittszahlen ungefähr auf dem Vorjahresniveau gehalten (5074 bis 12. September). Vom 12. September bis Ende Jahr musste die Kirche nochmals weitere 8'826 Austritte registrieren. Damit haben sich 2023 im Kanton Zürich total 13'900 Personen von der Kirche abgewendet. 2022 waren es 7'222, auch das in der Geschichte der Zürcher Kirche bereits eine rekordhohe Zahl.»

Ähnlich geht es den Reformierten in der Schweiz, beispielsweise schrumpfte die Reformierte Kirche des Kantons Zürich von 80'000 Mitgliedern auf 72'000. Insgesamt hat die Anzahl an Austritten zugenommen.

Freikirchen unverändert, Muslime legen zu

Die Anzahl freikirchlicher Christen wird auf rund 200'000 Personen beziffert, die sich auf rund 1'000 allgemeine Gemeinden sowie rund 600 Migrantengemeinden verteilen; also insgesamt zwischen zwei bis drei Prozent der Bevölkerung.

Gegenwärtig legt der Islam in der Schweiz zügig zu. 2019 ergab eine Strukturerhebung einen Anteil von 5,5 Prozent muslimische Gläubige an; mit 392'000 Anhängern. Heute rechnet man mit 533'500 Anhängern und einem Anteil von 6,2 Prozent; ähnlich wie Deutschland und England (je 6,3 Prozent) und etwas weniger als Schweden (8,2 Prozent) und Frankreich (8,7 Prozent).

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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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