Konfliktforscher liefert Belege

Religionen fördern den Frieden

Die traurige Aktualität der Untaten von Islamisten und Dschihadisten verfälscht die Wahrnehmung der Bevölkerung über den Beitrag der Religionen zum Frieden. Alle Religionen haben das Potenzial, Frieden zu schaffen. Dies zeigte eine Tagung von «mission 21» auf.
Friedenstaube
Martin Luther King am 28. August 1963: «Ich habe einen Traum»

Rund 80 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind laut Umfragen der Meinung, Religionen seien konfliktfördernd. Das tägliche Bombardement der Medien mit Nachrichten über dschihadistischen Terror und Bilder über mordende IS-Kämpfer haben die Wahrnehmung der Europäer vernebelt und den Blick für das friedensstiftende Engagement von mutigen Persönlichkeiten in allen Weltreligionen entstellt. Eine Tagung des Missionswerks «mission 21» in Basel gab Gegensteuer.

Beispiele aus Religionen und Kontinenten

In einem Referat schilderte der Friedens- und Konfliktforscher Markus A. Weingardt Beispiele aus unterschiedlichen Kulturen, Kontinenten und Religionen. In Mosambik haben demnach katholische Ordensleute rund um «Sant Egidio» das Vertrauen der Konfliktparteien gewinnen und eine Befriedung des Bürgerkriegs erreicht. In Ruanda waren es Muslime, die sich aus dem Konflikt zwischen Hutu und Tutsis herausgehalten, vor der Gewalt gewarnt und Flüchtlinge der beiden Volksgruppen geschützt haben.

Auf den Philippinen sorgten 1986 während der «Rosenkranzrevolution» katholische Mönche und Nonnen dafür, dass der Aufstand gegen die Diktatur nicht in Gewalt ausartete, indem sie an vorderster Front den Rosenkranz beteten. In Kambodscha wagte sich nach der Vertreibung des brutalen Diktators Pol Pot ein buddhistischer Mönch zurück ins Land und schaffte es, mit einem Friedensmarsch geschätzte 100'000 Menschen für die Wiederaufbau-Arbeit und für eine neue Gesellschaft zu mobilisieren. 

Für Europa nannte Weingardt die interreligiösen Räte in Bosnien-Herzegowina, die es nach dem Unabhängigkeitskrieg schafften, dem neuen Staat ein Gesetzeswerk zu erarbeiten. Und er erinnerte an die von der Evangelischen Kirche in Ostdeutschland geprägte friedliche Revolution vor dem Mauerfall von 1989. Er hätte auch an Martin Luther King oder an die evangelischen Persönlichkeiten erinnern können, die einen Friedlichen Übergang in Südafrika und im damaligen Rhodesien ermöglichten.

Gründe für den Erfolg

Weingardt stellte sich auch die Frage, weshalb diese Vermittlungen erfolgreich waren. Der Erfolg basiere auf der Glaubwürdigkeit der Religionsvertreter, weil diese keine Macht hatten und keine Interessen vertraten. Ebenso auf ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer Sach- und Fachkompetenz sowie Methoden der Friedensförderung. Der Konfliktforscher nannte auch die Nähe und Verbundenheit der Akteure zum bestehenden Konflikt, die ihnen einen Vertrauensvorschuss bei den Konfliktparteien verschafften.

Friedensarbeit – kein attraktives Thema

Zur Frage, weshalb diese Friedensarbeit von Christen und Persönlichkeiten anderer Religionen nicht besser wahrgenommen werde, sagte Markus Weingardt, es sei für die Medien eben einfacher, Berichte und Bilder über Konflikte zu bringen. «Friedensberichterstattung ist anspruchsvoller», bilanzierte der Konfliktforscher.

An der Basler Tagung sprachen auch die Islamwissenschafterin Amira Hafner-Al Jabaji über die Integration von Muslimen in der Schweiz. Der Religionssoziologe Jörg Stolz stellte sich der Frage «Fördert Religion die Integration?» Und die Politikwissenschafterin Genia Findeisen skizzierte die Entwicklung der religiösen Beziehungen der letzten Jahrzehnte in Indonesien.

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Datum: 24.03.2015
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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