Kolumne zum Sonntag

Das schlichte Tischgebet macht einen Unterschied

Worte der Dankbarkeit erhöhen die eigene Zufriedenheit. Das erlebt David Kleist, Pastor der Pfingstgemeinde Interlaken, immer wieder in seinem Alltag. Für ihn hat deshalb auch das schlichte Tischgebet eine grosse Bedeutung.
Eine Familie beim Tischgebet (Bigstock: 44262859)
David Kleist

Es gab einmal eine Zeit, da war das Tischgebet völlig normal. Ein paar Worte der Dankbarkeit und der Bitte um den Segen Gottes für die Mahlzeit – auch öffentlich mitten im Restaurant.

Heute ist das schon fast peinlich und hin und wieder kriegt man nebst unverständigen Blicken auch einen Hinweis eines anderen Gastes, solche Dinge doch still und unauffällig zu erledigen und sich damit auf das Private zu beschränken. Bei mir hat sich bisher zwar noch niemand beschwert, dass er sich durch mein Gebet persönlich belästigt fühlt, aber das kommt bestimmt auch noch eines Tages. Durch die Blicke meiner Mitmenschen erhalte ich diese Botschaft zumindest nonverbal schon jetzt. Was ist nur los mit uns?

Jemand hat mal gesagt, dass das Gebet für die Seele dasselbe ist, was das Atmen für den Körper bedeutet. Jedem von uns ist klar, dass die Atmung existenziell für unser Leben ist. Wenn wir aufhören zu atmen, dann sind wir schlicht und einfach tot.

Da frage ich mich dann, was geschieht, wenn wir aufhören zu beten? Fügen wir damit unserer Seele Schaden zu? Persönlich kann ich mir das vorstellen. Denn die eigene Zufriedenheit ist zumindest bei mir dann viel höher, wenn ich aus der Dankbarkeit heraus bewusst lebe. Ich kann mich dann an Dingen freuen, die ich sonst nicht einmal mehr wahrnehme. So macht selbst das schlichte Tischgebet einen Unterschied im Alltag aus.

Eine grossartige Möglichkeit, das Gebet im persönlichen Leben zu kultivieren ist das berühmte Vaterunser, das uns Jesus Christus gelehrt hat (Matthäus 6,9-13). Es lohnt sich, dieses Gebet einmal bewusst anzuschauen und zu beten. Es kann sein, dass wir bei gewissen Aussagen stehen bleiben müssen und diese zuerst tief auf uns einwirken lassen. Da ist zum Beispiel die Bitte: «Gib uns heute unser tägliches Brot!» Es ist gar nicht so selbstverständlich, dass wir diese Mahlzeit geniessen können, die vor uns steht. Hunderte von Menschen kennen diese Selbstverständlichkeit bis heute nicht.

Gebet hat mit dem Zentrum unseres Lebens zu tun. Es lohnt sich, das ernst zu nehmen und sich darin auf eine abenteuerliche Entdeckungsreise zumachen!

Zum Autor

David Kleist ist Pastor und Mitglied des Leitungsteams der Pfingstgemeinde Interlaken.

Datum: 16.03.2014
Autor: David Kleist
Quelle: Sonntagsblatt des «Berner Oberländer»

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