Geduld – eine Herausforderung für die «Generation jetzt!»

Warten braucht viel Geduld
Wir leben mit einer Mikrowellen-Mentalität – bei uns gibt es Minutenreis und Fast Food. Wir wollen alles sofort. Niemand wartet gern. Deshalb ist Geduld, eine «Frucht des Heiligen Geistes», eine seltene Charaktereigenschaft.

Vielleicht gehören Sie auch zu denjenigen, die beten: «Herr, gib mir Geduld, und zwar schnell!» Dann sind Sie in guter Gesellschaft. Schliesslich leben Sie in der «Generation jetzt!», die es gewohnt ist, alles schnell zu bekommen. Vor hundert Jahren war es für die Menschen kein Drama, wenn sie die Postkutsche verpassten; sie konnten dann ja einfach in ein, zwei Tagen die nächste nehmen. Heutzutage sind wir einem Herzanfall nahe, wenn wir eine Drehtür verpassen oder auf einen Zug warten müssen. Wir sind immer in Eile. Wir müssen weiter. Wir können nicht warten!

Dabei wäre Geduld in den Augen des bekannten Psychologen John Dewey die nützlichste Tugend überhaupt. Wir brauchen sie ständig und wir brauchen sie überall. «Geduld zu haben ist besser, als ein Held zu sein; und sich selbst beherrschen ist besser, als Städte zu erobern», heisst es in den Sprüchen von Salomo (Die Bibel, Sprüche, Kapitel 16, Vers 32).

Geduld entwickelt sich in Geduldsproben

Paradoxerweise können wir Geduld genau dann entwickeln, wenn wir am liebsten ausrasten oder losrennen würden. Es gibt allerlei unangenehme Situationen in unserem Leben, die uns auf die Probe stellen. Lassen Sie mich drei Geduldsproben vorstellen:

1. Unterbrechungen

Wir kennen sie alle, die unliebsamen Unterbrechungen: Wir haben uns gerade zum Essen hingesetzt, da klingelt das Telefon oder wir arbeiten unter Termindruck und bekommen Besuch. Unsere schönsten und wichtigsten Vorhaben werden manchmal unterbrochen. Die Jünger Jesu mochten Unterbrechungen auch nicht. Sie wurden ungehalten, wenn Leute den Terminplan durcheinander brachten. So zum Beispiel in Matthäus 19, Verse 13-14, als sie sagten: «Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt um eure Kinder zu Jesus zu bringen. Der Meister ist beschäftigt.» Wie gehen Sie mit Unterbrechungen um? Das ist die erste Geduldsprobe.

2. Ärgernisse

Lange Warteschlangen, Verkehrsstaus, kaltes Essen, verspätete Flugzeuge, besetzte Badezimmer, Rockbands im Nachbarhaus – dies alles sind Kleinigkeiten, die unseren Alltag stören können. Wenn wir es zulassen, können sie uns emotional völlig kaputt machen.

Wie wir im 4. Buch Mose, Kapitel 20, Verse 10 und 11 lesen, wurde Mose bei einer bestimmten Gelegenheit über die Israeliten zornig. Er hatte ihr Nörgeln und ihre Kritik jahrelang ertragen müssen und nun war er mit seiner Geduld am Ende. Anstatt, wie Gott ihm aufgetragen hatte, zum Felsen zu sprechen, damit dieser Wasser hervorbrachte, schlug er in seinem Zorn gegen das Gestein. Seine Ungeduld verleitete ihn dazu, Gott ungehorsam zu sein. Infolgedessen erlaubte Gott ihm nicht, das Gelobte Land zu betreten.

Mose war für gewöhnlich ein geduldiger Mensch, doch wie es scheint, stossen selbst geduldige Menschen einmal an ihre Grenzen. Wie kommen Sie mit den Ärgernissen des Alltags klar?

3. Untätigkeit

Man erfährt viel über andere Menschen, wenn man sie beim Warten auf den Lift beobachtet. Manche Leute sind Wieger; sie wiegen sich hin und her. Manche sind Hopser; sie hopsen herum, während sie darauf warten, dass der Lift sich in Bewegung setzt. Manche sind Drücker; sie drücken wiederholt auf den Knopf, als ob sie dadurch dem Lift Beine machen könnten. Sie können einfach nicht ruhig dastehen und warten. Sie müssen etwas tun, um das Gefühl zu bekommen, die Situation unter Kontrolle zu haben.

Was verursacht diese Ungeduld? Mangelnder Friede? Vielleicht hat Gott deshalb die Geduld in der Liste der Geistesfrüchte genau nach dem Frieden genannt. Wenn man Frieden im Herzen hat, kann einem fast nichts die Geduld rauben.

Alles eine Frage der Perspektive, ...

Wenn ich ungeduldig bin, ist dies ein Zeichen dafür, dass meine Perspektive begrenzt ist. Ich nehme nur mich selber wahr: meine Bedürfnisse, meine Wünsche, meine Ziele, meine Mängel, meine Zeitplanung. Die Wurzel von Ungeduld ist Selbstsucht. Ein Schlüssel zu mehr Geduld liegt entsprechend darin, sich in andere hineinzuversetzen. Besonders klug ist es, das Leben aus Gottes Perspektive zu betrachten. Diese Perspektive vermittelt mir, dass ich nur ein Mensch bin, dass andere Menschen auch nicht vollkommen sind und dass Gott das Sagen hat.

... der Reife und des Humors

In der ganzen Bibel setzt Gott Geduld mit Reife gleich. In Sprüche 14, Vers 29 heisst es: «Wer geduldig ist, der ist weise; wer aber ungeduldig ist, der offenbart seine Torheit.» Geduld ist ein Zeichen der Reife.

Und schliesslich kann auch eine gute Portion Humor helfen, geduldiger zu werden. Am glücklichsten sind Menschen, die gelernt haben, über sich selbst zu lachen. Lachen ist der Stossdämpfer des Lebens. Ausserdem ist Lachen gesund, wie es in Sprüche 17, Vers 22 heisst: «Fröhlichkeit ist gut für die Gesundheit.»

Dieser Artikel erschien im Juli 2014 bei Livenet.

Zur Serie «Heiliger Geist»:
Liebe – viel mehr als ein Kribbeln im Bauch
Freude – unabhängig von äusseren Umständen
Frieden – gelassen durch die Stürme des Lebens

Zum Thema:
Schöner leben: Kann man Geduld lernen?
Bibel-Impulse: Die Frucht des Geistes: Geduld
Verlorene Zeit?: Im Wartezimmer des Glaubens

Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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