Das Phänomen und was dahintersteckt
Was ist Pegida?
Pegida ist die Abkürzung für «Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes». Der eingetragene Verein in Dresden geht von einer «Islamisierung» Europas aus und bezieht dagegen Stellung, indem er seit Oktober 2014 wöchentliche Demonstrationen organisiert. Pegida will dabei an die Tradition der Leipziger Montagsdemonstrationen anknüpfen. Anfänglich marschierten nur wenige hundert Demonstranten, inzwischen sind es bis zu 25'000 Teilnehmer. Das Zentrum der Aktionen liegt dabei in Sachsen.
Wer steckt dahinter?
Als Initiator von Pegida gilt Lutz Bachmann (41), der auch Vereinsvorstand und einer der prominentesten Wortführer der Bewegung ist. Aktuell wurde eine Pegida-Demonstration in Dresden abgesagt, weil es Hinweise auf ein geplantes Attentat auf ihn gegeben hatte. Der gelernte Koch und Gründer einer Werbeagentur ist mehrfach wegen Körperverletzung, Fahrens ohne Führerschein, Einbruch, Diebstahl und Drogendelikten vorbestraft. Nach Auslieferung aus Südafrika, wohin er daraufhin geflohen war, verbüsste er in Deutschland eine zweijährige Haftstrafe.
Was sind die Ziele von Pegida?
Zunächst einmal lehnt die Organisation eine «Islamisierung des Abendlandes» ab. Dass hierbei irrationale Ängste und das Gefühl, nicht gehört und nicht ernst genommen zu werden, eine wichtige Rolle spielen, sieht man unter anderem daran, dass der Bevölkerungsanteil von Muslimen gerade in Sachsen – dem Kernland der Pegida – äusserst gering ist; es sind nur 0,1 Prozent der Bevölkerung oder 4'000 Personen.
Obwohl sich viele der Pegida-Ängste statistisch nicht untermauern lassen, findet die Bewegung immer mehr Zulauf. Scheinbar bedient die Mischung aus angesprochenen realen Problemen, aus irrationalen Überfremdungsängsten und aus dem Eindruck der Solidarität ein Gefühl der Macht, ein Gefühl, etwas bewegen zu können.
Wer «ist» Pegida?
An dieser Frage entzünden sich sowohl Zustimmung als auch Ablehnung. Viele sehen ihre nationalistischen Wurzeln und politisch rechts stehende Hauptverantwortliche und lehnen Pegida daher als rechtes Netzwerk ab. Andere unterstreichen, dass längst die «bürgerliche Mitte» den Löwenanteil der Demonstranten stellt. Sie betonen, dass gerade christlich-abendländische Werte das Programm von Pegida ausmachen würden. Tatsache ist, dass die Pegida-Teilnehmer und -Sympathisanten sehr heterogen zusammengesetzt sind. Sie stammen längst nicht nur aus einem politischen Lager. Auch bekennende Christen findet man sowohl unter den Gegnern wie den Befürwortern. Tatsache ist allerdings auch, dass die Demonstrationen in der Praxis mit schwarz-rot-goldenen Kreuzen und «Lügenpresse»-Rufen deutlich nationalistischer geprägt sind als die gedruckten Programme.
Wie entwickelt sich Pegida weiter?
Diese Frage ist naturgemäss sehr offen. Die Demonstrationen in Sachsen erfahren nach wie vor sehr breite Zustimmung. In zahlreichen anderen deutschen Städten treffen sich ein paar Hundert Demonstranten – bei Tausenden Gegendemonstranten. Trotzdem breitet sich die Bewegung aus. Auch in der Schweiz soll ein Ableger entstehen.
Gibt es einen «christlichen Standpunkt» zu Pegida?
Während sich etliche Christen mit der Bewegung solidarisieren und vor allem deren schriftlichen Wertekanon loben – gegen Gender Mainstreaming und für eine vernünftige Familienpolitik –, finden immer mehr Verantwortliche deutliche Worte der Ablehnung. «Christen sollten nicht bei Pegida mitlaufen» unterstreicht zum Beispiel der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Michael Diener, in einem Interview mit dem christlichen Nachrichtenmagazin Pro. Diener begründet seine durchaus kontrovers diskutierte Ablehnung in erster Linie damit, dass Pegida «auf sehr vereinfachende Weise den vorhandenen Unmut und die Ängste von Menschen [bedient] und instrumentalisiert… Das hat Pegida geschafft, indem es vor Überfremdung und einer Islamisierung warnt...»
Die Herausforderung
Als echtes Problem identifiziert Diener allerdings weniger einen zu starken Islam, sondern «eher ein zu schwaches, untereinander zerstrittenes Christentum». Er ruft dazu auf, die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen, trotzdem eine Willkommenskultur für Flüchtlinge zu schaffen und zieht als Fazit des lesenswerten Artikels: «Lasst uns doch vom Evangelium her liebevoll und zuversichtlich mit diesen Fragen umgehen. Wir sollten uns, was das Gewaltpotenzial im extremistischen Islam angeht, nichts vormachen. Das ist eindeutig vorhanden. Aber es ist absolut falsch, deswegen viele Menschen in unserem Land in eine militante Ecke zu stellen und so zu tun, als sei jeder muslimische Mitbürger ein Attentäter.»
Datum: 21.01.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet