EU-Parlament besorgt über religiöse Krise in Indien
Die Abgeordneten forderten die indischen Behörden auf, gegen die Straflosigkeit des gewalttätigen Mobs vorzugehen und die Gewalt in Übereinstimmung mit ihren internationalen Menschenrechtsverpflichtungen einzudämmen. Darüber hinaus forderten die Abgeordneten die politische Führung Indiens auf, «auf hetzerische Äusserungen zu verzichten und eine unparteiische Rolle bei der Schlichtung der Spannungen zu spielen» und «diejenigen nicht zu kriminalisieren, die dem Verhalten der Regierung kritisch gegenüberstehen».
EU-Kommissarin Mairead McGuinness wies darauf hin, dass die EU die Situation in Manipur genau verfolge und die hohe Zahl der Toten, Verletzten und Vertriebenen sehr bedauere. Sie erkannte einige Schritte der indischen Regierung an, wie die Einsetzung einer Untersuchungskommission und eines Friedenskomitees. «Wir hoffen, dass diese Massnahmen sehr bald zu Ergebnissen führen werden, damit diese Welle der Gewalt und das tiefe Misstrauen zwischen den Gemeinschaften ein Ende findet», sagte McGuinness.
EU soll Kampf für Religionsfreiheit verstärken
In der Resolution werden die EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, «systematisch und öffentlich Menschenrechtsprobleme mit Indien auf höchster Ebene anzusprechen, insbesondere in Bezug auf die Meinungs- und Religionsfreiheit (…)».
Der niederländische Europaabgeordnete Bert-Jan Ruissen, ein reformierter Christ, betonte, dass es «ohne strenge Garantien kein neues Handelsabkommen mit Indien geben kann». Seine Partei legte der Europäischen Kommission drei Anträge vor. Die erste forderte die EU auf, ihre Richtlinien zur Religionsfreiheit wirklich umzusetzen, die dem Abgeordneten zufolge seit zehn Jahren bestehen, aber kaum angewandt werden. Der zweite ist die Forderung nach einem ständigen Mandat für den EU-Kommissar für Religionsfreiheit (dessen Stelle zeitweilig jahrelang unbesetzt war) und zusätzlichem Personal. Zuletzt schlug sie vor, den 24. Juni, den Tag, an dem die Leitlinien vorgestellt wurden, zum «Europäischen Tag für den Kampf gegen religiöse Verfolgung» zu erklären.
Indische Regierung: «koloniale Denkweise»
Der Sprecher des indischen Aussenministeriums, Arindam Bagchi, verurteilte die europäische Resolution aufs Schärfste und erklärte, sie sei «inakzeptabel» und spiegele eine «koloniale Denkweise» wider. Bagchi betonte, dass der Konflikt in Manipur ausschliesslich eine «interne Angelegenheit» sei und die indischen Behörden, einschliesslich der Justiz, sich aktiv mit der Situation auseinandersetzten und an der Aufrechterhaltung von Frieden, Recht und Ordnung in der Region arbeiteten. Er sagte, das Europäische Parlament solle sich stattdessen auf seine eigenen internen Probleme konzentrieren.
250 Kirchen in Manipur niedergebrannt – grausame Gewalttaten
Die Resolution der EU ist eine Reaktion auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen, die am 3. Mai aufgrund eines anhaltenden Konflikts zwischen den überwiegend hinduistischen Meitei und den überwiegend christlichen Kuki und den Nagas in Manipur ausgebrochen sind (Livenet berichtete). Seitdem herrschen teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände in dem Bundesstaat im Nordosten Indiens. Mindestens 120 Menschen starben, 50'000 wurden vertrieben und über 1'700 Häuser wurden zerstört. Darüber hinaus wurden über 250 Kirchen niedergebrannt oder beschädigt.
Sexuelle Gewalt gegen Christinnen
Vor einigen Tagen ging ein Video in Sozialen Medien viral, in dem ein Mob hinduistischer Männer zwei christliche Frauen nackt durch die Strassen treibt. Die Täter sollen den Bruder einer der Frauen getötet und sie dann vergewaltigt haben, berichteten örtliche Medien. Auch der hindu-nationalistische Premierminister Narendra Modi fühlte sich durch dieses Video bemüssigt, sich erstmals seit Ausbruch der Gewalt vor zweieinhalb Monaten zu dem Konflikt in Manipur zu äussern und zu versprechen: «Die Schuldigen werden nicht davonkommen.» Die Polizei ermittelt. Manipur wird von Modis hindu-nationalistischer Indischer Volkspartei (BJP) regiert.
Die Lage der Religionsfreiheit in Indien hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Die Gesetze auf lokaler, bundesstaatlicher und nationaler Ebene, einschliesslich der Anti-Konversionsgesetze, diskriminieren religiöse Minderheiten, ausgehend von der nationalistischen Maxime «Inder sein heisst Hindu sein». Falsche Anschuldigungen und Gewalttaten gegen die christlichen und anderen Minderheiten sind fast an der Tagesordnung. Auf dem internationalen Parkett versichert Premierminister Narendra Modi immer wieder, es gebe keine diesbezüglichen Probleme in seinem Land.
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