Zwischen Angst und der Suche nach einem sicheren Schlafplatz
Am Tag nach dem grossen Erdbeben, das Syrien und die Türkei erschütterte, war die Frage, wo jeder schlafen konnte, keineswegs eine seltsame Frage, sondern unsere oberste Priorität. Die Antworten, die ich heute Morgen erhielt, waren anders als die, die ich an einem anderen Dienstagmorgen gehört hätte: «Ich habe mit meinem Mann und meinen beiden Kindern in unserem Auto geschlafen», sagte eine meiner Mitarbeiterinnen. «Ich habe auf einer dünnen Matratze auf dem Boden unserer Kirche geschlafen», antwortete eine andere. «Ich habe mit meiner Frau in unserem Auto geschlafen», lautete die Antwort meines Direktors.
Einem anderen Mitarbeiter konnte ich diese Frage nicht einmal stellen, da er mit seiner Familie aus der Stadt geflohen war, um sich an einen sichereren Ort in Syrien zu begeben. Er hatte Glück, dass er dort ankam. Ein anderer Mitarbeiter, der dasselbe tun wollte, konnte kein Transportmittel finden.
Die Kirche als Zufluchtsort
In meinem Fall entschied ich mich dafür, mit sieben anderen Familien in unserer Kirche Zuflucht zu suchen. In dieser Nacht lag mein «Bett» auf dem Boden eines der Klassenzimmer, in denen wir normalerweise unsere Sonntagsschule abhalten. Keiner von uns hatte in der vergangenen Nacht den Mut gehabt, zu Hause zu schlafen.
Wenn ich mir die Risse in meiner eigenen Wohnung oder der meiner Mitarbeiter anschaue, wird mir klar, warum wir alle die Nacht so verbracht haben. Eine Mitarbeiterin erzählte mir, dass ihr Haus jetzt unbewohnbar sei. Sie und ihre Eltern müssen sich eine andere Wohnung suchen. Meine Familie und ich wohnen im sechsten Stock und die Risse in unserer Wohnung sind zu bedrohlich, als dass wir es wagen würden, dort zu übernachten. Meine Eltern schlafen jetzt im Haus meiner Grossmutter, das in einem besseren Zustand als unser Haus zu sein scheint, aber ich fühle mich auch dort nicht sicher.
Ich habe nicht wirklich den Schlaf bekommen, den ich gebraucht hätte. Ich glaube, ich habe ungefähr eine Stunde geschlafen, mehr nicht. Da ist die Angst... Angst vor den nächsten Nachbeben, Angst, dass die Kirche auch einstürzt. Und dann ist da noch der Lärm... Wir sind alle in einem Raum zusammengepfercht, jeder versucht sein Bestes, um Schlaf zu finden, aber wir drehen und wenden uns, ohne es zu schaffen, es gibt immer ein Geräusch, das uns aufweckt, die Erinnerung, die in uns nachhallt.
Tag und Nacht helfen
Die Suche nach Schlaf oder das Stillsitzen sind für mich sowieso unmöglich, also nutze ich die Nächte, um mich zu beschäftigen. Ich habe die Kissen in die Räume heruntergebracht, in denen wir alle schlafen würden, und den Familien den Raum gezeigt, der als Schlafzimmer dienen sollte. Ich habe Essen und heisse Getränke geholt und sie verteilt.
Bitte betet weiterhin für uns als Team. Wir sind alle von dem Erdbeben betroffen. Wir sind müde, sehr müde und machen uns Sorgen um unsere Familien, unsere Freunde und uns selbst.
Open Doors unterstützt seine Partner, um den Menschen in den Kirchen Schutz zu bieten. Sie versorgen die Opfer mit Lebensmitteln, Decken und Matratzen. Die lokalen Teams vermitteln den Kontakt zu Kirchen und christlichen Gemeinschaften, um die Bedürfnisse einzuschätzen und zu berichten, aber auch um über die nächsten Schritte zu entscheiden. In der Schweiz und auf der ganzen Welt ruft die Organisation zum Gebet für die Opfer auf und stärkt die Helfer. Es werden Spenden gesammelt für Lebensmittel, medizinische Hilfe und posttraumatische Betreuung für Syrien.
Zur Website:
Open Doors Schweiz
Zum Thema:
Hilfe nach dem Erdbeben: Christliche Organisationen im Einsatz vor Ort
Nach Erdbeben in Türkei: Profi-Fussballer Christian Atsu noch unter Trümmern
Erdbeben in der Türkei / Syrien: «Etliche sind immer noch unter Trümmern eingeschlossen»