Für 10 Prozent-Initiative, gegen Kostenbremse-Initiative

In der Schweiz stehen wieder Abstimmungen an.
Am 9. Juni 2024 stehen zwei Volksentscheide zu den Gesundheitskosten an. Wie wird der Anstieg der Gesundheitskosten gebremst? Welcher Anteil wird ärmeren Familien aufgebürdet? ChristNet spricht Empfehlungen aus, die Livenet im Wortlaut wiedergibt.

Das ChristNet-Forum vom 9. März 2024 hat aufgezeigt, dass die Ursachen der Steigerung der Gesundheitskosten (und damit der Krankenkassenprämien) sehr vielfältig sind: Von der Alterung der Gesellschaft über die höhere Anspruchshaltung und die ungesunde Ernährung bis hin zu den Profitinteressen vieler Beteiligter tragen zahlreiche Aspekte dazu bei und könnten (teilweise) verändert werden. Die Kostenbremse-Initiative der Mitte stört sich zu Recht an der ungenügenden Aktivität der Politik, die Kosten einzudämmen.

Kostenbremse-Initiative: Bei den aktuellen Machtverhältnissen trifft sie die Falschen

Nur: Die Mitte ist oft die Mehrheitsbeschafferin im Parlament, wenn Vorlagen zur Kostensenkung im Gesundheitswesen abgelehnt werden. Insbesondere die Preise für Medikamente und Generika, die in der Initiative genannt werden, wurden von der Mitte bisher kaum angetastet. Es ist daher schwer zu glauben, dass das Parlament die Kosten in den von den Initianten genannten Bereichen tatsächlich reduzieren wird. Angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Parlament ist davon auszugehen, dass vor allem die Kosten der Leistungen unter Druck geraten, was wiederum den Druck auf die Beschäftigten im Gesundheitssystem und die Patientinnen und Patienten erhöht. Ohne eine Veränderung der Perspektive des Parlaments von der Schonung der Wirtschaftakteure hin zu den Bedürfnissen der Benachteiligten stellt der Ansatz der Initiative eine grosse Gefahr für Menschen dar, die finanziell und gesundheitlich unter Druck stehen.

10 Prozent-Initiative ist nötig

Einsparungen im Gesundheitswesen sind noch nicht in Sicht und werden längerfristig höchstens den Prämienanstieg bremsen. Die Deckelung der Prämien auf 10 Prozent des Einkommens, wie sie der Kanton Waadt bereits erfolgreich umgesetzt hat, ist daher dringend notwendig. Die am stärksten betroffenen Familien stehen bereits heute stark unter Druck. Laut der jüngsten UNICEF-Studie lag der Anteil der in Armut lebenden Kinder in der Schweiz im Jahr 2021 bereits bei 18 Prozent, Tendenz steigend, während er in den nordischen Ländern bei 10 Prozent liegt und in den meisten Ländern rückläufig ist.

Es besteht dringender Handlungsbedarf, und zwar gezielt zugunsten armer Familien. Das derzeitige System der Prämiensubventionen reicht bei weitem nicht aus, im Gegenteil: Der Betrag, den die Berechtigten erhalten, wurde in den letzten zehn Jahren in 17 von 26 Kantonen gekürzt.

«Löst das Problem nicht» ist absurdes Argument

Ja, die 10 Prozent-Initiative löst das Problem der steigenden Gesundheitskosten nicht, aber sie löst dennoch die problematischen Auswirkungen und grössten Nöte. In der komplexen Debatte über das Schweizer Gesundheitssystem müssen wir vom unlogischen «Entweder-Oder»-Denken wegkommen: Keine einzelne Massnahme löst alle Probleme. Wir müssen auf vielen verschiedenen Ebenen handeln. Und: Als Christinnen und Christen müssen wir uns auf die Menschen konzentrieren, die am stärksten unter finanziellem Druck stehen. Es gilt zu analysieren, was ihnen am besten hilft. Das bedeutet heute konkret Folgendes:

  1. Plafonierung der Prämien auf 10 Prozent des Einkommens, indem wir die 10 Prozent-Initiative annehmen.
     
  2. Die Kosten dort senken, wo es wirklich einschenkt und wo gesundheitlich oder materiell Benachteiligte dadurch nicht noch mehr unter Druck kommen. Das bedeutet, den Mut zu haben, Profitinteressen (Pharmaindustrie, private Krankenhäuser usw.) zu beschneiden.
     
  3. Neue Konzepte zur Kostensenkung und für einfachere Pflegemodelle, wie z.B. Buurtzorg.
     
  4. Mehr Investitionen in die Gesundheitsprävention, bei der die Schweiz massiv hinterherhinkt, und in den Breitensport.

Mehr Informationen:
ChristNet

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Autor: Barbara Streit-Stettler
Quelle: ChristNet

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