Zwischen der Schweiz und Ecuador

Regula Klaus Fuentes hat einen abenteuerlichen Lebenslauf.
Regula Klaus Fuentes ist in einer strengen Sekte aufgewachsen. Als sie austritt, wird sie von den Eltern verstossen. Sie heiratet einen Indianer aus Ecuador, arbeitet 17 Jahre als Missionarin in seiner Heimat. Eine Frau, die Löwenmut bewiesen hat.

«In unserer Gemeinde war alles verboten: Wir durften keine Musik hören, Fernseher und Radio waren tabu, keine Feste besuchen, nichts hinterfragen, Mädchen mussten lange Haare und Röcke tragen», erzählt Regula im Gespräch mit Damaris Kofmehl. Ihre Eltern achteten streng darauf, dass sich ihre Kinder daran hielten. «Lange war Gott für mich einer, den man besänftigen muss, damit man nicht in die Hölle kommt», erinnert sich die dreifache Mutter. Heimlich besuchte sie als Teenager die Jugendgruppe einer Freikirche, las Bücher und in der eigenen Bibel, die ihr ein ganz anderes Bild von Gott zeigten. «Ich merkte, ich muss nicht zuerst einen gewissen Standard erreichen, ich darf mich einfach ihm anvertrauen.» Schliesslich entschied sie sich, ihr Leben Jesus anzuvertrauen.

Ausgeschlossen

Weil sie dennoch die Regeln der Gemeinde einhielt, um den Eltern zu gehorchen, musste sie lange ein Doppelleben führen. Erst mit 19 Jahren schaffte sie den Absprung aus der Sekte. Ihre Eltern verlangten den Hausschlüssel und verboten ihr, wieder nach Hause zu kommen. «Sie hatten Angst, dass ich meine Brüder mit meinen Ansichten anstecke.» Verhindern konnten sie es dennoch nicht – Regula hatte schon oft mit ihnen über ihre neue Freiheit gesprochen, und innerhalb von drei Monaten verliessen alle drei Kinder die Sekte. «Mein Vater alterte um zehn Jahre – für ihn hatten wir den schmalen Weg zum ewigen Leben verlassen und befanden uns nun auf dem Pfad zur Hölle.»

Zwei Männer – welcher ist es?

Regula reiste nach Chile und begeisterte sich für einen Missionsaufenthalt in Südamerika. Sie lernte einen Kolumbianer kennen und vermutete, dass auch er ein Grund sein könnte, dass sie wieder zurückkehren würde. Zurück in der Schweiz traf sie auf einen Peruaner, der sich in sie verliebte. Sie erwiderte seine Gefühle jedoch nicht. Als sie am nächsten Morgen in der Bibel las: «Fahre dein Brot über das Wasser, so wirst du es finden nach langer Zeit», stand für sie fest: Sie würde ihr Leben in Südamerika verbringen. Einige Verse davor hatte sie gelesen: «Fällt der Baum nach Süden oder Norden – da wo er fällt, bleibt er liegen.» Regula spürte: «Ich muss mich entscheiden. Doch welchen Mann hat Gott für mich vorgesehen?» Sie fragte ihre Freundin um Rat. Die meinte: «Gott will sicher nicht, dass du einen Mann heiratest, den du nicht liebst. Warte doch ab, Gott wird es dir zeigen.» Regula war sehr erleichtert.

Folklore aus Ecuador

José Fuentes war damals mit einigen Kollegen in Europa unterwegs, um Musik zu machen. Sie gingen davon aus, Folklorekonzerte geben zu können und damit viel Geld zu verdienen. Die Realität sah anders aus. Sie wurden Strassenmusiker, mussten manchmal zu acht ein Zimmer teilen. Kurz bevor José wieder heimkehren wollte, lernte er Regula kennen. Sie verstanden sich sehr gut, doch er war kein Christ. Eine engere Beziehung kam für sie daher nicht in Frage. Sie erzählte ihm von ihrem Glauben, er war interessiert, kam auch mal mit in die Gemeinde. Doch sie wollte nicht, dass er sich nur wegen ihr zu Jesus bekennt. Als er jedoch konkret fragte: «Was muss ich tun, um Christ zu werden?», erkannte Regula, dass sein Hunger nach Gott echt war. Er übergab sein Leben Jesus.

Der Baum fällt nach Süden

Regula stand immer noch in Kontakt mit Arturo aus Kolumbien. Als er ihr wieder schrieb, stand sie vor einer Entscheidung. «Er war ein reifer Christ, und ich wollte einen Missionar als Mann.» Das traf bei Arturo zu, José jedoch war Strassenmusiker. Sie vertraute sich José an: «Es gibt da noch einen anderen… ich kann mich nicht entscheiden.» José reagierte überraschend: «Regula, dann nehme ich mich zurück. Wir können Kollegen bleiben, aber entscheide du dich für den Mann, den du wirklich liebst. Ich möchte, dass du glücklich bist.» Diese selbstlose Haltung beeindruckte die junge Krankenschwester. Es war José, den sie schliesslich heiratete.

Auswandern

Zwei Jahre später wanderte das Paar mit dem ersten kleinen Sohn aus nach Ecuador. «Danach erlebte ich eine sehr schwere Zeit», erinnert sich Regula. «Er schrie viel, ich war völlig überfordert.» Auch die neue Kultur setzte ihr zu, sie verglich alles mit der Schweiz und hatte viel Heimweh. Dazu musste sie sich dem Kinderhilfswerk, in dem José und sie arbeiteten, selbständig einarbeiten in ihre Aufgabe als Gesundheitsbetreuerin.

Die Schwangerschaft mit dem zweiten Kind endete bereits im achten Monat. «Es war eine leichte Geburt, aber sie nahmen unsere Tochter mit und wir wurden lange allein gelassen.» Das Paar befürchtete das Schlimmste, betete intensiv. «Rebekka hatte einen Herzfehler und starb nach fünf Stunden. Sie hätte sehr viel Schmerz erleiden müssen, wäre sie mehrfach operiert worden. Doch wir mussten mit leeren Händen nach Hause zurückkehren», erzählt Regula. «Ich habe zu Gott geschrien: Wenn du mir das zutraust, musst du mir auch die Kraft geben, es zu tragen.» Als sie gefragt wurde, warum sie dennoch an Gott festhalte, zitierte sie Petrus: «Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.» Diesem Gott abzusagen wäre ihr nicht möglich gewesen, sie bezog ihre Kraft von ihm.

«Deiner Tochter geht es gut»

Einige Monate später weinte Regula nochmals in grosser Trauer um ihr Töchterchen. «Gott sagte zu mir: Weine nicht um Rebekka, ihr geht es gut. Weine um die Kinder, die leben, aber misshandelt und missbraucht werden.» Dies wurde zu einem Auftrag für die junge Mutter. «Ich erkannte, wie viel Wert ein menschliches Leben ist», erzählt sie. Während ihrer zukünftigen Arbeit im Hilfswerk und bei vielen Begegnungen später schenkte sie anderen Kindern und seelisch verletzten Jugendlichen und Erwachsenen Zuwendung und Liebe, nahm Wunden wahr, die noch aus der Kindheit stammten.

Zurück in die Schweiz

Als der älteste Sohn in der Schweiz eine Ausbildung machen wollte, suchte Regula für ihn eine Gastfamilie. Von hier aus konnte er das 10. Schuljahr absolvieren. Doch nun wurde klar, dass alle Kinder die Chance einer Schul- und Ausbildung in der Heimat der Mutter bekommen sollten. Seit vier Jahren leben sie nun wieder hier. Die Beziehung zu den Eltern hat sich seither verbessert. Die Mutter ist inzwischen gestorben, zum Vater pflegen sie Kontakt, obwohl er immer noch zur Sekte gehört. Er hatte sich um einen depressiven Mann gekümmert, der mit dem Leiter nicht ganz einverstanden war. «Ihr redet schlecht über den Gemeindeleiter», warf man ihm vor und untersagte ihm für einige Zeit die Gemeinschaft mit den anderen Gläubigen. «Den Gemeindegliedern wurde verboten, ihn zu grüssen oder in seinem Laden einzukaufen – das tat mir sehr weh», sagt Regula.

Regula bindet die Haare zusammen und trägt einen Rock, keinen Schmuck, wenn sie ihn besucht. «Die Beziehung zu meinem Vater ist mir wichtiger als äussere Regeln», hält sie fest. Wenn sie auf ihr Leben zurückblickt, ermutigt sie: «Gott ist immer bei uns. Er ist gut, halte dich fest an ihm: Er lässt uns nicht im Stich.»

Regula Klaus Fuentes wurde von einer Livenet-Leserin für die Löwenmut-Corner nominiert. Kennen auch Sie jemanden, der Mutiges im Alltag oder im Leben bewältigt hat? Dann schreiben Sie uns an redaktion@livenet.ch.

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Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet / Youtube

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