Lun: «Ich wusste nicht, wer ich war!»
Lun hat ihren Vater und Bruder durch den Bürgerkrieg in ihrer südostasiatischen Heimat verloren. Die jüngere Geschichte ihrer Nation ist blutig. Verschiedene Volksgruppen haben jahrzehntelang gegen die herrschende Partei um Selbstverwaltung und Unabhängigkeit gekämpft.
Soldaten brannten ihr Dorf nieder, und Lun und ihre verbliebene Familie lebten mehrere Jahre lang im Dschungel. Als sie zehn Jahre alt war, wurde die ganze Familie in einem Eiswagen über die Grenze nach Thailand geschmuggelt.
Mit elf in 1. Klasse
Im Alter von elf Jahren wurde sie in die erste Klasse eingeschult. Ihre buddhistischen Wurzeln wurden in der Schule verstärkt. Sie hörte negative Äusserungen über Christen und begann, Christen zu hassen. Ein Jahr später kamen zwei Frauen zu ihrem Haus und sprachen über Gott.
Nach Abschluss der Grundschule durfte sie keine weiterführende Schule besuchen, weil sie keine thailändische Staatsbürgerin war. Ihre Mutter und der Stiefvater forderten, dass sie den leitenden Bauarbeiter heiratet, bei dem die beiden angestellt waren – sie weigerte sich. Sie arbeitete bei einer Tankstelle mit dem Ziel, noch einen Schulabschluss machen zu können.
Auf der schiefen Bahn
«Als 15-jähriges Mädchen verstand ich die Welt noch nicht. Ich habe versucht zu überleben, aber ich bin auf viele falsche Wege geraten und mir sind viele schlimme Dinge passiert.» Die Polizei jagte sie und erpresste Geld von ihr, damit sie im Land bleiben konnte.
Sie geriet in eine Bande. Ihr wurden Entscheidungen aufgezwungen, und ihr Leben wurde von rivalisierenden Gangs bedroht. Lun nahm einen Job als Apothekenhelferin an und verkaufte Medikamente an Touristen. Sie gab vor, eine Hochschulabsolventin mit einem Abschluss in Pharmazeutik oder Medizin zu sein. In Wirklichkeit war sie noch keine 18 Jahre alt.
«Ich wusste nicht, wer ich war»
«Ich konnte meine Identität nicht finden und wusste nicht, wer ich war», erinnert sich Lun. «Ich hatte ein starkes Gefühl in mir, das mir zeigte, dass ich meine Sünden abwaschen wollte.» Sie suchte im Buddhismus nach einer Möglichkeit, sich von Sünden zu reinigen. Sie versuchte es mit Meditation, buddhistischen Atemtechniken, dem Rezitieren von buddhistischen Gebetsversen und dem Sammeln von Verdiensten, aber nichts half.
«Ich konnte meine Wut nicht kontrollieren. Dann fuhr ich manchmal sehr schnell mit dem Motorrad, stürzte und verletzte mich. Durch den Schmerz wusste ich, dass ich noch am Leben war.»
Zuwenig gute Werke
«Der Buddhismus half mir nicht.» Sie dachte an Selbstmord, wusste aber nicht, wohin sie nach dem Tod kommen würde. «Im Buddhismus entscheidet die Ausgewogenheit von guten und schlechten Taten darüber, was nach dem Tod geschieht.» Sie zählte ihre «guten Werke» zusammen und kam zum Schluss, dass sie nicht genug Gutes getan hatte, um in den Himmel zu kommen.
Da erinnerte sich Lun an die beiden Frauen, die in das Haus ihrer Familie gekommen und ihr von Gott erzählt hatten. Sie kniete in der Apotheke nieder und sagte: «Gott, wenn du wirklich existierst, dann komm und verändere mich.»
Der Freund
Kurze Zeit später kamen mehrere Amerikaner in die Apotheke und schenkten ihr ein Buch mit dem Titel «This is My Story». Die Autorin nannte Jesus einen Freund und erzählte, wie er ihr Leben verändert hatte.
«Im Bandenleben sind Freunde sehr wichtig, wahrscheinlich wichtiger als die Familie. Als ich las, dass Jesus ihr Freund war und dass Jesus ihr Leben verändern kann, sagte ich mir: 'Ich will diesen Jesus.'» Sie erfuhr, wie Jesus seine Jünger auffordert, die andere Wange hinzuhalten, wenn sie geschlagen werden. Das fiel ihr besonders auf, weil man in den Gangs, wenn einen jemand verletzt, mit der zehnfachen Kraft zurückschlägt.
Rettungsleinen
Sie traf die Christen erneut und erhielt von ihnen zwei Rettungsleinen: Erstens das Wissen über Jesus und zweitens einen sicheren Ort, den die Bandenmitglieder nicht kannten. Kurze Zeit später träumte Lun, dass jemand kam, um sie zu retten. Instinktiv wusste sie, dass dies Jesus war. Sie entschied sich für ein Leben mit Christus.
Sie durchlief ein Jüngerschaftstraining und langsam verflog ihre Bitterkeit gegen die Thailänder. Obschon sie staatenlos war und keinen Pass hatte, konnte sie in die USA einreisen.
Heilung für sich … und andere
«Früher kannte ich nur verletzte Menschen, die andere Menschen verletzen.» Aber Gott heilt und vergibt. Lun studierte Sozialarbeit und arbeitet als Verwaltungsassistentin für die «Oklahoma Baptist Homes for Children».
Langfristig möchte sie in ihrem Heimatland eine Schule für Kinder gründen und eine gemeinnützige Organisation aufbauen, die Menschen in der Traumabegleitung ausbildet.
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