Singles werden in Gemeinden zu wenig wahrgenommen
Singles finden in christlichen Gemeinden häufig zu wenig Beachtung. Das ist ein Ergebnis der Studie «Christliche Singles – Wie sie leben, glauben und lieben», hinter der Tobias Künkler, Tobias Faix und Johanna Weddigen stehen.
«Hochreligiöse» evangelische Singles im Fokus
Im Alter zwischen 18 und 65 Jahren lebt jeder dritte Deutsche als Single. «Leider werden sie trotz ihrer Vielzahl häufig zu wenig wahrgenommen», erklärte Forschungsleiter Tobias Künkler bei der Vorstellung der Studie in Kassel. Johanna Weddigen, Tobias Faix und Künkler wollen mit ihrer Untersuchung «Bauchgefühle durch gesichertes Wissen» ersetzen.
Die Forscher wollten wissen, wie Singles in ihren Gemeinden leben und wie das gemeindliche Umfeld ihr Leben beeinflusst. Für die Studie wurden hauptsächlich sogenannte «hochreligiöse» evangelische Singles befragt. Grundlage für die Ergebnisse sind eine quantitative Online-Befragung von 3'235 Alleinstehenden über 23 Jahren, die seit 2,5 Jahren in keiner festen Partnerschaft mehr gelebt haben, sowie 15 qualitative Telefoninterviews.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass die befragten Singles ein positives Lebensgefühl versprühen. Die Lebenszufriedenheit hänge von der Qualität der sozialen Beziehungen ab, erklärte Weddigen. Die Singles verfügten über ein breites soziales Netzwerk und pflegten häufig eine intensive Beziehung zu ihren Herkunftsfamilien, «weil diese Beziehungen konstanter und tragbarer sind als die sozialen Beziehungen». Die Studie zeige auch, dass die Singles weniger zufrieden seien als die Deutschen insgesamt.
Unerfüllter Partnerwunsch versus Flexibilität
Die Lebenszufriedenheit hänge oft mit der Qualität der Gemeindebindung zusammen. Der Status als Single werde – meist unbewusst – als nicht in Ordnung angesehen. 43 Prozent der Befragten vermissten Leute, bei denen sie sich wohlfühlen. Viele hätten sich mit dem unerfüllten Partnerwunsch nicht versöhnt, freuten sich aber auch über die hohe Flexibilität.
Die Studie, die in Kooperation mit der SCM Verlagsgruppe entstanden ist, zeigt: Jeder dritte Single fühlt sich in der Gemeinde ausgegrenzt und stigmatisiert.
«Singles lieben Gemeinde, aber leiden auch darunter»
Über die Hälfte der Befragten wünschte sich, dass sie besser in das Gemeindeleben eingebunden werden. Die grösste Stigmatisierung empfänden Singles zwischen 30 und 50 Jahren. 63 Prozent gaben an, eine hohe Gemeindebindung zu haben. 53 Prozent wünschten sich spezielle Angebote für Singles in den Gemeinden, die es bislang nur selten gebe. «Singles lieben Gemeinde, aber leiden auch darunter», erklärte Künkler.
Der Studie zufolge gestalteten Singles ihren Alltag sehr aktiv und pflegen intensive Beziehungen zu anderen Singles. Zudem nutzen sie mehr Medien unterwegs als zu Hause. Was die Alleinstehenden am häufigsten vermissen, sind Geborgenheit und Wärme.
Missverhältnis zwischen Norm und Praxis
Wie die Studie zeigt, halten 62 Prozent der Befragten Geschlechtsverkehr nur in der Ehe für legitim. 27 Prozent vertreten nach Angaben von Künkler eine «eher liberalere Sexualethik». Aus den erhobenen Zahlen ergebe sich ein Missverhältnis zwischen Norm und Praxis. Ein Grossteil der Befragten hätte Sex vor der Ehe. Diese Einstellungen sorgten für ein Spannungsverhältnis: «Die Befragten müssen kämpfen und ihre Bedürfnisse unterdrücken», erklärte der Wissenschaftler. Am unzufriedensten seien diejenigen, die sich selbst zwischen konservativer und liberaler Einstellung verorteten.
81 Prozent der Befragten sehnten sich nach einem Partner. Besonders ausgeprägt sei dies im Alter zwischen 26 und 35 Jahren. Humor und Bildung sind der Studie zufolge im christlichen Bereich wichtige Faktoren bei der Wahl des Partners. Der Wunsch nach einem Partner sei deutlich intensiver als die Partnersuche. Männer suchten aktiver als die Frauen nach einem Partner. 63 Prozent der Befragten beteten für einen Partner.
Künkler und Weddigen empfahlen, das Thema Singlesein in den Fokus von Kirchen und Gemeindebünden zu rücken. Es sei erfreulich, wenn Single-Angebote etabliert werden könnten. Es sei aber genauso sinnvoll, integrative Angebote zu schaffen, in denen Singles sich nicht ausschliesslich unter sich träfen, um sich über Lebensthemen oder Sexualität auszutauschen.
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