Wütend – und gleichzeitig getragen
Seit einigen Jahren kämpft Susanna Rychiger mit den Folgen von Operationen aufgrund von einem zweimal wiederkehrenden Krebstumor. Die vielen Operationen über die letzten 13 Jahre setzen zu und fordern heraus. Darüber, dass sie dabei – trotz schwierigen Tagen – das Lachen nicht verlernt hat, ist sie heute dankbar. Mit Florian Wüthrich spricht sie darüber.
Loslassen muss gelernt sein
Zur Zeit kann Susanna Rychiger, nebst der Teilzeitarbeit, keine operativen Aufgaben wahrnehmen, was nicht ganz einfach zu akzeptieren ist. Gleichzeitig freut sich die Pionierin, dass sie unter anderem als Präsidentin der Gebetsbewegung 24-7 Prayer CH, als Vorstandsmitglied der Schweizerisch Evangelischen Allianz oder mit ihren ganz persönlichen Erkenntnissen aus den letzten Jahren noch immer Akzente setzen darf.
«Es ist sehr herausfordernd», sagt Susanna im Rückblick auf die zahlreichen Operationen der letzten Jahre. «Es ist aber auch Gnade, dass ich immer wieder Lichtblicke sehen kann und weiterhin positiv geblieben bin.» Das wiederholte, krankheitsbedingte Herausgerissensein aus dem Alltag setzt zu. «Das sind diese Momente, in denen ich zu zweifeln beginne.» In alledem merke sie aber immer wieder: «Es gibt nur einen Weg. Ich komme da nur mit Gott hindurch.» Dabei lernt sie immer wieder aufs Neue, dass sie einfach Loslassen muss.
«Er ist derjenige, der mich trägt»
Gerade als Susanna ins Ausland reisen wollte, fiel sie krankheitshalber für ein Jahr aus. Aufgrund der langen Leidenszeit und der Folgen der Krankheit musste sie eine Teil-IV-Rente beantragen. Das war ein weiteres, herausforderndes Kapitel – genauso wie die Wiedereingliederung in die Berufswelt. Dass ihr eine geeignete Stelle in der Thuner Stadtverwaltung angeboten wurde, erkennt Susanna als eine Führung Gottes.
Susanna nahm auch psychologische Hilfe in Anspruch. «Das war eine gute Entscheidung, denn ich hatte zuvor diesen Schritt noch nie gewagt.» Susanna erzählt, wie sie bei einer jungen Psychologin landete. «Nach der ersten Session fragte sie mich, ob sie mir eine Frage stellen dürfe. Sie sagte: ‘Sie scheinen eine sehr gläubige Frau zu sein; was hat jetzt die Krankheitsgeschichte mit Ihnen gemacht?’» Ganz ehrlich habe Susanna geantwortet: «Ich stehe im Streit mit Gott. Ich bin wütend. Und gleichzeitig ist er derjenige, der mich trägt.»
«Du musst dich in dieser Welt nicht positionieren»
In alledem könne sie weinen und wütend sein, dann aber auch wieder lachen. «Ich gehe nicht so souverän durch alles hindurch, wie es vielleicht für Aussenstehende den Anschein macht.» Sie tröstet sich im Wissen, dass Gott weiss, wie es ihr geht. «Ich kann nicht anders als weiterzugehen, ohne einen nächsten Tiefschlag zu erwarten.» Zum Leben gehören wie das Lachen auch die Tränen dazu.
Vor der letzten akuten Phase hatte Susanna Rychiger Führungsaufgaben in verschiedenen christlichen Organisationen und plante nach einer Auszeit wieder zurückzukommen. Doch es kam anders und ihre Position ist augenscheinlich nicht mehr was sie einmal war. In schwierigen Momenten stellt sich oftmals die Frage: «Wo habe ich meine Identität?» Und solche Fragen dürfte es auch geben. Dabei habe sie immer wieder Gottes Zuspruch erfahren, welcher sagte: «Du musst dich in dieser Welt nicht positionieren. Ich positioniere dich.» Susanna freut sich, dass sie immer noch viele Impulse setzen kann und geht als Hoffnungsträgerin weiter ihren Weg.
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