Die Liebessprache des Vaters verstehen
Endlich 18 Jahre. Führerschein. Das erste Auto. Ein unbeschreibliches Gefühl der Freiheit durchströmt mich. Ich schiebe eine Kassette in das uralte Radio meines Polos, volle Lautstärke, Rock’n’Roll. Für einmal keine Eltern, die rufen «Mach die Musik leiser!» und auch keiner, der mir sagt, wohin ich fahren soll. Papa machte es möglich.
«Ich stehe ab und zu am Auto und segne dich»
Ein paar Monate später sitze ich gerade wieder in meinem Auto und denke plötzlich, ich sehe nicht richtig. Ein nigelnagelneues Autoradio mit – Achtung, festhalten – CD-Player! Und abnehmbarem Bediendisplay zum Diebstahlschutz! Nun war ich einer der wirklich wenigen mit dieser grossartigen technischen Innovation im Auto, krass.
Ich fuhr von nun an noch freier und die Musik im Auto war noch lauter. Wieder zurück fragte mich mein Vater, ob mir etwas am Auto aufgefallen sei. Und ob mir etwas aufgefallen ist! Ein grosses Danke war angesagt. «Ich stehe ab und zu an deinem Auto und segne dich und das Auto, damit nichts passiert», erwiderte Papa daraufhin.
Seine Art, Liebe zu zeigen
Eigentlich hatte ich dem Ganzen damals zunächst gar nicht so viel abgewonnen. Dass mein Vater als Technik-Freak irgendein Radio ins Auto bastelt, war bei uns zu Hause Alltag. Vater schraubte Sachen auseinander, reparierte Waschmaschinen, Radios, Fernseher und selbst sein Auto. Und dass ein Vater, der gleichzeitig evangelischer Pfarrer war, ein Auto segnet, schien mir auch nicht sonderlich kurios.
Zwei Jahre später schiesst es mir plötzlich wie ein Blitz durch alle Adern, als ich in einem Prospekt mein Autoradio mit CD-Player sehe – zu einem sündhaft teuren Preis, den ich Greenhorn niemals vermutet hätte. Ich war beschämt und gleichzeitig erkannte ich, wie viel ich meinem Vater wert war. Nicht wegen des teuren Radios, sondern weil ich im gleichen Moment auch erkannte, dass dies Papas Art war, mir seine Liebe zu zeigen. Ich war überwältigt und bin es bis heute: Ich habe einen Vater, der mich liebt! Noch etwas später wurde ich noch dankbarer dafür, dass ich die Sprache der Liebe meines Vaters zu mir verstehen lernte. Ein Vater, der diese Sprache selbst nie gelernt hatte, der von seinem eigenen Vater niemals den Satz hörte: «Sohn, ich habe dich lieb», der vaterlos aufwuchs, weil sein Vater vom Krieg nicht mehr nach Hause kam.
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