Warum lässt Gott dieses Leid zu?

Ein trauriges Gesicht wird gezeichnet
Angesichts der sich häufenden Naturkatastrophen, in denen Tausende von Menschen mit einem Schlag vernichtet werden, oder der vielen Kriege mit unzähligen zivilen Opfern stellt sich die Frage: Wie kann man da noch von einem lieben Gott sprechen?

Immer wieder höre ich Leute tief verletzt sagen: «Hört auf, ihr Christen, von eurem lieben, allmächtigen Vater-Gott zu reden! Ein einziges Kind, das an unheilbarem Knochenkrebs stirbt, widerlegt eure Rede vom lieben, allmächtigen Vater! Wie kann man bei all dem Leid von einem lieben Gott sprechen? Und angesichts der sich häufenden Erdbeben- und Flutkatastrophen, in denen Tausende von Menschen – Kinder und Greise, Schuldige und Unschuldige – mit einem Schlag vernichtet oder, was noch schlimmer ist, verstümmelt werden, ist es geradezu ein Hohn, von einem allgütigen und allmächtigen Gott zu sprechen. Für ihn zählt ein Menschenleben doch überhaupt nichts.»

Oft geht es mir ebenso: Wenn ich im Fernsehen Menschen sehe, die Angehörige und ihren ganzen Besitz durch eine Überschwemmung, ein Erdbeben oder auch einen Krieg verloren haben, fällt es mir im ersten Moment schwer, das zu akzeptieren. Gott dafür nicht anzuklagen. Daran zu glauben, dass er es wirklich nur gut mit uns meint.

Kein Widerspruch

Trotzdem bin ich überzeugt davon, dass Gott allmächtig ist und jeden einzelnen Menschen unendlich liebt. Das muss kein Widerspruch sein. Vielleicht hilft es, wenn wir klären, was es denn genau bedeutet, dass Gott uns liebt.

Wenn ein Mann in eine Frau verliebt ist, tut er alles, um sie auf sich aufmerksam zu machen. Sicher stimmen Sie mir zum, dass er bei all seinen Bemühungen auf ihre Zustimmung angewiesen ist – sobald er ihren Willen nicht mehr respektiert, hat das Ganze nichts mehr mit Liebe zu tun. Genauso ist es in der Beziehung zwischen Gott und den Menschen. Gott liebt uns von ganzem Herzen. Deshalb hat er uns mit einem freien Willen erschaffen, so dass wir seine Liebe erwidern oder ablehnen können.

Keine perfekte Welt

Könnte man noch von Liebe sprechen, wenn wir alle Gott lieben müssten? Gerade weil Gott ein Gott der Liebe ist, lässt er auch das Böse zu, damit wir uns frei für seine Liebe entscheiden können. Das bedeutet nicht, dass Menschen, welche grosses Leid ertragen müssen, für ihre fehlende Liebe zu Gott bestraft werden. Es ist einfach ein Zeichen dafür, dass diese Welt nicht perfekt ist. Neben dem Guten gibt es auch das Böse. Neben der Freude auch die Trauer.

Vielleicht fragen Sie sich, warum denn Gott überhaupt die Welt und den Menschen erschaffen hat. Er muss doch das Chaos vorausgesehen haben, das dieser freie Wille anrichten würde. Dieselben Fragen stellen sich im Grunde genommen in unserem eigenen Leben, zum Beispiel in der Ehe. Bei der Trauung wissen wir, dass wir einmal den Schmerz der Trennung durch den Tod erleben werden. Und doch nehmen wir das auf uns. Wir glauben dennoch, dass die Freude und die Bereicherung, die diese neue Gemeinschaft in unser Leben bringt, besser ist als überhaupt keine Liebe.

Gelegenheit zur Liebe

Trotz allem wagte Gott also seine Schöpfung. Er muss davon überzeugt gewesen sein, dass die Wärme der Liebe die Bitterkeit des Leidens immer noch weit übertreffen wird. Auch nur ein Tag Liebe ist unendlich viel mehr als überhaupt keine Liebe; und wo Leben ist, entsteht Gelegenheit zur Liebe.

Viele denken, dass für Gott ein Menschenleben überhaupt nichts zählt. Ich bin vom Gegenteil überzeugt: Weil er jeden einzelnen von uns unendlich liebt, tut er alles dafür, uns das begreiflich zu machen. Er wurde nicht zornig, als er sah, dass sich viele Menschen gegen ihn entschieden und sich die Welt ganz anders entwickelte, als er das eigentlich geplant hatte. Stattdessen versucht Gott, uns mit endloser Geduld zu sich zurückzuholen. Genau darum hat er sogar seinen eigenen Sohn sterben lassen. Damit wurde der Preis für alle Ungerechtigkeit und Auflehnung bezahlt. Genau dieser Liebesbeweis ist es, der uns vom lieben Vater-Gott sprechen lässt.

Sache nicht erledigt

Verstehen Sie mich richtig: Mit der Begründung, dass wir Menschen einen freien Willen haben, ist für mich die Sache mit dem Leid nicht erledigt. Es tut mir weiterhin jedes Mal unendlich weh, wenn ich von einem neuen tragischen Schicksal höre. Aber ich weiss, dass auch Gott mitleidet. Dass ihm der Schmerz und die Tränen überhaupt nicht egal sind. Und dass er verspricht, dass es einmal Gerechtigkeit geben wird: «Sie werden nie wieder Hunger oder Durst leiden; keine Sonnenglut oder sonst etwas wird sie jemals wieder quälen. … Und Gott wird ihnen alle Tränen abwischen!» (Die Bibel, Offenbarung, Kapitel 7, Vers 16)

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Autor: David Sommerhalder
Quelle: Jesus.ch

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