Und was ist mit dem, was ich will?

Mann trägt Kreuz auf dem Rücken
Jesus fordert seine Jünger auf, sich selbst zu verleugnen und ihm nachzufolgen. Das ist nichts, was er nur von anderen fordert, er selbst hat diesen Lebensstil vorgelebt. Doch was bedeutet das heute konkret? Wie kann man sich selbst verleugnen?

Es ist ein vielzitierter Vers aus der Bibel, in dem Jesus sagt (Markus, Kapitel 8, Vers 34): «Wenn jemand mein Jünger sein will, muss er sich selbst verleugnen, sein Kreuz auf sich nehmen und mir nachfolgen.» Jesus nachfolgen, das möchte letztlich jeder Christ. Und jeder hat wohl ein anderes Kreuz, das es zu tragen gilt. Aber was meint Jesus damit, sich selbst zu verleugnen? Gott hat uns doch erschaffen mit unseren Wesenszügen, unseren Gaben, unserem Temperament, mit dem, was uns ausmacht. Müssen wir dies alles aufgeben und verleugnen, wenn wir Jesus wirklich nachfolgen wollen?

Natürlich geht es Jesus nicht darum, uns selbst zu annullieren. Dann wären Christen ja nichts weiter als kleine Roboter, die ihrem Meister blind folgen. Nein, Jesus fordert uns dazu auf, nicht unserem Ich zu folgen, unserem Ego. Meine Wünsche, mein Wille, meine Pläne für mein Leben, all das soll ich beiseite lassen, wenn ich Jesus folgen will. Ich darf sie Jesus anvertrauen, sie ihm übergeben und ihm davon berichten, aber ich soll sie nicht eigenständig verfolgen. Deshalb ist das Christentum auch so entgegengesetzt zu allem, was die Welt bietet, denn dort geht es ja hauptsächlich um den Ego und «mir, meiner, mich...».

Wer sitzt auf dem Lebensthron?

Nein, Jesu Nachfolger können nicht dem eigenen Willen folgen – denn wenn sie das tun, folgen sie ja nicht mehr Jesus. Wir werden von unserem Meister aufgefordert, unser Wollen dem von Gott unterzuordnen. Jesus lebte das wortwörtlich vor. Schon in den drei Jahren seines Wirkens betete er jeden Tag und fragte nach dem Willen des Vaters – und gehorchte ihm (Johannes, Kapitel 4, Vers 34). Er stellte dabei sogar Gottes Willen über seine Freundschaften und nahm in Kauf, dass andere sich an ihm störten, es ihm übel nahmen (Johannes, Kapitel 11, Verse 3-7; 21). Und selbst im Angesicht seines eigenen Todes und des bevorstehenden Leides betete er: «Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.» (Lukas, Kapitel 22, Vers 42b).

In der Sonntagsschule sagte man mir früher immer wieder, dass ich Gott auf den Thron meines Lebens lassen muss – und sich selbst zu verleugnen bedeutet genau das: Ich höre auf, über mein Leben zu bestimmen und lasse Gott regieren und walten. Ich erlaube, dass Gott mich lenkt, mich führt, über meine Familie, meine Arbeit, meine Freizeit bestimmt.

Aus der Vergangenheit lernen

Klingt eigentlich ganz einfach. Doch wenn nach monatelanger Arbeitslosigkeit ein Vorstellungsgespräch für meinen Traumjob ansteht – bin ich dann bereit, nicht zu sagen: «Gott, bitte schenk mir die Stelle», sondern vielmehr «Nicht mein Wille, sondern deiner geschehe»? Das ist nicht einfach, es kostet, tut weh. Doch genau hier möchte Gott, dass wir in die Vergangenheit schauen und uns daran erinnern, was er uns schon alles Gutes getan hat (Psalm 103, Vers 2).

Wie oft habe ich erleben dürfen, dass Gottes Pläne besser waren als meine (Jesaja, Kapitel 55, Vers 9)? Wie oft habe ich erst hinterher verstanden, dass er es wirklich gut mit mir meint, viel besser, als ich es je hätte planen können (Römer, Kapitel 8, Vers 28)? Wenn ich Gott auf meinen Lebensthron lasse, wenn ich mein Ich verleugne und seinem Willen Platz mache, zeige ich damit, dass ich ihm wirklich vertraue, ihm wirklich glaube, hundertprozentig, ohne Rücklagen. Und ich schenke ihm die Möglichkeit, Grossartiges in und mit meinem Leben zu schaffen, auch wenn ich das in dem Moment vielleicht überhaupt nicht erkennen kann.

Zur Persönlichkeit werden

Ralf Luther drückt das im Neutestamentlichen Wörterbuch so aus: «Wer seine eigene Persönlichkeit durchsetzen und ihren Eingebungen folgen will, wird die Würde einer menschlichen Persönlichkeit – und mehr – verlieren. Wer aber seinen persönlichen Ansprüchen, Neigungen, Wünschen und Willenszielen absagt, um sich ganz der Leitung Christi zu unterstellen, der wird richtig eine Persönlichkeit werden.»

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Neuauflage. Er erschien bereits am 12.02.2017 bei Livenet.

Zum Thema:
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Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet

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