Work-Life-Balance

Mütter zwischen Kind und Job

Mütter zwischen Kind und Job sind starken Herausforderungen ausgesetzt. Therapeuten stellen fest, dass deshalb immer mehr Frauen in eine Erschöpfung geraten oder ausbrennen. Sie raten deshalb, Ruhezeiten ernst zu nehmen.
(Foto: iStockphoto)
Work-Life-Balance

Patricia Kummer* nennt sich Perfektionistin und ist auch stolz darauf. Ihr zwei Kinder sind immer ordentlich angezogen, haben gute Noten und verhalten sich anständig. Auch ihr Mann ist zufrieden mit seinem Leben. Im Job ist Patricia gefordert, manchmal macht sie auch Überstunden und bleibt oft länger an Sitzungen. Am Sonntag verbringt die Familie Zeit im Gottesdienst und engagiert sich noch ehrenamtlich für eine Seniorengruppe. Alles toll - gegen aussen. Aber einige Tage nach Patricias 40. Geburtstag kann die viel beschäftige Frau plötzlich nicht mehr aufstehen. Sie bleibt liegen, fühlt sich müde und elend und könnte nur noch weinen. Als ihr Mann fragt, was los sei, weiss die Ehefrau und Mutter keine Antwort.

Ruhephasen in die Agenda eintragen

Eine Notfallpsychologin, die von Patricias Mann gerufen wurde, blickt schon eher durch. Sie erkennt, dass Patricia den Anflug einer Erschöpfungsdepression hat und verschreibt ihr viel Ruhe, frische Luft und vor allem eine gesunde Work-Life-Balance. Auf Anraten der Psychologin kauft sich Patricia eine grosse Agenda und beginnt ihre Termine gelb und rot einzutragen: gelb für die Ruhephasen und rot für die Arbeitsphasen. Als Patricia entdeckt, dass ihre Agenda vor allem rot und nicht gelb ist, erschrickt sie.

Dauerbelastung durch Dauerpräsenz

Es sind längst nicht mehr nur die Manager, die ausbrennen. Immer häufiger sind auch junge Mütter und reife Frauen betroffen. Der Diplompsychologe Eckhart Müller Timmermann, Autor des Ratgebers «Ausgebrannt - Wege aus der Burnout-Krise» haben Frauen ein erhöhtes Risiko, in einen Erschöpfungszustand zu geraten. Und das hat Gründe: Frauen stehen stets im Rollenkonflikt zwischen beruflichem Erfolg, mütterlicher Präsenz und haufraulicher Perfektion. Besonders Frauen in christlichem Umfeld sind gefährdet, weil sie nicht nur der Familie und der Gemeinde sondern auch Gott gefallen wollen. So stehen sie in Gefahr, in einen Teufelskreis zu geraten.

Stets verfügbar

Die grosse Gefahr liegt im Hin- und Her der Aufgaben. Wer ständig die Erwartungen von verschiedenen Seiten erfüllen muss, wird irgendwann an einen Punkt kommen, an dem er nicht mehr kann. Dies bestätigt auch eine Studie der Universität Genf, die besagt, dass jeder fünfte Hausarzt Psychopharmaka einnimmt. Es ist erwiesen, dass Menschen, die sich für andere engagieren, besonders schnell ausbrennen können. Aber was tun? Wenn Frauen tatsächlich aus diesem Teufelskreis ausbrechen wollen, dann müssen sie sich gegen die hohen Erwartungen der Umgebung durchsetzen. Deshalb raten Therapeuten und Seelsorger, die Ruhephasen in die Agenda einzutragen und diese Zeit ernst zu nehmen. Mütter mit kleinen Kindern können die Mittagspause für sich alleine nutzen, während die Kinder ihren Mittagsschlaf halten oder im Zimmer für sich spielen. Frauen mit grösseren Kindern dürfen den Kindern Verantwortung für gewisse Haushaltsarbeiten übertragen und für Ruhezeiten einen Zettel an ihre Zimmertür hängen: «Ich bin nicht verfügbar». Es ist auch möglich, im Büro Arbeitsgrenzen zu setzen. Wenn alle abends noch eine Sitzung halten wollen, weil Zeit verplempert wurde, dann dürfen Sie ruhig auch mal Prioritäten setzen und nach Hause gehen.

Auch Patricias Agenda leuchtet mittlerweile in schönem Gelb, während das Rot immer mehr verschwindet. Mittlerweile hat sich auch gelernt, sich von ihrem Ehemann entlasten zu lassen, beschäftigt nun eine Putzfrau und kauft auch mal über den Hauslieferdienst eine Supermarkts ein. Und den Perfektionismus hat sie aus ihrer Wohnung verabschiedet. Dafür kann sie jetzt wieder durchatmen.

*Name geändert

Von der Autorin ist ein Buch zu diesem Thema erschienen:

Iris Muhl: «Mütter zwischen Kind und Job», Brunnen Verlag Basel, ISBN 3-7655-1481-0.

Zum Thema:
Die Undesperate Housewives und ihr Umgang mit Burnouts 

Datum: 09.02.2011
Autor: Iris Muhl
Quelle: Livenet.ch

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