Evangelisation contra Diakonie?

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- Sind wir als Gemeinde berufen Seelen zu retten, oder Sanatorium für die Verwundeten dieser Welt zu sein?
- Soll die Diakonie glaubwürdig machen, was wir proklamieren, und so eine Art Illustration der Liebe Gottes verkörpern?
- Oder ist Evangelisation ohne Diakonie gar unbarmherzig und nicht wirklich Evangelisation?

Gott will und wird die Folgen der Sünde immer in einem umfassenden Sinn überwinden, deshalb betet die Kirche weltweit: "... und erlöse uns von dem Bösen".

Tierfelle und Sklavenbefreiung - Gott als Diakon im Alten Testament

Ganz frisch in der Gemeinde und gerade mal elf Jahre alt habe ich mitbekommen, dass Gott bereits in 1. Mose 3,15 die Erlösung durch Christus angekündigt hat: der Nachkomme der Frau, Christus, wird der Schlange, Satan, den Kopf zertreten. Gott kümmert sich unmittelbar nach dem Sündenfall um die Lösung dieses Falls. Und so war mir klar: evangelisieren bedeutet die Menschen aufzufordern, Christus anzunehmen.

Erst später realisierte ich, dass sich Gott nicht nur der "geistlichen Not" der Menschen angenommen hatte: Er fertigte für sie auch Kleider aus Tierfellen an(1. Mose 3,21) - und das für Menschen, die ihre Notlage selber verschuldet hatten (wenn das nicht barmherzig ist!). Seit je her will Gott den Menschen in einem umfassenden Sinn von allen Auswirkungen des Bösen erlösen.

Auch Israels Rettung aus Ägypten umfasst mehr als eine "geistliche" Befreiung; sie ist die Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes, die dem mühseligen Sklavendasein ein Ende bereitete. Wieder löste Gott die Menschen aus ihren bösen Lebensumständen heraus.

Jesus: Evangelist oder Diakon?

In seiner Antrittspredig in Nazareth (Lk. 4,16-30) spricht Jesus Gottes Heil den Armen, Hilflosen und Ausgegrenzten zu. Sie sind Menschen, die in irgend einem Bereich ihres Lebens auf Hilfe angewiesen sind, und so berührt die frohe Botschaft vom Reich Gottes sie auf allen Ebenen ihres Seins:

- Den Ausgeschlossenen, den moralisch und religiös "Schwachen" vermittelt Jesus Dazugehörigkeit und gibt ihnen ihre Würde zurück (Mk. 2,13-17; Lk. 7,36-50; 19,1-9).

- Er berührt den Unberührbaren (Aussätzigen), gibt dem, der von allen verdächtigt wird, seine Unschuld zurück (dem Gelähmten in Lk. 5,17-26) und feiert mit dem, mit dem niemand feiern mochte (Lk. 5,27-32).

- Jesus trennt nicht zwischen Heil und Heilung. Die frohe Botschaft trifft den Menschen da, wo sein Leben alles andere als froh ist. In einer Gesellschaft, in der Krankheit keine rein körperliche Sache, sondern auch eine Frage von Schuld, Schande und sozialer Isolation ist, bedeutet jede Heilung eine barmherzige Veränderung im sozialen Gefüge der geheilten Person (vgl. Mat. 9,20).

Diakonie und das Gebet

"Wer den Schwachen unterdrückt, beleidigt seinen Schöpfer. Wer dem Hilflosen beisteht, ehrt ihn" (Spr. 14,31). Auch im Neuen Testament verbinden Jesus (Mat. 25,34-40) und Jakobus (Jak. 1,27) die Diakonie mit der Anbetung und dem Gottesdienst. Und in Sachen Gebetserhörung warnt Sprüche 21,13: "Wer für das Schreien eines Armen nur taube Ohren hat, der bekommt selber keine Antwort [von Gott], wenn er um Hilfe ruft."

Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen

Evangelisation contra Diakonie? Die Frage stellt sich so gar nicht, denn wo die Kirche diakonisch handelt wird nicht einfach ihr Zeugnis glaubwürdig, sondern da verwirklicht sich Gottes Heil an seiner Schöpfung. Die Gemeinde wird zur heilenden Gemeinschaft und zu einem zu Hause für alle Heimatlosen. Menschen erleben Gottes Liebe und Zuwendung durch die Kirche buchstäblich am eigenen Leib, und Gottes versöhnende Kraft wird sichtbar und erlebbar.

Gott weiss um all unser Unheil, und weil er darum weiss, lässt er sein Heil durch die Gemeinde für seine Schöpfung greifbar werden. Wo immer Gottes barmherzige Liebe durch die Gemeinde in dieser Welt "Fleisch wird", ist Gott dabei seine Schöpfung vom Bösen zu erlösen.

Datum: 13.06.2002
Autor: Matthias Wenk
Quelle: BewegungPlus Online

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