Die Frucht des Geistes: Freude
Jakobus schreibt in seinem Brief: «Haltet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet, indem ihr erkennt, dass die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt. Das Ausharren aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen und vollendet seid und in nichts Mangel habt. Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der allen willig gibt und keine Vorwürfe macht, und sie wird ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben, ohne irgend zu zweifeln; denn der Zweifler gleicht einer Meereswoge, die vom Wind bewegt und hin und her getrieben wird. Denn jener Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen wird, ist er doch ein wankelmütiger Mann, unbeständig in allen seinen Wegen. Der niedrige Bruder aber rühme sich seiner Hoheit, der reiche aber seiner Niedrigkeit; denn wie des Grases Blume wird er vergehen. … Glückselig der Mann, der die Versuchung erduldet! Denn nachdem er bewährt ist, wird er den Siegeskranz des Lebens empfangen, den der Herr denen verheissen hat, die ihn lieben.» (Jakobus Kapitel 1, Verse 2-12)
Ich mag an diesem Bibelwort, dass die Freude, von der Jakobus schreibt, aus einer Quelle fliesst, die direkt am Himmel angeschlossen ist. Sie ist nicht an die Umstände und die Hochs und Tiefs dieses Lebens gebunden. Das Glück dieser Welt ist flüchtig und vergänglich. Ohne Jesus bin ich den willkürlichen Launen dieses Lebens ausgeliefert. Mit ihm habe ich eine Freude, die in der Ewigkeit verankert ist, und darf lernen, in allen Umständen dieses Lebens nach einer Zuversicht zu suchen, die bekennt: «Dir nahe zu sein ist mein Glück!» (Psalm Kapitel 73, Vers 28).
Ein Alleinstellungsmerkmal
Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: Freude soll das Alleinstellungsmerkmal schlechthin eines Christen sein! «Freut euch im Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!» schreibt Paulus an seine Freunde in Philippi (Philipper Kapitel 4, Vers 4). Dass diese Worte nicht in einem einmaligen Anflug von übergeistlichem Eifer geschrieben wurden, sondern ernstgemeint waren, wird durch die Worte von Jakobus unterstrichen, wenn er seine Leser auffordert, sich zu freuen, «wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet» (Jakobus Kapitel 1, Vers 2)
Die Einwände, die beim Lesen dieser Worte in mir aufsteigen, lassen nicht lange auf sich warten. Was, wenn ich nichts habe, worüber ich mich freuen kann? Ist das nicht Heuchelei? Muss ich Freude vortäuschen? Schauspielern? Wenn jemand, den ich liebhabe, gerade gestorben ist? Wenn eine Ehe oder die Beziehung zu einem Kind in die Brüche geht? Wenn ein christliches Dorf in Nigeria schon wieder niedergebrannt wurde? Wenn Menschen überall auf der Welt für ihren Glauben verfolgt und drangsaliert werden? Wenn alles in unserer Gesellschaft, was jahrelang Halt und Orientierung gab, mit Füssen getreten wird und die Hoffnung schwindet, dass es jemals wieder besser werden könnte?
Freude, die tiefer geht
Jakobus meint eine Freude, die tiefer geht und einen anderen Ursprung hat als die Freude, die ich empfinde, wenn endlich Schulferien sind, ein weiteres Enkelkind auf die Welt kommt – oder wenn jemand mir sagt, dass etwas, was ich geschrieben habe, eine Ermutigung war. Diese tiefere Freude hält auch dann, wenn der Alltag mühsam ist. Paulus lüftet sein Geheimnis in seinem Brief an die Philipper: «Ich habe gelernt, mich darin zu begnügen, worin ich bin. Sowohl erniedrigt zu sein, weiss ich, als auch Überfluss zu haben, weiss ich; in jedes und in alles bin ich eingeweiht, sowohl satt zu sein als auch zu hungern, sowohl Überfluss zu haben als auch Mangel zu leiden. Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt» (Philipper Kapitel 4, Verse 11-12). Die Haltung, die Paulus hier beschreibt, kommt nicht von allein, sie muss trainiert werden! Jesus muss etwas Ähnliches gemeint haben als er sagte: «Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus seinem Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fliessen» (Johannes Kapitel 7, Vers 38). Der Glaubende hat immer seine Kraftquelle dabei: die Nähe von Jesus, seine Verheissungen, sein Beistand in Zeiten der Not. Jesus erklärt es so: «Auch ihr nun habt jetzt zwar Traurigkeit; aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch» (Johannes Kapitel 16, Vers 22).
Diese Freude ist eine vorausschauende Freude: die Aussicht, dass kein Leid auf dieser Erde für immer dauern wird; die Vorfreude auf jenen Tag, an dem der Herr selbst seine treuen Diener mit den Worten begrüssen wird: «Recht so, du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen; geh hinein in die Freude deines Herrn» (Matthäus Kapitel 25, Vers 23).
Solche Worte von Jesus sind der Kontext, in dem Jakobus uns auffordert, es «für lauter Freude» zu halten, wenn Widrigkeiten kommen. Denn wie nichts anderes erinnern uns die Trübsale dieses Lebens daran, dass diese Welt nicht unsere Heimat ist und dass es ein bleibendes Glück gibt, das nur der Himmel schenken kann.
Freude am Herrn
Und daraus folgt die notwendige Verbindung von Freude und Jesus – also die Freude «im Herrn». Auch wenn ich die Klausur verpatzt habe? Auch wenn das Herz gebrochen ist? Oder ein Kind mir den Rücken gekehrt hat? Oder Krankheit mich plagt? Oder mitten in der quälenden Einsamkeit nach dem Tod eines geliebten Menschen? Nicht die Freude an unseren Umständen ist unsere Kraft, sondern «die Freude am Herrn ist eure Stärke» (Nehemia Kapitel 8, Vers 10).
Den Horror von unerwarteten Schicksalsschlägen, das Trauma von Verlust und Trauer – das kennt die Bibel nur zu gut. Ihre Seiten sind voll damit. Die «Freude am Herrn» – anders als die oberflächlichen Spassmomente, die diese Welt bietet – zapft an Glaubensüberzeugungen an, die tiefer liegen als momentane Gefühle. Ich muss kein breites Grinsen vortäuschen, nichts heucheln oder vorgaukeln, nicht so tun, als ob alles super laufen würde, wenn es nicht der Wahrheit entspricht. Aber ich darf meine Lebenswurzel in eine Quelle hinein strecken, die mich auch in den Durststrecken des Lebens ernährt, ruhig hält, aufhilft, wenn ich darnieder liege, mir die Kraft gibt, mein Vertrauen täglich auf den Herrn zu setzen, ob mir danach ist oder nicht. Das ist die Freude am Herrn!
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