9 Tipps für bessere Predigten
Seit knapp 20 Jahren steht Andy Kind als Comedian auf der Bühne und lebt davon. Und er macht das «Hervorragend!», wie man bei The Scotsman findet. Doch der bekennende Christ gibt auch Workshops zu Rhetorik und zum Predigen. Dabei liegt sein Schwerpunkt nicht darauf, die klassische Drei-Punkte-Predigt zu perfektionieren, stattdessen arbeitet er mit dem, was er als Comedian gelernt hat: sich auf sein Publikum einzustellen und es im besten Sinne zu unterhalten.
Der Theologe Rich Hasnip führte solch einen Workshop durch und schwärmt: «Das war meisterhaft: klar, witzig, tiefgründig … und eine Herausforderung, das eigene Reden vom Glauben zu überdenken.» Die folgenden Tipps veröffentlichte der Comedian bei Premier Christianity:
1. Kommunikation, die verbindet, statt nur weiterzugeben
Weil es um Glaubensdinge geht, die uns entsprechend wichtig sind, liegt der Schwerpunkt meist auf dem Inhalt. So sind unsere Predigten oder andere Beiträge oft rezitierte Aufsätze, aber die Zuhörer wollen nicht die Qualität von Fussnoten bewerten, sondern in unsere Seele hineinschauen. Wenn wir unsere gottgegebenen Emotionen nutzen, wirkt unser Reden anziehend – das muss gar nicht auf Kosten des Inhalts gehen.
2. Pathos vor Logos
Andy Kind erzählt von einer dementen Frau. Sie erinnert sich kaum mehr an Namen oder Gesprächsinhalte, aber sehr deutlich an das Gefühl der Sicherheit bei einem Besuch. Ähnlich ist es mit unseren sonstigen Zuhörern. Die wenigsten werden sich an Inhalte erinnern, aber das Gefühl, das wir ihnen vermitteln, bleibt. Deshalb müssen wir nicht nur den Verstand, sondern das Herz anrühren.
3. Andere in der Tiefe treffen
Weil unsere Gesellschaft kleinteiliger wird, ist es schwierig, auf alle Einzelfragen einzugehen. Aber wir werden immer Zuhörer haben, die Schmerzen und Probleme haben. Dort können wir ihnen begegnen, indem wir die eigenen Kämpfe und Verletzungen teilen – aber lieber die Narben als die Wunden und gern mit einem Hinweis auf die «Auferstehung».
4. Urwaldbewohnern keine Fritteuse anbieten
Das Evangelium erklären ist wie eine kurze Missionsreise in fremde Länder. Da kommen wir nicht an und erklären: «Bis jetzt habt ihr alles falsch gemacht, tut es nun so wie wir.» Das ist nicht missionarisch, sondern kolonialistisch. Als Missionare lernen wir Sprache und Kultur des Gegenübers, weil wir Dienstleister sind und dort anfangen, wo sich der andere befindet und nicht, wo wir sind.
5. Sein, wie man ist
Wenn wir scheinbar nur Misserfolg haben, sagt Gott uns wie Hesekiel: «Sie aber, ob sie nun darauf hören oder es bleiben lassen … sollen doch wissen, dass ein Prophet in ihrer Mitte gewesen ist.» Wenn wir uns vom Erfolg blenden lassen, sagt Jesus uns wie den Jüngern, die über ihre Vollmacht begeistert waren: «Freut euch lieber darüber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.» Wir brauchen keine (Predigt)Leistungen zu bringen, stattdessen können wir sicher sein, dass Gott zu uns steht.
6. Verkörpern, nicht auswendig lernen
Unsere Zuhörer wollen nicht wissen, ob wir überlieferte Weisheiten weitergeben können. Sie schauen weniger auf die Botschaft als auf uns – die Botschafter. Sind wir selbst ein Zeugnis für Gottes Gnade? Was uns qualifiziert zu predigen oder zu erklären, ist, dass unser Leben dahinter steht.
7. Es geht um Jesus, nicht um Traditionen
Viele Predigten, Erklärungen und Beispiele stammen nicht aus der Bibel, sondern von Leuten des letzten oder vorletzten Jahrhunderts. Nichts gegen Spurgeon, aber der sprach nie zur Generation TikTok. Wir stehen auf den Schultern unserer Vorläufer, aber wir wollen andere Menschen erreichen. Das bedeutet nicht, alles neu machen zu müssen, aber beim Alten bleiben hilft auch nicht weiter. So brauchen wir Mut zum Scheitern!
8. Immer stürmisch sein
Das ist ein altes Comedy-Motto, doch tatsächlich scheitern Komiker auf der Bühne daran, wenn ein Witz nicht zündet und das Publikum schweigt. Beim Reden von Jesus ist die Kunst, es nicht für Applaus zu tun, denn wer keine Lacher oder Zustimmung braucht, wird weniger enttäuscht werden. Gleichzeitig kann ein leises «Amen!» einen enormen Motivationsschub bringen.
9. Die Gute Nachricht darf fröhlich sein
Selbst der ehrwürdige Kirchenvater Augustin meinte, dass jede Predigt drei Dinge tun sollte – eines davon war «delectare», erfreuen. Leider haben viele Christen Angst davor, andere zu unterhalten, wenn sie vom Evangelium reden. Aber wir wollen doch die Aufmerksamkeit der Menschen gewinnen, damit die Wahrheit unserer Botschaft ankommt. Also bringen wir sie zum Lachen, wir erstaunen und erfreuen sie. Diese Unterhaltung ist nicht das eigentliche Ziel, aber sie hilft, schneller bei den Menschen anzukommen, die wir erreichen wollen.
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