Mit Geschichten Werte vermitteln

Mutter und Tocter lesen eine Geschichte
Durch alle Jahrhunderte hindurch erzählen Menschen Geschichten und verpacken darin ihre Lebensweisheiten und Werte. Ein wunderbares Werkzeug, auch und gerade, wenn es um menschliche Beziehungen, Ehe, Familie und Sexualität geht.

Kinder lieben Geschichten und kaum etwas schliesst den Familienkreis so effektiv, wie das Vorlesen. Gemeinsam in neue Welten einzutauchen öffnet den Horizont und am Beispiel anderer Menschen erwerben wir uns Lebenskompetenz. Dass jede Geschichte auch Werte und Lebenseinstellungen vermittelt, ist eine Tatsache, die Eltern oft kaum im Blick haben. Eine Aussage unseres Ältesten machte uns dies eindrücklich bewusst.

Wie bei der Jungfrauengeburt?

«Dein Patenonkel wird Papa», teilte ich unserem Achtjährigen mit. Worauf dieser nach kurzem Nachdenken fragte: «Du, Mama, ist das bei denen wie bei Maria?» Ich brauchte einen Moment, bis ich seine Überlegungen nachvollziehen konnte. Die Irritation war entstanden, weil sein Patenonkel ein Kind erwartete, ohne verheiratet zu sein. Wenn wir unseren Kindern Geschichten erzählten, war die Reihenfolge in der Regel so, dass König und Königin, Abraham und Sara oder wer auch immer sich 1. verliebten, 2. heirateten und sich danach (3.) ein Kind wünschten. Ohne uns dessen bewusst zu sein, hatten wir beim Erzählen Werte vermittelt und Sexualität in den Kontext von Verbindlichkeit und Ehe gestellt.

Zudem hatten wir die Identität unserer Kinder gestärkt: In jeder dieser Geschichten waren Kinder etwas Wünschenswertes und Kostbares, für das Eltern grosse Opfer zu bringen bereit waren. Unserem Sohn erklärten wir, dass wir diese Reihenfolge gut finden, dass Menschen sich aber auch entscheiden können, anders zu leben. Die Sache war fürs Erste erledigt, als Eltern achteten wir von da an jedoch viel bewusster auf die Werte, die in Geschichten versteckt sind und von den Kindern aufgenommen werden.

Biografien prägen die Wertevermittlung

Jeder Autor hat eine Biografie und eine persönlich eingefärbte Weltanschauung, die zumindest unterschwellig in seine Geschichten einfliessen. Astrid Lindgren beispielsweise wuchs in einer autoritären, männerdominierten Gesellschaft auf und hatte, wie ihre Biografie zeigt, kein einfaches Verhältnis zu Männern. Was mit Grund dafür sein mag, dass Pippis Vater durch Abwesenheit glänzt, Michels Vater gewalttätig ist und auch manch andere Männer oder Autoritätspersonen eine fragwürdige oder lächerliche Rolle spielen. Hatten wir eines ihrer Bücher vorgelesen, wählten wir danach bewusst ein Vorlesebuch, in dem Eltern sich kümmerten und Väter liebevoll mit ihren Kinder umgingen.

Auch in der modernen Kinderliteratur gibt es die Tendenz, Erwachsene abzuwerten und Familienbindungen zumindest ein Stück weit in Frage zu stellen. So witzig Gregs Tagebuch oder Calvin und Hobbes auch sein mögen, es lohnt sich, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Moderne Jugendbücher wirken auf mich häufig düster und in vielen werden Lebensstile zelebriert, die jungen Menschen aus meiner Sicht nicht dienen. 

In homöopathischen Dosen an Seitensprünge gewöhnt werden?

Gratiszeitungen, Serien und Internetseiten erzählen Geschichten und prägen damit die Werte von Kindern und Erwachsenen. Was früher schockierte, ist längst normal geworden. Steter Tropfen höhlt den Stein, auch was unsere Wertvorstellungen betrifft. Unverbindlicher Sex, Dreiecksbeziehungen und Pornokonsum mutieren unbemerkt zur Normalität – für uns als Eltern ein Grund, darauf zu achten, was wir lesen und täglich konsumieren.

Immer wieder mal entsorge ich Bücher, weil sie im Bereich Sexualität Werte vermitteln, die ich ablehne. Früh entschieden wir uns, in aus unserer Sicht wertvolle DVDs zu investieren, statt den Fernseher anzuschliessen. Wir möchten unsere Zeit nicht in Sendungen investieren, durch die uns in homöopathischen Dosen Werte eingeflösst werden, die wir nicht teilen. Gratiszeitungen und Ähnliches sind in unserem Haus nicht erwünscht und werden im Zug höchstens sporadisch gelesen. Für Kinder und Teenager geeignet sind sie definitiv nicht.

Wertvolle Geschichten erzählen und positive Beziehungsbilder malen

Kinder sind wie ein offenes Gefäss, in das wir als Eltern Gutes und Lebensförderndes einfüllen können. Mit Hilfe von Bildern und Geschichten ein wertschätzendes Bild von Liebe, Ehe und Sexualität zu vermitteln, ist einer der wichtigsten Bestandteile von Sexualerziehung. Bilderbücher, die liebevoll schildern, wie ein Baby im Bauch heranwächst, wecken Staunen über das «Wunderwerk Mensch» und Geschichten über Paare und Familien, die zusammen durch dick und dünn gehen, machen unsere Kinder beziehungsfähig.

Was wir an Gutem einfüllen, wird letztlich auch wieder «herausfliessen» und je mehr Gutes ein Gefäss enthält, desto weniger Schmutz findet Platz. Die Bibel fordert uns auf, über das nachzudenken, was rein, aufbauend und lebensfördernd ist und liefert gleich eine Menge Geschichten dazu. Ein Schatz, den wir bewusst nutzen und mit anderen wertvollen Büchern ergänzen können. Werte vermitteln und dabei auch noch Spass haben? Unbedingt!

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Neuauflage. Er erschien bereits am 25.07.2019 bei Livenet.

Zum Buch von Regula Lehmann:
Sexualerziehung bleibt Familiensache

Zum Thema:
Erster Ratgeber erschienen: Bindungsorientierte Erziehung aus christlicher Perspektive
Talk mit Susanna und Leo Bigger: «Wir glauben ans Prinzip der kleinen Schritte»
Ein Ermutigungsbuch für Eltern: Cathy & Daniel Zindel: «Man erzieht nur mit dem Herzen gut!»

Autor: Regula Lehmann
Quelle: Livenet

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