Apologeticum: Lernen, den Glauben zu begründen

Helmut Kuhn
Heute sind viele Menschen offen für den Glauben, verlangen aber nach fundierten Erklärungen und Fakten. Helmut Kuhn will Christen helfen, die Fragen der Gesellschaft zu beantworten.

Helmut Kuhn ist Schulleiter vom «Apologeticum» (ehemals Confession), einem Teil vom ITW (Institut für Theologische Weiterbildung). Im Livenet-Talk spricht er mit Florian Wüthrich unter anderem über die Wichtigkeit, den eigenen Glauben intellektuell zu begründen.

Wie es zum «Apologeticum» kam

«Ich war selbst auf dem Weg zum Profifussballer», erzählt Helmut. Als Stürmer konnte er noch so gut spielen, wenn hinten nicht dicht ist, verliert man das Spiel trotzdem. Hier sieht Helmut einen Vergleich zum Gemeindeleben. «Wenn wir sagen, dass der Sturm die Evangelisation ist, müssen wir mit der Apologetik auch die Verteidigung aufbauen.»

«Der Grund, weshalb wir 'Confession' jetzt 'Apologeticum' nennen und ausbauen ist folgender: 'Confession' wurde vor zehn Jahren mit der Absicht gegründet, evangelistisch engagierte Menschen auszubilden.» Es kamen dann immer mehr Fragen von Studenten, welche wissen wollten, wie sie auf gewisse Fragen ihrer Mitmenschen reagieren sollten. «So hat es uns dann immer mehr in die Apologetik gezogen.» Spezifische Fragen wurden bearbeitet und das «Apologeticum» geboren.

Die Grenzen vom persönlichen Zeugnis

«Wenn wir das Evangelium weitergeben, berichten wir in unserer postmodernen Zeit gerne von unseren Erfahrungen mit dem Glauben.» Diese Form sei jedoch subjektiv und würde das Gegenüber dazu veranlassen, seine eigene Erfahrung gegenüberzustellen. «Und hier haben wir einen Mangel in unserer biblischen Kultur, in unseren Gemeinden.» Helmut betont die Wichtigkeit, den Glauben objektiv begründen zu können. «Nicht nur anhand dessen, was wir erlebt haben, sondern aufgrund dessen, was Wahrheit ist.»

Immer mehr ehemalige Studenten wollten sich wöchentlich für zwei oder drei Stunden weiterbilden lassen. «Wir wollen Boden unter den Füssen bekommen», sagten sie. «Nach drei Jahren ist die Zahl von sechs Leuten auf 64 gewachsen.» Helmut beschreibt die verschiedenen Aspekte der Ausbildung, welche aber allesamt einen apologetischen Charakter haben.

Die Einheit von Intellekt und Strasseneinsatz

«Ich unterrichte Philosophie, auch Hegel – und ich gehe auf die Strasse.» Trotz seiner intellektuellen Seite ist Helmut ein Mann der Praxis. Griechisch zu unterrichten und Drogenabhängige zu besuchen, passt für ihn gut zusammen. «Ich trenne das nicht voneinander. Mein Glaube ist auch mein Denken und mein Denken erklärt sich im Tun.»

Vor 20 Jahren brachte Helmut EE (Evangelism Explosion) in den deutschsprachigen Raum. «Leuten, die mit dem Evangelium auf die Strasse gehen, kommt einerseits das Leid der Welt entgegen, andererseits aber auch die Bildung der Welt. Da kannst du nicht naiv rausgehen, sondern brauchst eine solide Grundlage.» Es ist wichtig zu wissen, was man glaubt und wie man dies vermitteln kann. Gleichzeitig muss man auch Menschen, die beispielsweise stark philosophisch geschult sind, ein Stück weit in deren Welt begegnen können.

Eine Ergänzung zu anderen theologischen Schulen

Heute seien viele theologische Ausbildungsstätten pragmatisch ausgerichtet. Das findet Helmut gut, will mit ITW aber eine wichtige Ergänzung schaffen – mit einem intellektuellen Studium, wo gelernt wird, den Glauben zu begründen. Er berichtet, wie beispielsweise Physiker in seinem Ausbildungsprogramm sind und dass ein führender Leiter der Zeugen Jehovas kam und ein halbes Jahr später zum Glauben fand. «Jetzt habe ich fünf Ex-Zeugen Jehovas bei mir im Theologicum, im Apologeticum als Dozenten und auch im Sprachstudium.» Heute erreicht Helmut Menschen, die er nicht erwartet hatte.

Vom Alter her sind die Teilnehmer sehr unterschiedlich. Die Studenten sind von unter 20 bis 70 Jahre  oder sogar darüber. «Da bilden sich Beziehungen, wie ich es sonst kaum kenne.» Sie alle wollen wissen, wie sie ihren Glauben andern gegenüber begründen können.

Ein Problem und eine Chance

«Unsere Bibellosigkeit und mangelnde Schriftkenntnis sehe ich für die Zukunft als sehr bedrohlich an.» Nach 40 Jahren im geistlichen Dienst erkennt Helmut heute Entwicklungen, bei denen er unbedingt Gegensteuer geben will. «Es ist wichtig, dass wir wieder zerlesene Bibeln haben.»

Viele Leute seien heute offen, würden sich dem christlichen Glauben aber kritisch nähern. Diese Menschen wollen fundierte Antworten und die müssen wir geben können, damit das Gespräch nicht in einem unfundierten verbalem Schlagabtausch endet.

Wer ist Helmut Kuhn

«Ich bin in Reutlingen geboren und komme aus der Gegend von Tübingen.» Abgesehen von seiner epileptischen Erkrankung, die Helmut schulisch zurückwarf, bezeichnet er seine Kindheit als normal. «Mit 18 oder 19 konnte ich die Krankheit komplett überwinden. In dieser Zeit kam ich durch die Sinnfrage zum Glauben.» Intensiv habe er nach dem Sinn des Lebens gesucht und eine Vielzahl von Büchern gelesen. Seine Bestrebungen, Profifussballer zu werden, gab er in der Folge auf. «Ich entschied mich, in den vollzeitigen Dienst zu gehen und dieser jährt sich jetzt dann zum 40. Mal. Ich habe es nie bereut.»

Von der Missionsarbeit in Israel unter den Arabern ging es über die theologische Ausbildung von Chrischona zum FEG-Pastor. Dazwischen hatte er eine Familie gegründet. Irgendwann wurde er von EE angefragt, eine Schulungsarbeit aufzubauen. «Nichts davon schien eine Lebensaufgabe zu sein, sondern war stets die Vorbereitung für das nächste.»

Sehen Sie sich hier den vollständigen Talk mit Helmut Kuhn an:

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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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