Sei gesegnet!
Das Wort Segen prägt unseren Alltag, wie ein kurzer Blick in verschiedene Schweizer Zeitungen aufzeigt: «Die Bar ist nicht nur für Raucher ein Segen», «Dividenden sind ein Segen für Aktionäre», «Mit Talent gesegnet» oder «Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen?». Viele Angebote macht die Kirche mühsam und meist ohne durchschlagenden Erfolg. Im Gegensatz dazu ist Segen stark nachgefragt: Seien es Motorradfahrer, Feuerwehrhäuser, Bankfilialen, Autobahnabschnitte, Geschäftseröffnungen oder eine Chilbi: Bei der Einweihung möchten die Betreiber oder Besitzer ihre neuen Objekte oft kirchlich gesegnet wissen.
Die Frage ist: Sehnen wir uns danach, Gutes von einer externen Quelle zugesprochen zu bekommen? Oder wollen wir lieber «unser Glückes Schmied» sein? So wie es William Henley sagte, nachdem ihm ein Bein amputiert wurde: «Ich bin der Herr meines Schicksals, ich bin der Kapitän meiner Seele.» Oder wie der Schauspieler und Rapper Will Smith erklärte: «Du kannst alles schaffen, was du willst. Du musst nur wissen, was du willst, und die Chancen ergreifen, die sich dir bieten. Wir sind die, die wir sein wollen!» In einer Welt, in der die Menschen versuchen, sich selbst zu finden, sich selbst zu machen und sich oft selbst etwas vorzumachen, haben wir einen Gott, der nicht damit zurückhält, seinen Segen über uns zu sprechen. In den verschiedenen Geschichten der Bibel erfahren wir: Du kannst nicht alles vollbringen. Du kannst dich nicht selber segnen, sondern musst es Gott überlassen, den Segen in deinem Leben zu bewirken.
Was ist der Segen?
In der heutigen Sprache haben wir eine schwache Vorstellung vom Segen. Der Segen war die lebensgestaltende Kraft von einsichtigen Worten, die von einer wichtigen Person in einem kritischen Moment gesprochen wurden. Eine negative Bemerkung eines wichtigen Erwachsenen kann ein Kind sein Leben lang verfolgen. Viele leben mit dem Echo einer bösen Bemerkung, die ihr ganzes Leben lang nachhallt. Wie viel mehr Kraft können dann die Worte eines Segens bewirken: Das Wort Segen kommt vom Lateinischen «signandumab»: Jemanden mit dem Zeichen des Kreuzes bezeichnen, wodurch Personen oder Sachen Anteil an Gottes Kraft oder Gnade bekommen sollen.
Der christliche Begriff Segen entspricht dem lateinischen Wort «benedictio». Der ist abgeleitet von «benedicere» aus «bene» (gut) und «dicere» (sagen), also «von jemandem gut sprechen» oder «jemanden loben, preisen». Wer einer Person Segen zuspricht, wünscht ihr Glück und Wohlergehen oder auch Schutz und Bewahrung. Indem Gott segnet, sagt er seine heilende, stärkende und mutmachende Begleitung durch die Höhen und Tiefen des Lebens zu. Ein Segen ist ein Vitaminstoss für die Seele, in ihm steckt die Kraft Gottes. Segen zielt auf ein Leben in Schalom, was so viel wie «Frieden, Heil, Wohl, ganz sein» heisst. Gemeint ist dabei ein Leben im inneren Frieden mit sich selbst, mit anderen und mit Gott. Gott schenkt durch seinen Segen der Zeit Struktur und Rhythmus. Er segnete den siebten Tag und heiligte ihn als Tag der Ruhe, die alles Leben benötigt, um aufatmen zu können.
Den Segen Gottes wünschen
Was im Alltag an Grussformeln ausgetauscht wird, enthält Segen in hochkonzentrierter Form: «Gott sei mit dir» gibt man einander mit auf den Weg. Auch bei den grossen Situationen der Begrüssung und des Abschieds im Leben hat der Segen eine besondere Bedeutung: Bei der Taufe, wenn ein neues Leben angefangen hat, bei der Trauung, wenn ein gemeinsames Leben beginnt, bei der Beerdigung, wenn ein Leben zu Ende gegangen ist, steht der Segen im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Im Segen wird sichtbar und erfahrbar, dass Gott gegenwärtig ist und im Leben mitgeht.
Gott befahl Mose, Aaron eine Segensformel zu übermitteln, mit der er künftig das israelische Volk segnen sollte. Heute kennen wir diese Formel als aaronitischen Segen (4. Mose Kapitel 6, Verse 24-27): «Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.» Der neue Bund durch Jesus Christus macht es möglich, dass er für alle Völker gilt (Galater Kapitel 3, Verse 13-14). Heute können wir mit unseren Taten ein Segen sein und zum Beispiel Menschen in Not helfen. Wir können das segnen, was Gott segnet. Und wir können diejenigen segnen, die uns verfluchen. So wünsche ich Ihnen zum Schluss: Seien Sie gesegnet! Das Lied von Lena Belgart und Sam Samba aus dem Album «Verbunden – Irisch inspirierte Gebets- und Segenslieder» lässt dieses «Sei gesegnet» schön erklingen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Dienstagsmail.
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