Richmond Wanderas Weg aus den Slums

Richmond Wandera
Als sein Vater erschossen wurde, war Richmond Wandera acht Jahre alt. Eine echte Chance hatte er auch vorher nicht gehabt. Doch dann kam seine Mutter in Kontakt mit einem christlichen Kinderhilfswerk und alles wurde anders.

Heute ist Richmond Wandera glücklich mit Rosetta verheiratet. Sie haben zwei Kinder und leben in Kampala, der Hauptstadt Ugandas. Wandera ist leitender Pastor der dortigen «New Life Baptist Church» sowie Gründer und Direktor eines Pastorennetzwerks, das in ganz Ostafrika Tausende von Pastoren betreut, ausrüstet und schult. Niemand in seiner Umgebung hätte früher gedacht, dass er solch eine Zukunft haben könnte, ja, dass er überhaupt eine Zukunft haben würde, denn sein Start ins Leben verlief unter denkbar schlechten Voraussetzungen.

Lebensbedrohlich

Die Lebensumstände waren nie leicht für die Familie von Richmond Wandera. Aber als er eines Tages aus der Grundschule nach Hause kam, waren sie katastrophal geworden: Während die Eltern mit seinen kleinen Geschwistern zu Hause waren, kamen Killer und ermordeten seinen Vater mit drei Schüssen. Alles war voll Blut.

«An diesem Tag habe ich sie beide verloren: meinen Vater körperlich und meine Mutter seelisch. Sie war nie wieder dieselbe», erklärt er heute. Nur drei Monate später mussten sie ihr Haus verlassen, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen konnten. So zog die 25-jährige Mutter mit ihren sechs Kindern in den Naguru-Slum – die schlimmstmögliche Wohngegend in Kampala. Dies war kein Ort zum Leben, sondern nur einer zum Sterben und zum Begraben der letzten Hoffnung.

Als Witwe ohne Schulbildung hatte Richmonds Mutter keine Chance, ihre Familie durchzubringen. Den Schulbesuch ihrer Kinder konnte sie sich nicht leisten, so hing Richmond meistens auf der Strasse herum, tat nichts und hatte keine Perspektive für die Zukunft. Mit zehn Jahren erkrankte er mehrmals schwer an Malaria – mit ein paar Dollar hätte er behandelt werden können, doch Geld war keines da, so kämpfte er lange um sein Leben. Während dieser Zeit realisierte seine Mutter, dass es so nicht weitergehen konnte und ihre Kinder sterben würden – wenn nicht an Malaria, dann an Hunger oder durch Gewalt –, aber was war die Alternative?

Lebensverändernd

Ein Freund schlug ihr vor, Christen um Hilfe zu bitten. Richmonds Mutter war nicht gläubig, aber so verzweifelt, dass sie den Rat annahm. Tatsächlich bekam sie dort Hilfe, mehr noch, sie erhielt Kontakt zu einem Kinderhilfswerk und konnte dort ihre Geschichte erzählen und ihre Kinder als hilfesuchend anmelden. Dass sie keine Christen waren, spielte keine Rolle. Nach einer Weile erhielt sie die gute Nachricht: «Richmond hat eine Patin gefunden.» Im Rückblick erzählt er: «Zu sagen, wir hätten getanzt und uns gefreut, wäre eine Untertreibung.»

Ein 15-jähriges Mädchen aus Grossbritannien hatte die Patenschaft für Richmond übernommen und sein Leben änderte sich drastisch: Er konnte wieder die Schule besuchen, erhielt jeden Tag etwas zu essen und wurde medizinisch behandelt, wenn er krank wurde. Andere Ugander sorgten für Richmond und beschützten ihn. Durch sie erfuhr er Heilung und lernte Gott kennen. Mit 14 Jahren entschied er sich dazu, diesem Gott nachzufolgen: Richmond wurde Christ. Zwei Jahre später waren ihm seine fünf Geschwister gefolgt. Selbst seine Mutter, die Gott lange dafür gehasst hatte, weil sie glaubte, dass er ihr den Mann genommen hatte, entschied sich für ein Leben mit Jesus.

Lebensstiftend

Richmond wusste, dass er dieses neu erhaltene Leben nicht für sich behalten wollte. Mit 22 Jahren wurde er Hilfspastor in der «New Life Baptist Church», heute leitet er die Gemeindearbeit der Kirche, die damals wie heute Patenschaften des Hilfswerks Compassion International für bedürftige Kinder aus der Gegend vermittelt. Wenn Eltern ihre Kinder in der Kirche vorbeibringen, denkt er an seine eigene Ausgangssituation.

Die Nachbarn der Gemeinde sind mehrheitlich Muslime, die meisten sind sehr arm. Im Umkreis von zwei Kilometern gibt es mehr als 200 Bordelle. Doch die Kirche bewirkt Veränderung: Menschen kommen zum Glauben, Kinder erfahren Hilfe und Gerechtigkeit wird zum Thema. Richmond erklärt: «Wahrscheinlich sind wir momentan die am schnellsten wachsende Baptistengemeinde im Land. Wir gründen jedes Jahr etwa drei Gemeinden. Gott bringt einfach Menschen und zeigt ihnen seine Liebe.» Selbst Covid konnte das nicht bremsen.

Bei seiner Arbeit betont Richmond zwei Faktoren besonders: die geistliche Auseinandersetzung und den Kampf gegen das Wohlstandsevangelium. Er weiss: Im Westen lachen die Menschen – auch Christen – über die Vorstellung, dass es finstere Mächte gäbe. Richmond ist nicht gefangen in der kulturellen Vorstellung, dass alles davon abhängt, Flüche aus der Finsternis abzuwenden, aber er unterstreicht: «Ich habe einen Master-Abschluss und einen Doktortitel in Philosophie. Ich habe eine Menge Bücher gelesen, in denen behauptet wird, dass es so etwas wie Spiritualität nicht gibt. Aber ich habe Dinge gesehen, die kein Experiment erklären kann.»

Wohlstandevangelium?!

Als tödlichsten Einfluss in Afrika identifiziert er allerdings das sogenannte Wohlstandsevangelium, wo es heisst: «name it and claim it» (sprich es aus und nimm es in Anspruch). Er sieht die fast magische Ausrichtung dabei, wenn Fernsehprediger im Land behaupten, dass Gott ihnen gezeigt hätte: «Jeder, der sieben Dollar sät, wird in den nächsten sieben Tagen das Siebenfache erhalten…»

Ein Teil seiner Arbeit im Pastorennetzwerk beinhaltet es, hierauf biblische Antworten zu finden und den Pastoren selbst und ihren Gemeinden zu helfen, zur Wahrheit zurückzukehren. Und die sieht für Richmond Wandera so aus: «Eigentlich sollte ich gar nicht mehr leben und ich wäre auch nicht mehr hier, wenn es nicht diese einzelne Patin gegeben hätte, die gesagt hat: ‘Herr, wenn du alles gebrauchen kannst, dann gebrauche bitte mich.’»

Das mag sich nicht so grossartig anhören wie die Versprechen des Wohlstandsevangeliums, aber Richmond Wandera und Zehntausende ehemaliger Patenkinder würden sofort unterschreiben, dass es absolut lebensverändernd ist.

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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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