Gebet für Kranke soll bestraft werden
Vielleicht haben Sie noch nie vom indischen Bundesstaat Assam gehört, in dem 37 Millionen Menschen leben – so viele wie in Portugal, Belgien und den Niederlanden zusammen. Doch dort wartet ein wenig erfreulicher Gesetzesentwurf auf die Christen.
«Niemand darf sich direkt oder indirekt an Heilpraktiken oder der Verbreitung magischer Heilmittel zur Behandlung von Krankheiten, Störungen oder Gesundheitszuständen des menschlichen Körpers beteiligen, die den falschen Eindruck erwecken, Krankheiten, Schmerzen oder Leiden zu heilen», heisst es in dem Verbotsvorschlag, den die Staatsversammlung kürzlich verabschiedet hat.
Harte Strafen drohen
Erstmalige Verstösse gegen das Verbot werden mit ein bis drei Jahren Gefängnis, einer Busse von 50'000 Rupien (rund 600 Franken) oder beidem bestraft.
Im Wiederholungsfall drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis und/oder eine Busse von 100'000 Rupien (rund 1'200 Schweizer Franken).
Der Gesetzesentwurf muss noch vom indischen Präsidenten ratifiziert werden, um Gesetz zu werden. In Assam wird betont, dass sich das Verbot nicht gegen eine bestimmte Religion richte – zumindest der Hinduismus dürfte nicht gemeint sein. Letztlich zielt das Verbot darauf ab, Evangelisation und Bekehrung einzuschränken.
«Wir wollen die Evangelisation in Assam eindämmen, und in dieser Richtung wird das Heilungsverbot ein sehr, sehr wichtiger Meilenstein sein», sagte Himanta Biswa Sarma, Ministerpräsident von Assam.
Staatlich verordnete Religion
Die hindu-nationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) übt Druck aus. «Heilung ist ein sehr, sehr heikles Thema, das benutzt wird, um Stammesangehörige zu bekehren», sagt Sarma. «Wir werden dieses Gesetz einführen, weil wir glauben, dass der religiöse Status quo sehr wichtig ist. Wer Muslim ist, soll Muslim bleiben; wer Christ ist, soll Christ bleiben; wer Hindu ist, soll Hindu bleiben, damit es ein angemessenes Gleichgewicht in unserem Staat geben kann.»
Christliche Führer sind logischerweise dagegen. Das «Assam Christian Forum» (ACF), eine Organisation, die alle christlichen Kirchen in Assam umfasst, argumentierte, das Verbot verletze die Religionsfreiheit und die Charakterisierung als «magische Heilung» sei falsch: «Gebet ist eine universelle Praxis in allen Religionen, die göttliche Heilung anruft», erklärte das Forum. «Es als magische Heilung zu bezeichnen, verkennt die tiefen spirituellen Dimensionen des Glaubens und des Lebens.»
Gottes Werk, nicht Menschenwerk
Das ACF stellte auch klar, dass das Gebet um Heilung eine Form des Mitgefühls sei und nicht der Bekehrung diene, wie es von Hindu-Nationalisten oft missverstanden werde.
Auch der «Chakhesang Baptist Church Council» im Nachbarstaat Nagaland verurteilt den Gesetzesentwurf.» C. Cho-o, der Exekutivsekretär des Rates, wies ebenfalls den Begriff «magische Heilung» als abwertend für göttliches Eingreifen zurück. «Heilung ist Gottes Werk, nicht das Werk von Christen», sagte er. «Wenn göttliche Heilung geschieht, können Christen dafür weder verantwortlich gemacht noch beschuldigt werden!»
Narendra Modi auf der Zielgeraden
In Indien finden derzeit Parlamentswahlen statt. Die Chancen auf eine Wiederwahl steigen für Narendra Modi, der sich als Hauptvertreter der 80 Prozent Hindus in Indien darstellt und beispielsweise Muslime unterdrückt; im April hatte er sie als «Eindringlinge» bezeichnet und die hohe Geburtenrate kritisiert. Mit rund 198 Millionen Muslimen ist Indien nach Indonesien (216 Millionen) und Pakistan (213 Millionen) das Land mit der drittgrössten muslimischen Bevölkerung.
Modis Vision eines Hindu-Imperiums steht im krassen Gegensatz zur Idee eines säkularen Staates, die mit der Unabhängigkeit Indiens ihren Anfang nahm. Modi strebt für die BJP 400 der 543 Sitze an, auch wenn er dieses Ziel wohl nicht erreichen wird: Eine erneute Mehrheit scheint aber sicher ... und damit fällt auch die Saat für antichristliche Entscheidungen – wie das Verbot des Gebets für Kranke – auf fruchtbaren Boden.
Zum Thema:
Nothilfe-Situation: Indien: Sauerstoff und Liebe Gottes
Knechtende Paragrafen: Anti-Konversions-Gesetz in Indien grassiert
Agape Indienhilfe: Hoffnung für die Ärmsten der Armen