Pornografische Bilder in der Kirche?
Eine Ausstellung in der Nürnberger Egidienkirche lässt die Wellen in ganz Deutschland hochschlagen: Im Gottesdienstraum werden zu den Nürnberger Prideweeks aktuell sehr explizite Bilder ausgestellt, die von einigen Besuchern als «pornografisch» bezeichnet werden. Sie handeln von der Thematik Christentum und Homosexualität, Titel der Ausstellung ist «Jesus liebt». Die Hälfte der Bilder stellen homosexuelle bzw. queere Menschen dar, die andere Hälfte zeigt Kritik an der Institution Kirche, etwa an den Missbrauchsskandalen.
Für die Ausstellung fragte die Kirche den Regisseur, Produzenten und Aktivisten Rosa von Praunheim an. Der 80-jährige Künstler hat bereits diverse queere Filme produziert und ist Mitbegründer LGBTQ-Bewegung in Deutschland. Man sei sich bewusst, dass die freizügigen Bilder von homosexuellen und queeren Menschen Anstoss erregen könnten, doch mal wolle damit bewusst Diskussionen anstossen, so der Pfarrer der Kirche, Thomas Zeitler, gegenüber dem Bayrischen Rundfunk.
Jesus liebt – aber so?
Ich lebe seit vielen Jahren in Ecuador, wo die LGBTQ-Bewegung längst nicht so stark ist wie in Europa. Vielleicht ist das mit ein Grund, weshalb ich eine solche Ausstellung sehr provozierend finde. Zunächst einmal frage ich mich, was der Titel «Jesus liebt» mit einer Ausstellung freizügiger bzw. kirchenkritischer Bilder zu tun hat.
Ja, Jesus liebt jeden, so wie er ist, mit seinem Lebensstil, seiner Lebensplanung, und er möchte in dieses Leben eintauchen, es führen, füllen und verändern. Jesus liebt! Aber damit ist sicher keine erotische Liebe gemeint – und sie zeigt sich nicht durch pornografische Bilder. Ist der Titel demnach auch nichts weiter als Provokation?
Mehr als Sexualität
Dann die andere Frage: Definieren sich queere Menschen nur über ihre Sexualität? Sind sie nicht viel mehr als ihre sexuellen Vorlieben, haben Urlaubspläne, Berufswünsche, finanzielle Sorgen…? Wer würde auf die Idee kommen, explizite Fotos heterosexueller Pärchen in einer Kirche auszustellen, um Heterosexuelle wieder in die Kirche zu holen? Ein absurder Gedanke… Es scheint, dass die Kirche nicht so sehr an echten Diskussionen interessiert ist, als an Provokation und Skandal.
«Ein Ort für alle» – nicht wirklich
Ja, die Kirche muss sich Gedanken darüber machen, wie sie die Gesellschaft erreicht, die ihr den Rücken zudreht – und dazu gehört auch die LGBTQ-Community. Aber das geht doch auf ganz anderen Wegen. Wer echte Diskussion und Offenheit sucht und wirklich das Anliegen hat, queere Menschen in die Kirche zu holen, kann ganz andere Ansätze finden, etwa durch Events, die Menschen zusammenbringen und gemeinsam reden und austauschen lassen – respektvoll und brückenbauend.
Und nicht auf eine Art, die teilweise mit den Worten «Adults only! Dieser Bereich der Ausstellung enthält Bilder, die für junge oder sensible Besucher und Besucherinnen nicht geeignet sein könnten» abgetrennt ist. Die Egidienkirche will in diesen Wochen «ein Ort für alle» sein – Kinder müssen diesmal aber draussen bleiben!?
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