Das Sandige wurde zum Felsfundament
Michael Mütschards (38) Lebensgefühl war, «in der Luft zu hängen», keinen Halt und keine Bestimmung zu haben. Der Nihilismus war interessant, aber verstärkte diese Ohnmacht noch.
«Es war wie der erste, fallende Dominostein, der nach dem aufwändigen, kräfteraubenden Aufbau alles in Gang gesetzt hatte.» In einem besonderen Moment überkam ihn die Gegenwart Gottes, während seine Frau friedlich neben ihm schlief.
Dass nun sein Roman-Erstling «Das Haus auf Sand» erscheint, dahinter stecken viele innere Kämpfe und Zweifel – und schlussendlich viel Erlösendes.
Widersprüche auflösen – oder einfach authentisch sein
Als kritischer Denker eckt er manchmal an oder fordert andere heraus, obwohl er dies gar nicht will. Ihm sind Begründungen wichtig, weshalb er sich nicht zu schnell zufriedengibt – schon gar nicht mit dem Motto «weil es halt so ist» oder «weil es eben die Bibel sagt». Und er gebraucht beispielsweise Aussagen wie: «Gottesdienst ist Menschendienst».
Daneben ist es immer wieder die Musik, die ihm Ruhe gibt und hilft, in den Fluss Gottes zu treten. In der aktuellen Formation «Keep Close» spielt er bereits 15 Jahre Gitarre.
Michael Mütschard ist nicht nur Schreiber, sondern ebenso «Aufreiber». Als Öko-Vertreter, Car-Sharing-Benutzer und Vegetarier, provoziert der Lebensstil seine Gegenüber.
Livenet traf den Lokführer, Musiker und frischgebackenen Neo-Autor.
Ein Lokführer hat unregelmässige Arbeitszeiten; wie finden Sie Pausen oder Inspirationszeiten, und wie sehen diese aus?
Michael Mütschard: Inspirationszeiten finde ich mehrheitlich in meiner Freizeit. Wenn ich beruflich unterwegs bin, ist meine Aufmerksamkeit auf den Dienst und seine Besonderheiten gerichtet. Die Pausen nutze ich für Verpflegung und zum Lesen. Hier schalte ich etwas ab vom Bahnbetrieb, aber so richtig zur Ruhe komme ich vorwiegend zu Hause. Morgens, wenn ich freihabe oder in Spättouren unterwegs bin, nutze ich die Zeit aktuell häufig fürs Bibelstudium und vertiefte Gespräche mit Gott. Unterwegs notiere ich mir Ideen für später und beschränke mich ansonsten zumeist auf Dank- und Stossgebete. Wenn ich Frühdienst habe, falle ich aber schon mal aus meiner Routine.
Beschreiben Sie uns bitte ein Schlüsselerlebnis in Ihrer Gottesbeziehung.
Ein Schlüsselerlebnis war für mich ganz klar, als ich erkannte, dass ich nicht vergessen bin, dass mein Geschick von Belang ist. Immer wieder habe ich meinen Pfad verlassen, habe mich verirrt und mich selbst verleugnet. Und im Rückblick ist mir klar geworden, dass Gott mich immer wieder geleitet haben muss, damit ich an die Stelle gelangen konnte, an der ich heute stehe. Besonders deutlich wird mir das, wenn ich mich daran erinnere, über welch verschlungene Wege ich jenen Menschen gefunden habe, der mich versteht und liebt, wie ich bin und in dessen Gegenwart ich eine Liebe fühle, die ich nie für möglich gehalten hätte. Das ist wohl selten eine Selbstverständlichkeit und schon gar nicht bei mir. Natürlich habe ich diesen Menschen sofort geheiratet.
Nebst dem Anliegen für Menschen, ist Ihnen die Schöpfung wichtig. Was wünschen Sie sich dazu von den Christen?
Vielleicht, dass die Umwelt tatsächlich mehr als Schöpfung wahrgenommen wird, als dessen Verwalter wir doch eingesetzt sind. Denn in ihrer Pracht und Vielfalt widerspiegelt sie die Liebe und die Weisheit des Herrn. Sie ist ihm wichtig, das geht auch aus verschiedenen Bibelstellen hervor. Ihre Bewahrung und Bewirtschaftung ist deshalb genauso Gottesdienst wie Armutsbekämpfung oder Lobpreis. Christliche Gemeinschaften könnten deshalb ihre Vernetztheit und ihr Organisationstalent noch mehr für Aufklärungsarbeit oder Umweltprojekte einsetzen. Mit dem Nebeneffekt, dass sie in der Öffentlichkeit frischer wahrgenommen werden und vielleicht sogar Zulauf erfahren.
Tiefgründig denkende Personen werden manchmal als Kritiker in Kirchenkreisen wahrgenommen. Weshalb und wie gehen Sie damit um?
Nun, ich bin nicht besonders konfliktfreudig. Deshalb behalte ich meine Überlegungen eigentlich lieber für mich oder diskutiere sie im kleinen Rahmen, etwa im Hauskreis oder mit meiner Frau. In der Gemeinde, die wir damals besuchten, nahm ich eine gewisse fatalistische Haltung gegenüber Umweltbelangen wahr, besonders von der Führung. Das hat mich entsetzt und ich habe die Kirchenführung damit konfrontiert. Genauer gesagt, ich habe Gründe vorgelegt, weshalb ich denke, dass gerade die Kirchen in der Verantwortung stünden und gleichzeitig aber auch grosses Veränderungspotenzial hätten. Die Reaktion fiel ernüchternd aus. Offensichtlich hat man mich als Nestbeschmutzer wahrgenommen und war deshalb darauf aus, mich zu zügeln, anstatt auf meine Gedanken einzugehen. Das hat mich natürlich sehr enttäuscht. Es war eines meiner Lehrstücke dafür, dass die Welt allein mit Glauben nicht besser wird.
Sie hatten eine eindrückliche Inspiration für Ihren bald erscheinenden Debut-Roman…
Die Inspiration zum Buch nahm mich sozusagen in Beschlag, als ich auf Elba an einem verlassenen Strand lag. Vielleicht brauchte es die gedankliche Leere für meine damalige Empfänglichkeit. Auf jeden Fall bin ich im Nachhinein überzeugt, dass ich die Eingebung für den Plot, sowie die Motivation, diesen zu entwickeln, Gott zu verdanken habe. Damals war ich noch nicht zum Glauben gelangt und habe mich natürlich gewundert. Die siebenjährige Arbeit am Buch, die ich daraufhin aufnahm, hat mich ihm aber näher gebracht. Sie hat mich sozusagen nach Hause geführt. Ich habe schon die Lichter gesehen. Und als meine Frau in mein Leben getreten ist, da habe ich das alles erkannt und bin eingetreten.
Was ist Ihnen beim Glauben im Alltag wichtig?
Mir für mein Handeln und meine Entscheidungen immer wieder die Prüffrage zu stellen: Was würde wohl Jesus darüber denken? Was würde er wohl tun oder sagen? Dass ich das nie sicher wissen kann und deshalb doch oft genug weit davon entfernt bin, das Richtige zu tun, ist mir bewusst. Aber es schärft meinen Sinn für die Anliegen Jesu, gerade auch im Hinblick auf die Herausforderungen der heutigen Zeit.
Zum Buch:
Das Haus auf Sand
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