Wie die Jahreslosung ganz praktisch werden kann
Gerne und viel wird zu Beginn des Jahres über die Jahreslosung gepredigt. Und dann? Das Jahr hat zwölf Monate. Also zwölf Monate lang «Alles in Liebe». Klar! Was sonst könnte wirklich helfen, als der Not, dem Elend, der Gewalt, der Zerstörung, den vor Krieg und Katastrophen Flüchtenden in Liebe zu begegnen. Klingt gut.
Liebe inspiriert
Aber wirklich ALLES in Liebe? Das ist ein enorm hoher Anspruch. Und ich weiss von mir selbst, dass meine Liebe oft nicht reicht. Mehrmals im Jahr erlebe ich, dass mein Speicher gegen Null geht. Dann wird es anstrengend, dann wird es Pflicht. Lieben wir die Menschen wirklich, oder ist es uns nur moralische Pflicht, weil wir Christen sind? Also «müssen» wir doch den Nächsten lieben, oder?
Nein, das kann es nicht sein. Dann hätten wir unseren Dienst in der FeG Auslands- und Katastrophenhilfe längst aufgegeben. Wenn es mir an Liebe fehlt, dann bin ich nicht allein, dann inspirieren mich andere, meinen Speicher wieder von Jesus füllen zu lassen.
Liebe verändert
So wie Larisa (31). Sie lebt in Boldesti-Scaeni, Rumänien, einem Romadorf von knapp 600 Einwohnern. Sie ist 14 Jahre alt, als sie mit ihren Eltern und Geschwistern in dieses Dorf zieht, um den Menschen die Liebe Gottes konkret zu zeigen. Seitdem hat sich das Dorf grundlegend verändert. Es gibt Schulbildung, ein Kinder- und Jugendchor sowie ein Orchester sind entstanden, ein kleines medizinische Zentrum wurde mit eigenen Händen gebaut, ein Familienzentrum ist in Planung, die Wasserversorgung in den Häusern wurde verbessert und sonntags besuchen über 200 Dorfbewohner den Gottesdienst der Gemeinde Eben Ezer. Wie geht das? «Alle, die hier arbeiten, tun das mit Liebe», sagt Larisa. «Liebe ist das Wichtigste. Wenn du Menschen liebst, wird Gott dir den Weg zeigen.»
Oder Tanya, eine junge Roma in Dalgodeltsi im Nordwesten Bulgariens. Sie war Unternehmerin in der Landwirtschaft. Seit Jahren widmet sie ihre ganze Zeit und Kraft den Menschen in den zerfallenen Dörfern in der ärmsten Gegend Europas. Sie sagt: «Ich liebe mein Dorf sehr. Die Liebe zu Gott motiviert mich, im Dorf zu arbeiten. Durch das, was ich tue, möchte ich den Menschen Gottes Liebe und Gottes Fürsorge zeigen, dass Gott aus dem Unmöglichen etwas Mögliches schaffen kann.» Hier spüre und erlebe ich, welche unbändige und verändernde Kraft die Liebe Gottes hat.
Liebe ist kreativ
Es ist der dritte Markt von allerlei Handwerkskunst, den ich in Dillenburg-Oberscheld erlebe, dieses Mal ein Herbstmarkt. Und herbstlich frisch ist es noch an diesem Samstagmorgen, was aber das lebendige Treiben nicht hindert. Im Gegenteil, die Sonne steht noch tief, der Himmel ist blau, die farbenprächtigen Stände sind im grossen Garten der Gemeinde aufgebaut und es wuselt überall. Es verspricht ein grossartiger Herbsttag zu werden. Bevor es losgeht, rufe ich meine Frau in das Café im Souterrain des Gemeindehauses: «Das musst du dir ansehen!» Staunend stehen wir vor den Kuchenvitrinen, die gerade mit den feinsten Kreationen gefüllt werden. Alles in Liebe!
Kaum 11:00 Uhr und der Herbstmarkt der Freien evangelischen Gemeinde ist bevölkert von Besuchern aus Oberscheld und der ganzen Region. Wie wichtig sind «in Zeiten wie diesen» solche «Kontaktflächen» für uns. Die Leute geniessen die spontanen Begegnungen, den Small Talk, das Stöbern an den Ständen, das herbstliche Wetter – was für ein Geschenk!
Und als die Sonne herbstlich hochsteht, erfüllen plötzlich helle sanfte Klänge von Geige, Querflöte und irischer Tin Whistle den Markt. Zwei junge Frauen verzaubern den Herbstmarkt immer wieder mit fröhlicher, teils geistlicher und teils folkloristischer Musik. So wird der Herbstmarkt zu einem Begegnungs-, Kunst- und Kulturgenuss. Ja, es geht noch und wir brauchen solche entspannten Momente, wirkliche «Lebenszeichen». Alles in Liebe!
Liebe gibt weiter
Ach ja, «Lebenszeichen». Auch mit diesem Herbstmarkt geht die FeG Oberscheld weit über sich hinaus, überschreitet Grenzen. Die Lebensfreude, die an diesem Tag um das ganze Haus herum herrscht, springt letztlich über auf das Mutter-Kind-Zentrum «Lebenszeichen» in Bukarest, Rumänien. Denn diesem sicheren Zuhause für junge Mütter und ihre Neugeborenen kommt der Erlös des Herbstmarktes zugute. Am Ende des Tages sind es fast 6'000 Euro. Als ich es höre, verschlägt es mir die Sprache. Alles in Liebe!
Nur elf Tage später erzählt mir Sabrina (23) im Mutter-Kind-Zentrum «Lebenszeichen» in Bukarest ihre Geschichte. Im Alter von zwei Monaten von der Mutter ins Kinderheim abgeschoben, mit 16 Jahren entkommen, weil sie die Schläge nicht mehr ertragen wollte, auf der Suche nach Familie immer wieder in falsche Abhängigkeiten geraten, auf der Strasse gelebt, schwanger geworden. Als sie gezwungen wird, einen Ort für Abtreibung zu suchen, findet sie «Lebenszeichen». Im November 2022 bringt sie ihre Tochter Irene zur Welt. «Ich habe einen Ort gefunden, wo ich leben kann und mein Kind bei mir haben kann. ‚Lebenzeichen‘ ist meine neue Familie», erzählt sie. Alles in Liebe!
Liebe packt an
Immer wieder staune ich über das kontinuierliche Engagement der unzähligen ehrenamtlich Mitarbeitenden in unseren Gemeinden und in unserem Logistikzentrum in Wissenbach, Hessen. Ohne sie geht nicht ein Hilfstransport nach Ost- und Südosteuropa. Immer wieder treffe ich die fleissigen Packgruppen im Lager. 39'560 Kleiderboxen haben sie 2023 gepackt. Von Freunden und Mitgliedern unserer Gemeinden in Deutschland wurden 30'960 «Pakete zum Leben» gepackt. 55 Transporte haben unsere Ladeteams 2023 mit insgesamt fast 900 Tonnen Hilfsgütern geladen. 60 Prozent der Hilfsgütertransporte gingen in die Ukraine. Und nicht zuletzt haben sich viele Menschen finanziell engagiert. Alles in Liebe, oder? Klar! Bewegt von Gottes Liebe helfen wir.
Zur Website:
FeG Auslandshilfe
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