Finnland: Religiöses Interesse bei jungen Männern steigt deutlich
In Finnland bezeichnet sich etwa die Hälfte der Bevölkerung als religiös, die andere Hälfte als nicht religiös. Bei den 20- bis 30-Jährigen bezeichnet sich nur 27 Prozent der Männer und 19 Prozent der Frauen als religiös, während bei den über 50-Jährigen die Religiösen noch in der Mehrheit sind. Das berichtete Hanna Salomäki, Direktorin des Kirchlichen Instituts für Forschung und Fortbildung der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands, auf einer theologischen Konferenz Anfang Januar. Der allgemeine Trend sei wie in allen europäischen Ländern, dass religiöse Generationen von weniger religiösen abgelöst werden. Und dass Frauen in der Regel religiöser als Männer seien.
Junge Männer deutlich religiöser als Frauen
In deutlichem Kontrast zu dieser allgemeinen Entwicklung steht in Finnland ein aussergewöhnlicher Anstieg der Teilnahme an christlichen Gottesdiensten bei den 15- bis 29-jährigen Männern. Gingen 2011 nur fünf Prozent der Männer dieser «Generation Z» monatlich in die Kirche, waren es 2019 bereits zwölf Prozent. Die entsprechenden Zahlen für Frauen derselben Altersgruppe lagen mit drei bzw. vier Prozent deutlich niedriger. «Mehrere aktuelle Studien zeigen, dass unsere jungen Männer deutlich religiöser sind als gleichaltrige Frauen», kommentierte Salomäki. Das zeige sich auch darin, dass junge Väter deutlich mehr die Taufe ihrer Kinder befürworteten als junge Mütter.
Der Anteil der jungen Männer, die mindestens einmal pro Woche beten, ist von 16 Prozent im Jahr 2011 auf 26 Prozent im Jahr 2019 gestiegen, während der Anteil der Frauen, die beten, gesunken ist. Glaubten 2011 noch 19 Prozent der 15- bis 19-jährigen Männer an Gott, waren es 2019 bereits 43 Prozent.
Mit der Kultur des Schweigens gebrochen
Laut Salomäki ist diese Entwicklung im Vergleich zu anderen Ländern sehr ungewöhnlich. Nirgendwo sonst auf dem Kontinent wurde eine ähnliche Religiosität bei jungen Männern beobachtet, die höher ist als bei Frauen und im Vergleich zu älteren Altersgruppen zugenommen hat. Die Forscherin stellte fest, dass bisher noch keine umfassende Erklärung für dieses Phänomen gefunden wurde. Als allgemeiner kultureller Trend sei allerdings festzustellen, dass die jungen Männer offener als ihre Väter und Grossväter sind. «Sie haben mit der Kultur des Schweigens gebrochen, die in Finnland in der Vergangenheit herrschte», sagt Salomäki mit Bezug auf eine Studie aus dem Jahr 2022. «Wenn junge Männer offener sind als früher, wird die Veränderung auch im Bereich der Religion sichtbar.»
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