In Mittelamerika ist die Mehrheit jetzt evangelisch
Die Umfrage «Afiliación, Participación y Prácticas Religiosas» wurde im ersten Halbjahr 2023 vom Marktforschungsinstitut M&R Consultores (Managua) in Nicaragua, Guatemala, Costa Rica, Panama, El Salvador und Honduras durchgeführt. Laut Raúl Obregón von der Beratungsfirma ist es das Ziel des Projekts, die Entwicklung der Religion in Zentralamerika regelmässig und systematisch zu bewerten und zu messen.
Zum Beispiel Nicaragua
Ein repräsentatives Beispiel für die Trendwende, die Missionswissenschaftler wie Samuel Escobar bereits beschrieben haben, ist Nicaragua. Seit 1950 hat die katholische Kirche in diesem Land 60 Prozent ihrer Anhänger verloren, heute bekennt sich nur noch jeder Dritte zu dieser Konfession. Im Jahr 1950 waren 96 Prozent der nicaraguanischen Bevölkerung katholisch, heute sind es noch 34 Prozent. Der Anteil der Nichtkatholiken lag noch vor 40 Jahren bei lediglich 4,2 Prozent und ist bis heute auf 65 Prozent angestiegen.
Generell bezeichnen sich in Zentralamerika heute mehr als die Hälfte derer, die sich nicht mehr als Katholiken bezeichnen, als Protestanten. 18,9 Prozent der Bevölkerung sind «denominationslos».
Stärker bei Gottesdienstbesuch und dem «Zehnten»
Die Ergebnisse der Umfrage von M&R Consultores zeigen, dass evangelikale Christen (42 Prozent) sich stärker an regelmässigen religiösen Aktivitäten und Gottesdiensten beteiligen als Katholiken (21 Prozent). Evangelikale engagieren sich auch mehr im Gebet und Bibellesen (47 Prozent) als Katholiken (25 Prozent).
Ausserdem geben nur 25 Prozent der Katholiken den «Zehnten», während es bei den Evangelikalen 68 Prozent sind.
Unterschiedliche ethische Positionen
Die Umfrage zeigt auch in ethischen Fragen deutliche Unterschiede zwischen Katholiken und Evangelikalen in Zentralamerika auf. So halten 61 Prozent der Katholiken homosexuelle Praktiken für eine «Sünde», während 85 Prozent der Evangelikalen diese Position vertreten. In der Frage des Sex vor der Ehe stimmen 61 Prozent der Evangelikalen der Auffassung zu, dass Mann und Frau vor der Ehe keinen Geschlechtsverkehr haben sollten, während 43,5 Prozent der Katholiken dieser Meinung sind. Was schliesslich die Unauflöslichkeit der Ehe betrifft, sind 40 Prozent der Katholiken der Meinung, dass die Ehe erst mit dem Tod eines Ehepartners enden sollte, gegenüber 59 Prozent der Evangelikalen. Hinsichtlich der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sind 6,6 Prozent der Evangelikalen der Ansicht, dass die Frau frei über ihren Körper entscheiden sollte, gegenüber 8 Prozent der Katholiken.
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