Genug für alle ist möglich – wenn wir es wollen
Eine Welt, in der es genug gibt für alle?! Dass dies keine Utopie sein muss, auch wenn weltweite Armut, steigender Bedarf an Ressourcen und Umweltzerstörung etwas anderes suggerieren, zeigte die 14. StopArmut-Konferenz zum Thema «Genug – Mehr Leben mit Weniger» in verschiedener Hinsicht.
Der Agronom Daniel Bärtschi stellte mit der regenerativen Wirtschaft einen neuen Ansatz vor, der auf das sukzessive Wiederherstellen von Ressourcen ausgerichtet ist. Die Natur sei so eingerichtet, dass sie sich regenerieren kann. Es brauche nur das nötige Verständnis für diese Regulationsmechanismen, um viel zu bewirken, erklärte Bärtschi anhand eines einfachen Beispiels aus Afrika: Weil man die im Boden noch vorhandenen Wurzeln wieder austreiben und daraus Bäume wachsen liess, gab es mehr Regen, weniger Erosion, höhere Ernte und mehr Wertschöpfung. «Die Herausforderung für die Wirtschaft ist es, vom einseitigen Fokus auf Wachstum wegzukommen und die Auswirkungen ihres Handelns auch auf Umwelt und Gesellschaft in die Rechnung einzubeziehen. Immer mehr Firmen – auch Grosskonzerne – sind dazu bereit, weil sie wissen, dass sie von den natürlichen Ressourcen abhängig sind», sagte Daniel Bärtschi.
Von der Selbstbezogenheit zur Beziehung
Der Theologe Thomas Weissenborn erörterte daraufhin die Frage, was Verzicht, Einschränkung oder eben «Genug» aus dem christlichen Glauben bedeutet. Er bezeichnete die Aufforderung zum Verzicht in der heutigen Zeit als weit mehr als nur ein Schwimmen gegen den Strom: «Wir arbeiten gegen einen massiven Widerstand, wenn wir über ein ‹Genug› nachdenken und das auch umsetzen wollen, weil Konsumfragen bei uns Identitätsfragen geworden sind.»
Das Christentum jedoch sehe Identität nicht als Resultat des Konsums, sondern des Zuspruchs der bedingungslosen Liebe Gottes. Statt sie selbst zu entwickeln, erhalten wir Identität von Gott zugesprochen. «In dieser Gewissheit unserer Identität können wir ein ‹Genug› finden.» Zum Schluss seiner Ausführungen forderte Thomas Weissenborn die Zuhörenden entsprechend auf: «Wir müssen einüben, etwas zu sein ohne zu haben, uns an der Welt zu erfreuen ohne zu besitzen, das Leben zu geniessen ohne dafür etwas leisten zu müssen.»
Spannung zwischen Wollen und Handeln
Das Anliegen der StopArmut-Konferenz ist neben Sensibilisierung und Vernetzung immer auch die Anleitung zu konkreten Schritten. So war nach den Referaten Zeit für die persönliche Reflexion im Blick auf das «Genug» im eigenen Leben: Was will ich tun, damit mehr Menschen genug zum Leben haben? Eine Teilnehmerin nahm vom Gehörten Folgendes mit: «Je mehr ich meine Identität in Gott finde, desto einfacher wird es, Genügsamkeit zu leben. Und das gelingt mir, indem ich den Zeiten mit Gott Priorität gebe. Daraus folgt ganz natürlich, dass ich gesättigter bin und weniger brauche.»
Ebenfalls der praktischen Umsetzung dienten die diversen Workshops am Nachmittag, in denen sich die Teilnehmenden unter anderem mit den folgenden Fragen auseinandersetzten: Wie kann Grosszügigkeit zu «mehr Leben» beitragen? Habe ich tatsächlich mehr Zeit, wenn ich Zeit spare? Was brauche ich zwingend in meinem Leben? Aber auch die Auswirkungen unseres Überflusses auf die Länder des Südens oder die Gemeinwohlorientierung von Unternehmen wurden in den Blick genommen.