«Es geht um den Wert des Lebens»
Seit 2014 setzt sich Janina Müller-Heiniger politisch für Sternenkinder ein. Bisher konnte die engagierte EVP-Politikerin initiieren, dass Fehlgeborene in der Schweiz beurkundet werden können und dass im Kanton Bern Bestattungen möglich werden. Doch der Einsatz geht weiter.
Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten
Ab 23. Schwangerschaftswoche besteht das Recht auf einen Mutterschaftsurlaub. Das bedeutet, dass es nach Fehlgeburten nichts gibt. Es war Janinas Anliegen, dies zu ändern. Nachdem sie von einem entsprechenden Engagement in Deutschland erfahren hatte, übernahm sie dieses und startete eine Petition. «Es geht um gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten», beschreibt Janina den Inhalt der Petition und erklärt gleich auch die aktuelle Situation: «Die Mutter hat erst dann ein Anrecht auf Mutterschaftsurlaub, wenn das Kind lebendig geboren wurde oder wenn die Schwangerschaft mindestens 23 Wochen dauerte.»
«Das Problem heute ist, dass es eine starre Grenze gibt», erklärt Janina. Nach vollendeter 23. Schwangerschaftswoche gibt es Anrecht auf den vollständigen 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub. Vorher gibt es gar nichts. «Mein Vorschlag ist, dass von Anfang der Schwangerschaft an ein Mutterschaftsurlaub möglich ist. Es sollte aber nicht von Anfang an der ganze Urlaub sein, sondern mit fortschreitender Schwangerschaft immer mehr.» Das wäre der angestrebte gestaffelte Mutterschutz.
Trauernde Mütter sollten nicht um Freitage kämpfen müssen
Verliert eine Frau ihr Kind in den ersten 23 Wochen, hat sie kein Anrecht auf eine Trauerzeit. Janina weiss von Fällen in der Schweiz, wo eine Frau einen Tag nach Verlust ihres Kindes zur Arbeit gehen musste. Da das ungeborene Kind rechtlich gesehen kein Mensch ist, greift auch die Regelungen für Trauertage nach dem Verlust naher Angehöriger nicht. Der einzige Weg ist, sich von einem Arzt krankschreiben zu lassen.
Eine Schwangerschaft hat auch viel mit Hormonen zu tun und deren Ende bedeutet eine starke körperliche Umstellung. Das kommt für die trauernde Mutter noch dazu. Janina bemängelt, dass Frauen nach dem Verlust eines ungeborenen Kindes hoffen müssen, dass ein Arzt sie krankschreibt.
Bestattungsrecht für fehlgeborene Kinder
Aktuell ist Janina auch dran, ein Bestattungsrecht für fehlgeborene Kinder zu erwirken. Das Thema wurde im Grossen Rat (Kantonsparlament Kanton Bern) bereits diskutiert. «In solchen Debatten kommt die Menschlichkeit zum Vorschein», freut sich Janina über den würdevollen Ton während der Diskussion. «Ich habe noch nie erlebt, dass das Recht, dass ein Fehlgeborenes bestattet werden darf, grundsätzlich bestritten wurde.»
Die Frage um die Bestattung ist nicht einheitlich geregelt. «In einer Gemeinde darf ein fehlgeborenes Kind bestattet werden, in der anderen nicht.» Janina bedauert, dass Eltern, die gerade ihr ungeborenes Kind verloren haben, selbst abklären müssen, ob eine Bestattung möglich ist. Die Regelungen seien von Kanton zu Kanton unterschiedlich und würden teilweise sogar auf kommunaler Ebene gemacht. Der Vorstoss im Kanton Bern war inzwischen erfolgreich. «Hier wurde eine Motion ausarbeitet, welche angenommen wurde. Die gesetzliche Umsetzung steht noch aus.» Die Motion beinhaltet erstens das Recht, dass die Eltern auf deren Wunsch ihre fehl- oder totgeborenen Kinder bestatten dürfen und zweitens das Verbot, das im Mutterleib verstorbene, ungeborene Kind mit dem Abfall zu entsorgen.
Jedes Leben ist wertvoll
«Der Mensch ist wertvoll – auch vor der Geburt. Und der Verlustschmerz ist real.» Seit Jahren engagiert sich Janina für die Würde von Kindern, die ihre eigene Geburt nicht erleben konnten. «Es ist ein hochchristliches Thema, denn es geht um den Wert des Lebens. Es ist ein sympathisches Thema und löst auch nicht allzu hohe Kosten aus.» Es besteht also eine ziemlich grosse Chance, auf dieser Ebene tatsächlich etwas zu bewegen.
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