Ein Kind lehrt Sie Gelassenheit
Es war die 39. Schwangerschaftswoche, Kinderzimmer und Babykleider waren bereit; Sonja und Marco freuten sich auf ihr erstes Kind. «Da begann ich, auf gewisse Lebensmittel zu reagieren: Rohkost, Salat, Tomaten und anderes musste ich gleich wieder erbrechen», erzählt Sonja. Eine Nachbarin riet zum Arztbesuch. So fuhr sie mit Marco nach Chur – nichtsahnend, was kommen würde.
«Noch heute tut es manchmal weh»
Ein Arzt überbrachte die Nachricht, dass ihr Kind nicht mehr lebte. Sonja wollte es nicht wahrhaben: «Erst am nächsten Morgen realisierte ich, dass das Kind wirklich nicht mehr lebte.» Die Geburt wurde eingeleitet und mehr als zwei Tage später wurde Stella still geboren. «Da kamen noch einmal Emotionen hoch», sagt Marco. Es war eine harte Zeit. Zwei Wochen später ging er wieder zur Arbeit, bekennt: «Längere Zeit vergoss ich während des Tages immer wieder Tränen.» Das Trauern sei bis heute nicht ganz abgeschlossen. «Noch heute, sieben Jahre später, tut es manchmal weh.» Sonja und Marco sind kommunikativ und sprachen viel über den Verlust. Das half bei der Verarbeitung und heute sagen sie, dass der Verlust sie als Paar näher zusammengebracht habe.
Erneut schwanger
Neun Monate nach der stillen Geburt von Stella wurde Sonja wieder schwanger. «Wir freuten uns sehr, doch da waren auch Ängste.» Wenn Sonja erbrechen musste, ging sie jeweils schnell zur Kontrolle ins Krankenhaus. Damit sie die 39. Woche nicht durchmachen musste, wurde drei Wochen vor dem errechneten Termin die Geburt eingeleitet. «Das medizinische Personal umsorgte mich sehr gut. Ich fühlte mich bestens aufgehoben.» So kam im Juni 2017 Malea zur Welt und wurde nach wenigen Stunden wegen Unterzuckerung für eine Nacht auf die Intensivstation verlegt. «Es war wieder ein Schockmoment!» Dass ihr das Kind weggenommen wurde, löste bei Sonja Angstgefühle aus. Doch auch jetzt war die Betreuung in der Frauenklinik Fontana gut und bald ging es mit Malea aufwärts.
Trisomie21 und Herzfehler
«Malea gab uns den Glauben ans Gute zurück.» So wünschten sich Schmids bald ein weiteres Kind und ein gutes Jahr später war Sonja wieder schwanger. «Ich spürte das Kind viel weniger als bei den ersten Schwangerschaften. Das löste Ängste aus.» Abgesehen von den Ersttrimestertests und üblichen Ultraschallaufnahmen verzichteten Schmids auf weitere Untersuchungen. «Ein Befund hätte für uns ja keine Konsequenzen gehabt.»
Wenige Stunden nach der Geburt hatte Leilani eine zu tiefe Sauerstoffsättigung und der Verdacht auf Trisomie21 wurde geäussert. Marco erkannte den Ernst der Lage, als mehrere Ärzte und andere Personen das Zimmer betraten. Trisomie21 und ein Herzfehler waren Tatsache. «Leilani wurde in die Isolette gelegt, verkabelt und auf die KIPS verlegt.» Schon wieder ein Schreckensmoment! Dann kam die Angst vor der anstehenden Herzoperation, welche vier Monate später erfolgreich verlief.
«Man wird gelassener»
Leilani könne vielleicht nicht so schnell rennen oder nicht so hoch springen, wie andere Kinder, aber sie könne es, sagt Sonja Schmid im Gespräch mit Hope. «Sie ist ein fröhliches Mädchen. Jedes Kind ist speziell – egal ob mit Trisomie21 oder ohne.» Marco will das Positive im Blick haben und nicht auf Einschränkungen fokussiert sein. Heute geht Leilani in die Spielgruppe und liebt Ausflüge, wie beispielsweise ins Legoland oder in den Zoo. Die Familie verbringt Zeit bei ihrem Wohnwagen am Comersee oder ist anderswo unterwegs. «Wir versuchen mit Leilani zu machen, was wir auch mit Malea tun», betont Sonja. «Oft müssen wir zwar das Tempo anpassen und wenn ihr Kopf nicht will, dann geht nichts mehr. Dann setzt sie sich hin und streikt oder Marco nimmt sie auf die Schultern, wenn es eilt.» Dies alles mache einen auch gelassener, resümieren Schmids. «Ein Kind mit Trisomie21 zeigt uns, dass nicht alles immer perfekt laufen muss.»
Einen Platz für jedes Familienmitglied
In der Familie Schmid haben drei Mädchen ihren Platz. «Für uns gehört auch Stella dazu.» Am 22. Januar gedenkt Familie Schmid ihrem Geburtstag und freut sich, wenn auch Menschen aus ihrem Umfeld an sie denken. Die schmerzvollen und angstgeprägten Momente liegen immer mehr in der Vergangenheit. Malea und Leilani bereichern die Familie – beide auf ihre einzigartige Weise. Leilani sei gerne in Bewegung, ja sie sei «eine kleine Wildsau», sagt Sonja voller Stolz.
Ort zum Austauschen
Kurz nach der Geburt von Leilani kamen Schmids in Kontakt mit dem Verein Insieme21 und trafen dadurch Familien, welche Kinder mit dem Downsyndrom haben. Später wurden sie auch Mitglied vom Verein Hope21. Mit Familien über alltägliche Herausforderungen auszutauschen sei eine Bereicherung. «Wir freuen uns, mit unseren Erfahrungen andere Familien zu ermutigen.»
Über hope21
Der Verein hope21 ist überparteilich und konfessionell neutral. Er vernetzt Eltern, welche die Diagnose Trisomie 21 für ihr Kind erhalten haben, mit Familien, die bereits mit einem Kind mit Extrachromosom leben. Sie kommen aus allen Regionen der Schweiz, bieten Einblick in ihren Alltag und stehen bei Fragen, Sorgen und Ängsten unterstützend zur Seite. Über die Website können interessierte Familien Kontakt mit einer HopeFamily aufnehmen. hope21 koordiniert die Vernetzung und begleitet die Familien im Hintergrund.
Des Weiteren steht hope21 medizinischen Fachpersonen rund um das Thema Diagnoseübermittlung zur Seite. Als sehr hilfreich erwiesen hat sich die Broschüre «Diagnoseübermittlung – die richtigen Worte finden». Sie kann über die Website heruntergeladen oder auch kostenlos bestellt werden.