«Man weiss nicht, wie lange man lebt»
Im ersten Lebensjahr war bei Iwan Meier ein bösartiger Tumor am Steissbein entfernt worden. Jahrzehnte später erlitt er einen gesundheitlichen Rückschlag. «2013, als ich Pastor in Wiedlisbach im Kanton Bern war, kehrte die Krankheit plötzlich zurück. Ich litt in dieser Zeit unter unerklärlichen Rückenschmerzen. Nach einigen Malen Physiotherapie wurde ein MRI gemacht. Der damalige Hausarzt meinte bei der anschliessenden Besprechung: ‹Wir sind zurück auf Feld eins ›. Eine Biopsie zeigte dann, dass es ein gutartiger Tumor und eher ein mechanisches Problem war.»
Versteifter Lendenwirbel
Der Tumor drückte auf die Nerven, im linken Bein hatte Iwan sogar Lähmungserscheinungen. Es folgte eine komplizierte Operation im Inselspital. Der unterste Lendenwirbel wurde mit Schrauben versteift. Die Wundheilung in den ersten Wochen zuhause verlief schlecht. Durch die liebevolle Pflege seiner Ehefrau Carina wuchs sich das nekrotische Gewebe jedoch raus. Die folgenden Jahreskontrollen zeigten, dass eine Schraube nicht komplett im Knochen verlief, sondern auf der anderen Seite des Beckens leicht herausragte. Natürlich habe er sich als Pastor gefragt, weshalb Gott ihn nicht heilen würde, bekennt Iwan Meier offen und sagt: «Meine Gemeinde, die EFG Wiedlisbach, trug mich durch. Was ich an Schwerem erlebte, half mir, die Senioren besser zu verstehen. In der Gemeinde leitete ich zweimal im Monat eine Bibelstunde für rund 15 Senioren, wir ermutigten uns gegenseitig.»
Von Schmerzattacken befreit
Iwan Meier erholte sich. 2015 folgte der Stellenwechsel in die Innerschweiz. Bisweilen kehrten die Schmerzen wieder zurück. So auch an einem grossen Jugendevent, den er mit der Jugendgruppe aus Arth besuchte. Die US-Pastorin Andi Andrew sprach über Heilung und Gebet für Heilung. Wer ein Anliegen hatte, sollte die Hand heben und jene ringsum, die sich frei fühlten, wurden ermutigt für die Betroffenen zu beten. «Ich hob meine Hand und einer unserer Jugendlichen fragte mich: ‹Wofür darf ich beten?› Ich antwortete: ‹Dass ich mich frei fühle und der Schmerz uneingeschränkt vorüber ist.› Er betete im Namen Jesus – ich spürte eine angenehme Wärme im Rücken und die Schmerzen waren sofort verschwunden.»
Von den Ärzten gesund geschrieben
Leider stellten sich im Sommer 2019 erneut Beschwerden ein, diesmal in der Lendengegend und der Hüfte. Iwan erinnert sich: «Ich ging zum Hausarzt, er konnte nichts Ungewöhnliches feststellen. Er tastete die Leiste ab, wo viele Nervenbahnen verlaufen. Ich hatte keinen Leistenbruch, keine Tumormarker im Blut und auch Herz und Lunge waren in Ordnung.» Unterdessen verschwinden die Schmerzen so plötzlich, wie sie gekommen waren. Kurz darauf fand die Abschlussuntersuchung in der Insel statt, mit CT und Besprechung. Offiziell war alles gut und Iwan galt als geheilt. «Ich bin gesund, das beanspruchte ich für mich. Die Abschlussuntersuchungen waren ja gemacht, mein Arzt hatte ebenfalls nichts gefunden und wir hatten um Heilung gebetet. Als Zeichen meines Glaubens und in Vorfreude auf das ‹Jahr der Gesundheit› setzte ich die Franchise bei der Krankenkasse wieder aufs Maximum.»
Plötzlich ist der Tumor zurück
Das neue Jahr war erst wenige Monate alt, als Iwan Meier feststellte, dass sich ein «Högerli» am Rücken vergrössert hatte. Nach einiger Zeit liess er ein CT anfertigen. Es wurde festgestellt, dass nach sieben Jahren wieder eine Veränderung eingetreten war. Noch eilte es nicht – bis auf einem MRI eine zweite Wucherung auf der vorderen Seite des Kreuzbeines sichtbar wurde. Iwan erklärt: «Rund um die Schraubenspitze hatte sich ein Tumor gebildet. Ich hatte Glück, dass die Schraubenspitze nicht die Nervenbahnen verletzt hatte. Der neue Tumor drückte diese nun zusammen.» Bald musste der Pastor erneut starke Schmerzmittel einnehmen und konnte sich immer schlechter konzentrieren. Es folgten zwei schmerzhafte Biopsien des wuchernden Gewebes. «Gott sei Dank wurden keine Spuren von bösartigem Gewebe gefunden!»
Schmerzen nach Weihnachten
Nach Weihnachten 2020 war der Leidensdruck so gross und eine Operation nicht mehr zu umgehen. Der umfangreiche Eingriff im Februar 2021 dauerte fünfeinhalb Stunden. Die Hiobsbotschaft erreichte Iwan übers Handy: Chondrosarkom Grad 1 (doch ein bösartiger, knorpelbildender Krebs). Diese seltene Krebsart reagiert nicht auf Chemo- oder Strahlentherapie. Seither sind alle drei bis vier Monate engmaschige Kontrollen angesagt. Die Untersuchung im Mai zeigte, dass der vordere Teil des Tumors nahezu komplett entfernt wurde, der hintere Teil aber noch vorhanden und ertastbar ist. Eine allfällige Operation müsse gut abgewogen werden, weil Nervenbahnen noch stärker verletzt werden könnten, weiss Iwan. «Meine Frau Carina sagt, dass sie immer zu mir halten werde – wie bereits in den vergangenen 15 Ehejahren.» Solange die Operation hinausgezögert werden könne, bleibe Zeit, um weiterhin für Heilung zu beten.
Zwischen Hoffnung und Vorfreude
«Unter diesen Umständen wird einem bewusst, dass niemand weiss, wie lange er noch lebt», sinniert Iwan. Nach der Diagnose sei er sehr melancholisch gewesen, hätte Todesgedanken gehabt. «Carina öffnete mir die Augen, indem sie sagte, dass auch sie die Erste von uns sein könnte. Sie ist oft längere Strecken mit dem Auto unterwegs zu ihrer zweiten Arbeitsstelle.» Und der Krankheit zum Trotz fügt an: «Wer sagt, dass ich nicht morgen an Herzversagen sterbe? Es geht darum, jeden Tag so zu leben, dass man bereit ist zu gehen. Gott kann das Leben jederzeit zurückfordern.» Iwan spricht über den deutschen YouTuber Philipp Mickenbecker, der im Alter von 25 Jahren an seinem Krebsleiden starb.
«Bei ihm war das Spitalpersonal erstaunt, wie gefasst er dem Tod entgegenging. Das Pflegepersonal sagte, dass selbst Pastoren mit viel mehr Lebenserfahrung als Philipp nicht eine solche Bereitschaft zeigten, loszulassen. Auch wenn er wusste, dass Gott ihn durch ein Wunder jederzeit hätte heilen können, nahm er sein Schicksal aus Gottes Hand an. Damit ist er für mich ein grosses Vorbild geworden.» Weiter reflektiert Iwan: «Ich freue mich nicht auf das Sterben als Prozess, aber sehr wohl auf das Endresultat, für immer bei Jesus zu sein. Da spüre ich eine Sehnsucht. Doch bis dahin bin ich überzeugt, dass Gott weiterhin einen guten Plan mit Carina und mir hat.»
Zu fünft den Atlantik überquert
In den letzten Jahren hätte er mit Carina das Segeln entdeckt, schwärmt Iwan: «Im November 2018 war mein Rücken in Ordnung, ich segelte mit vier Freunden über den Atlantik um ein Schiff zu überführen.» Zu dritt segelten sie zunächst in neun Tagen von Malaga nach Teneriffa. Dort wurde die Crew aufgestockt. Iwan fährt fort: «Bis Teneriffa war es recht stürmisch gewesen. Wir wechselten die Segel, wuschen und trockneten Schlafsack und Kleider, kauften frisches Essen ein und erledigten die notwendigen Formalitäten (ausklarieren). Bereits am nächsten Tag segelten wir wieder los.» Es folgten 22 Tage übers offene Meer, sie sahen Delfine und Schildkröten.
Iwan wird das Abenteuer nie vergessen: «Wir erlebten gute Zeiten, auch durch Stürme und Unwetter. Wir legten als fünf Freunde ab und kamen in der Karibik, in Martinique, als fünf Freunde an.» Inzwischen haben Iwan und Carina den Hochseeschein. Gesundheitlich gesehen durchlief der Pastor schon viele Stürme. Auch im schweren Wellengang erlebte er, dass er sich bei Gott ganz geborgen wissen darf.