Macht Gott Witze?

Zwei Menschen lachen über einen Witz
Christen und Juden beschreiben ihren Gott als allmächtig, Schöpfer, Befreier und Erlöser. Sie nennen ihn barmherzig und gerecht, allwissend und ewig. Als lustig wird er eher selten beschrieben – warum eigentlich?

Ziemlich am Anfang der Bibel wird in der Geschichte vom Turmbau ein faszinierendes Bild gemalt. «Wohlan, lasst uns eine Stadt bauen und einen Turm, dessen Spitze bis an den Himmel reicht, dass wir uns einen Namen machen», verkünden die Menschen (1. Mose, Kapitel 11, Vers 4). Man hört fast die Arbeitskommandos und riecht den Schweiss, denn nun wird gebaut, was das Zeug hält. Der Turm wird immer höher und kratzt vom Gefühl seiner Erbauer bereits an Gottes Thron, da heisst es lakonisch: «Da stieg der Herr herab, um die Stadt und den Turm anzusehen.» (1. Mose, Kapitel 11,Vers 5) Und während die Arbeiter auf der Baustelle sich erst den Staub aus den Kleidern klopfen und sich kurz danach nicht mehr verstehen, hören wir ein Lachen aus dem Himmel. Zu Menschen, die sich schon auf Augenhöhe mit Gott sehen, muss dieser noch weit hinunter.

Humor in der Bibel

Hier und an vielen anderen Stellen in der Bibel wird es lustig, ironisch, wird die biblische Botschaft mit einem Augenzwinkern weitergegeben. Manche Gläubige verkneifen sich allerdings das Lachen oder sie meinen gar, sie hätten sich verlesen und verhört. Ist Gott nicht heilig und gerecht? Wie passen solche lustigen Passagen dazu? Der Pädagoge William T. Orr hält in einem Artikel zu diesem Thema fest: «Die hebräische Bibel ist voll von ihrer besonderen Art von Humor. Es gibt keine Witze in der Bibel, aber eine Fülle von Wortwitz und Humor.» Man findet darin Sarkasmus, Ironie, Wortspiele, humorvolle Bilder sowie lustige Begebenheiten.

Etliches davon ist auch in unseren Übersetzungen verständlich, manches versteht man nur im hebräischen oder griechischen Original. Da die Bibel nicht in erster Linie unterhaltsam sein soll, fragt Orr, warum Humor darin so viel Raum erhält. Seiner Meinung nach ist das so, weil «Humor Gott den Menschen näherbringt». Wenn die Bibel beschreibt, dass Gott in Christus Mensch geworden ist, dann gehört für ihn offensichtlich auch manche augenzwinkernde Bemerkung dazu.

Wer lacht über wen?

Humor war schon immer ein subversives Element. Mit einem Lächeln oder einem Witz kann man Machthaber (auch kirchliche!) leichter infrage stellen als mit offenem Protest. Kein Wunder, dass die Kirche oft die Ernsthaftigkeit des Glaubens betonte. Denn tatsächlich ist das Lachen in der Bibel nicht nur lustig-fröhlich. Als sich scheinbar alle Welt gegen das kleine Israel verschworen hat, hält ein Psalmist voller Hoffnung fest: «Der im Himmel thront, lacht; der Herr spottet über sie.» (Psalm 2, Vers 4) Auch die Menschen der Bibel reagieren manches Mal ironisch oder gar sarkastisch auf Machtansprüche um sie herum. Als der Prophet Elia allein gegen Hunderte von Baalspriestern antritt und sie zum Wettkampf herausfordert, können sie ihren Gott nicht zum Handeln bewegen, also spottet er: «Ruft laut! Denn er ist ja ein Gott; vielleicht denkt er nach oder er ist beiseitegegangen oder ist auf Reisen, oder er schläft vielleicht und wird aufwachen!» (1. Könige, Kapitel 18, Vers 27) Als Hiob verzweifelt und am Boden zerstört ist, besuchen ihn seine Freunde und bombardieren ihn geradezu mit ihren guten Ratschlägen. Sarkastisch antwortet ihnen der Trauernde: «Wahrlich, ihr seid die rechten Leute, und mit euch wird die Weisheit aussterben!» (Hiob, Kapitel 12, Vers 2)

Selbst anklagender Humor hat also seinen Platz in der Bibel – allerdings macht Gott sich nirgendwo über seine Nachfolger lustig. Orr erklärt diese Zusammenhänge folgendermassen: «Sicherlich wird der Gott der hebräischen Bibel am häufigsten als feierliche und ernste Gottheit dargestellt, aber eine der bekanntesten Eigenschaften des jüdischen Volkes ist seine Fähigkeit, über sich selbst zu lachen und Humor einzusetzen, um einige der Leiden zu mildern, die es in seiner langen Geschichte durch die Hand vieler anderer ertragen musste. Es gibt mehr Grund zur Annahme, dass die Autoren der hebräischen Bibel ihre Ansichten über JHWH mit demselben Humor darstellten, der seit Tausenden von Jahren mit ihrer Kultur verbunden ist, als zu glauben, dass dem Gott Israels diese höchst menschliche Eigenschaft fehlen würde.»

Der lachende Jesus

Humor hat im Judentum eine lange Tradition (Livenet berichtete). Darauf weisen auch Hershey und Linda Friedman in ihrer Arbeit «Humor of the Hebrew Bible» hin (Humor in der hebräischen Bibel). Man hört direkt das verschmitzte Lachen, wenn sie aus der Schöpfungserzählung zitieren, dass Eva für Adam «eine Hilfe als sein Gegenüber» sein soll (1. Mose, Kapitel 2, Vers 5). Laut Talmud ist sie entweder das eine oder das andere. Wenn Adam sich richtig verhält, hilft sie ihm, sonst steht sie ihm entgegen.

Humor bringt Gott den Menschen näher. Nicht umsonst haben einige Künstler Bilder von Jesus gemalt, wo dieser Tränen lacht. Ist das entwürdigend? Wohl nicht. Eher ist es ein Blick in Gottes Herz.

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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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