Vergebung nach dem Völkermord

Ruanda: «Und dann kamen die Milizen!»

Denise Uwimana Reinhardt überlebte den Völkermord der Hutu an den Tutsi 1994 in Ruanda wie durch ein Wunder. Heute berichtet sie, wie Gott sie und ihr noch ungeborenes Kind vor dem Tod bewahrte.
Denise Uwimana

Denise Uwimanas erster Ehemann wurde schon 1990 zusammen mit anderen Intellektuellen ins Gefängnis geworfen. Sie sah ihn zum letzten Mal wenige Tage vor dem Völkermord.

Vor dem Ausbruch der Mordwelle an den Tutsi besuchte sie eines Tages ein prophetisch begabter Christ und überbrachte ihr eine göttliche Botschaft: «Du wirst noch viele Probleme bekommen, aber ich will dich beschützen.»

Die Situation wurde danach immer schlimmer. Hutu brachten nicht nur wahllos Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Tutsi um, sondern setzten ihre eigenen Leute unter Druck, ihre Familienangehörigen, Ehegatten und sogar Kinder zu verraten oder selbst zu töten, sofern diese Tutsi waren. Tutsi wurden systematisch aufgespürt und hingemetzelt.

Eines Tages standen sie vor der Tür

Denise Uwimana war damals hoch schwanger. Sie befand sich mit zehn Familienangehörigen und ihren zwei Söhnen im Haus, als die Milizen kamen. «Ich hatte meinen zweitältesten Sohn auf dem Rücken und floh schnell ins Badezimmer. Ich betete: ‚Gott, ich habe mein ganzes Leben mit dir verbracht. Du hast mir verheissen, mich zu beschützen. Jetzt muss ich sterben! – Warum?‘»

Die bewaffneten Männer kamen ins Haus und brachten Denise Uwimanas Angehörige um. Dann brachen sie die Tür des Badezimmers auf, wo sich die junge Frau versteckt hielt. «Aber statt mich zu töten, verlangten sie Geld.

Ich ging ins Schlafzimmer, wo meine Verwandten schwer verletzt auf dem Boden lagen und holte Geld. Einer der Milizen fragte: ‚Warum willst du diese Tutsi-Frau nicht umbringen?‘ Er hob seine Machete und wollte mich umbringen, aber ein anderer hielt ihn fest und sagte: ‚Lass sie, sie ist nicht gefährlich!‘ Dann gingen sie weg.»

Überlebt

Die folgenden Stunden waren schrecklich für Frau Uwimana. Die Milizen konnten jederzeit zurückkommen. Sie gab beide Söhne in die Obhut des Hutu-Hausangestellten und verharrte stundenlang regungslos unter dem Bett, neben ihren sterbenden Verwandten.

In dieser Nacht platzte ihre Fruchtblase. Denise Uwimana konnte sich zur Nachbarin schleppen und dort ihren Sohn zur Welt bringen. Dann versteckte sie sich mit dem Kind im Vorratsraum. Sie liess die Tür halb offen, so dass die Milizen später an der Tür vorbeirannten, ohne jemand darin zu vermuten.

Ein Versprechen

Nach dem Völkermord begann in Ruanda eine neue Zeit der Einheit und Verständigung. Doch Versöhnung muss auf persönlicher Ebene geschehen. Für Denise Uwimana war das kein einfacher Prozess: «Ich habe oft mit Gott gekämpft und ihn gefragt: ‚Warum hast du erlaubt, dass die Tutsi ermordet wurden? Welche Sünde haben sie begangen?‘»

Während des Völkermords gab sie Gott ein Versprechen: «Wenn ich überlebe, werde ich allen Menschen sagen, dass du ein allmächtiger Gott bist, und ich werde Menschen ermutigen, an dich zu glauben.» Dass sie am Leben blieb, während viele gläubige Menschen umkamen, schreibt sie der Liebe und Gnade Gottes zu.

Gott schenkte Kraft zu vergeben

Zwei Jahre später kamen Hutus aus dem Kongo zurück, wohin sie geflohen waren, und baten Denise Uwimana um Hilfe. Gott gab ihr Kraft, versöhnlich zu sein: Sie gab ihnen Kleider mit im Bewusstsein: «Wenn jemand dir etwas Böses tut, sollst du ihm Gutes tun».

Und sie ging noch einen Schritt weiter: Sie lud die Menschen ein, die ihr und ihrer Familie so viel Leid zugefügt hatten. Statt sich an ihnen zu rächen, streckte sie ihnen die Hand hin und sagte: «Ich vergebe euch!» So wurde sie zum Vorbild für viele Menschen, die in ihr Gottes Wirken erkennen konnten.

Heute unterstützt Denise Uwimana ihren jetzigen Ehemann Wolfgang Reinhardt, der sich für Trostdienste für Überlebende des Völkermords in Ruanda einsetzt.

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Mini-Buch zum Thema:
Kerstin Hack: Vergebung – Impulse für ein freies Leben

Datum: 30.11.2011
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Bibel TV/Livenet.ch

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