Nach Tsunami das Dienen gelernt

Riley Kehoe
Riley Kehoe überlebte den verheerenden Tsunami 2004 in Thailand. Inmitten von Angst und Zerstörung fand sie zu einer tieferen Erkenntnis: Wahre Freude liegt im Dienen und darin, anderen in ihrer grössten Not zu helfen.

«Ich wurde in London geboren, wuchs aber auf einer Farm in Neuseeland auf», erinnert sich Riley Kehoe. «Meine Familie hat das Reisen immer als Priorität betrachtet. Als ich fünfzehn war, hatten wir bereits in 25 Ländern gelebt und sie bereist. Wo immer wir landeten, engagierten wir uns in der Missionsarbeit – meine Familie suchte einfach nach Orten oder Menschen, die Liebe und Unterstützung brauchten.»

Diese Erfahrungen haben sie als Kind tief geprägt. «Ein grosser Teil meiner Kindheit bestand darin, anderen zu dienen, und ich erkannte, dass dies die grösste Freude im Leben ist.»

Kein Haus am Strand erhalten

«Als ich zehn Jahre alt war, reiste meine Familie nach Thailand. Mein Grossvater lebte dort; es war ein Land, das meine Familie wegen seiner Missionsarbeit besonders liebte.» Die Familie arbeitete einige Wochen in einem Waisenhaus, das Kinder vor dem Menschenhandel rettete. Danach war ein Urlaub mit weiteren Verwandten geplant.

Riley Kehoe und ihre Familie kamen einen Tag vor Weihnachten an. «Wir hatten Bungalows direkt am Strand gebucht, aber durch eine Verwechslung bekamen wir stattdessen eine Betonwohnung im obersten Stock mitten auf der Insel.»

An den Weihnachtstag erinnert sie sich noch genau. Sie war überglücklich. «Ich bekam rote Pyjamas mit Zuckerstangenmuster und aß viel zu viel Schokolade.»

Unbeschwerter Morgen

Am Morgen nach Weihnachten schlief sie tief und fest, als plötzlich ihr Bett zu wackeln begann. Mutter beruhigte sie: «Das ist nur ein Erdbeben, mein Schatz, mach dir keine Sorgen.» Kaum hatte sie das gesagt, hörte das Wackeln auf.

An der Rezeption versicherte man ihr, es sei nur ein einmaliges, harmloses Erdbeben gewesen. «Wir haben gefrühstückt und sind dann zu einer nahe gelegenen Insel namens Egg Island gefahren. Es war eine kleine Sandbank mit Palmen in der Mitte, umgeben von zwei grossen Klippen. Meine Schwestern und ich haben am Strand Sandburgen gebaut. Aber dann mussten wir zurück in unsere Wohnung, denn meine Eltern hatten eine Klettertour gebucht.»

Die Flut kommt

Die Familie hatte fast die Wohnungstür erreicht, als sich das Paradies plötzlich in eine Szenerie des Grauens verwandelte. «Die Tiere der Insel, Affen, wilde Hunde, Vögel, wurden unruhig. Die Hunde jaulten und rannten in die Büsche, die Vögel flogen in Panik davon. Dann wurde es still. Eine unnatürliche Stille. Das Einzige, was zu hören war, waren menschliche Stimmen.»

Diese verwandelten sich plötzlich in Schreie. Das Wasser am Strand war verschwunden, es hatte sich so schnell zurückgezogen, dass die Fische am Strand wild umher zappelten. Eine dünne weisse Linie erschien am Horizont. «Ich sah eine Szene, die ich nie vergessen werde. Ein Mann war mit seinem Boot unterwegs. Als er merkte, dass er es nicht mehr rechtzeitig auf höher gelegenes Land schaffen würde, drehte er um und versuchte, mit seinem Boot zu entkommen. Doch die dünne weisse Linie am Horizont war nun eine 15 Meter hohe Tsunami-Welle. Sie traf ihn mit voller Wucht. Sein Boot und sein Körper wurden in tausend Stücke gerissen.»

Furchtbarer Sturm, knappe Flucht

Ihre Mutter sah sie an und rief: «Riley, der Ziegenpfad!» Riley Kehoe erinnert sich: «Wir rannten dorthin. Überall um uns herum Panik, Schreie, die Erde bebte. Mein Herz raste, ich war wie gelähmt vor Angst.»

Sie schafften es gerade so hoch, dass der Tsunami sie nicht erreichen konnte. Sechs Stunden blieb die Familie auf dem Hügel. «An diesem Tag trafen drei Tsunami-Wellen auf die Küste.» Als die Lage wieder sicher war, verliess die Familie den Hügel. «Was wir sahen, werde ich nie vergessen. Überall lagen Leichen. Menschen, denen Gliedmassen fehlten. Völlig zerstörte Gebäude.»

«Ich werde nie mehr dieselbe sein!»

Sie hatte keine Ahnung, wo ihr Grossvater, ihre Tanten oder Cousins waren. «Einmal lief ich auf eine Leiche zu, weil ich dachte, es sei mein Cousin, aber es war jemand anderes. Als wir zu unserer Wohnung zurückkamen, stand sie noch. Fast alle anderen Häuser auf der Insel waren zerstört. Und dort, unter den wenigen Überlebenden, waren plötzlich alle Mitglieder meiner Familie. Alle hatten überlebt.»

Sie stieg unter die Dusche, zog den rot-weiss gestreiften Pyjama an, den sie in der Nacht zuvor getragen hatte, und wusste: «Ich werde nie mehr dieselbe sein.»
Der Tsunami vom 26. Dezember 2004 hat 230’000 Menschen das Leben gekostet.

Denen helfen, die alles verloren haben

«Eine Woche lang blieben meine Eltern, meine Schwestern und ich auf der Insel. Jeden Tag sah ich, wie meine Eltern uns einen Abschiedskuss gaben und hinausgingen, um zu helfen.» Sie verstand nicht, warum sie nicht nach Neuseeland flohen.

Ihre Mutter sagte: «Mädchen, wir bleiben hier. Wir müssen den Mut haben, uns um andere zu kümmern. Diese Menschen haben alles verloren.» Die Familie hatte nun selbst kaum Essen und Wasser und lebte von ein paar Handvoll Reis. «Meine Eltern haben Leichen geborgen, Trümmer weggeräumt und geholfen, wo sie konnten. Sie haben uns gezeigt: In Zeiten der Not kann man den Mut haben, für andere da zu sein.»

Mit dem Trauma eines Unglücks umgehen

Nach dem Tsunami litt Riley Kehoe monatelang unter schrecklichen Albträumen. «Meine Mutter sagte mir, ich solle immer wieder diesen Vers wiederholen: ‘Der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren.’ Ich wiederholte ihn so oft, bis er in meinem Geist fest verankert war.»

Diese Erfahrung habe sie tief geprägt. «Ich möchte allen Mut machen: Es gibt Hoffnung. Jesus wird dich erlösen, er ist bei dir in deinem Schmerz. Er wird dich nie verlassen. Mein Freund, halte an der Hoffnung fest, und diese Hoffnung hat einen Namen: Jesus.»

Zum Thema:
Mit dem Schöpfer unterwegs sein: Verbringe Zeit mit Gott und finde die Freude, die dir fehlt
Humanitäres Chaos: Indonesien: 34 Kinder in christlichem Kinderlager vom Tsunami getötet
Gemeindekultur prägen: Wie man zum Segen für den anderen wird

Autor: Jesus Calling / Daniel Gerber
Quelle: Jesus Calling / gekürzte Übersetzung: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung