Vom Kriegsgefangenen zum Friedensbotschafter

Beispielbild von einem Gefangenenlager
Basil Scott überlebte als Kind drei Jahre in einem japanischen Kriegsgefangenenlager. Statt von Hass getrieben zu sein, folgte er später einem göttlichen Ruf: Er kehrte nach Asien zurück, um Versöhnung und Frieden zu verkünden.

Am 15. August 1945, dem Tag der Befreiung, war Basil Scott elf Jahre alt. Doch die Erinnerungen an diesen Tag sind in seinem Gedächtnis bis heute lebendig. «Ich kann es noch genau vor mir sehen», erinnert er sich.

Amerikanische Flugzeuge warfen 40 Kilogramm schwere Fässer mit Lebensmitteln über dem japanischen Gefangenenlager ab, in dem er und viele andere seit drei Jahren Hunger und Entbehrungen litten. «Aprikosen und Birnen in Dosen», erinnert sich der heute 90-jährige Basil Scott. «Noch nie haben Früchte so süss geschmeckt – und die Hoffnung, die sich an diesem Tag erfüllte.»

In Gefangenschaft geraten

Basil Scott war 1936 im Alter von zwei Jahren als Sohn britischer Missionare nach Asien gekommen. Er wuchs in den wunderschönen Innenhöfen von Lanzhong in Westchina auf. In Kriegsgefangenschaft geriet er, als sein Internat 1942 unter japanische Herrschaft geriet.

Die drei Jahre im Lager beschreibt Scott als «schrecklich», bereut sie aber nicht. Getrennt von seinen Eltern musste er mit ansehen, wie japanische Soldaten die chinesische Bevölkerung misshandelten. «Diese Bilder verfolgen mich bis heute.»

Er betont aber auch, dass der Krieg ihn geformt habe. «Der Krieg hat mich gelehrt, dass Hoffnung die Kraft hat, Leben zu schenken. Wer die Hoffnung verliert, verliert auch die Liebe und den Glauben.»

Der Ruf zurück nach Asien

Basil Scott als junger Mann und heute

Nach der Befreiung aus dem Lager kehrte Scott 1945 nach Grossbritannien zurück. Während seines Theologiestudiums in Cambridge suchte er nach einem persönlichen Ruf in den vollzeitlichen Dienst.

Diesen erhielt er im Alter von 21 Jahren, als er während einer Predigt von Billy Graham erkannte, dass er sich der Mission widmen sollte. «Das war der beste Tag meines Lebens», sagt er.

Basil Scotts tiefe Verbundenheit mit den Wunden zwischen Japan und China hat seine Rückkehr nach Asien zu einer Mission der Versöhnung gemacht. «Versöhnung steht nicht am Rande des Evangeliums, sondern im Zentrum», betont er. Jesus selbst sei in einer Versöhnungsmission in die Welt gekommen.

Die Kraft der Versöhnung

Mehr als zwanzig Jahre nach Kriegsende begegnete Scott Minoru Kasai, einem japanischen Christen, der seine Überzeugungen herausforderte. «Ich dachte, ich hätte den Japanern vergeben», erzählt Scott.

Doch erst als er und Minoru versuchten, gemeinsam zu beten, erkannte er, dass nur Christus in der Lage war, sie zu vereinen. «Erst als ich in der Lage war, die Vergangenheit hinter mir zu lassen und tief in seine Seele zu schauen, konnten wir uns von Herz zu Herz begegnen. Es war einer der kraftvollsten Momente der Einheit, die ich je erlebt habe.»

Diese Begegnung verankerte Scotts Überzeugung, dass jeder Auftrag mit Gebet beginnt und endet. Nur durch ein tiefes Verständnis und eine echte Verbindung können Christen ihre Berufung leben.

«Alle sind nach Gottes Ebenbild geschaffen»

Trotz einer schwierigen Kindheit verbrachte Scott, der heute in Leicestershire lebt, viele Berufsjahre in Asien, um Frieden und Hoffnung zu verbreiten. Eine Hüftoperation im Jahr 2024 erinnerte ihn an die Narben der Vergangenheit. Während seiner Genesung erlebte er die Demut seiner indischen Pfleger, die ihn in seiner Verletzlichkeit aufopferungsvoll unterstützten. «Ihr Dienst hat mir neuen Glauben an die Menschlichkeit geschenkt», sagt er dankbar.

Mit Blick auf den bevorstehenden 80. Jahrestag des VJ-Day (Victory over Japan Day) am 9. September 2025, der in weniger als einem Jahr wartet, reflektiert Basil Scott über sein privilegiertes Leben in der Mission: «Mission bedeutet, Christus zu repräsentieren und ihn zu Menschen zu bringen, die eine völlig andere Perspektive haben», erklärt er. «Jeder Mensch ist nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, und ohne Liebe und Verständnis für andere können wir unsere Berufung nicht erfüllen.»

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Autor: Jo Lamb / Daniel Gerber
Quelle: Premier / gekürzte Übersetzung: Jesus.ch

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