Eine Chirurgin lässt sich von Gottes Wort begleiten
Die Dänin Tine Engberg Damsgaard ist studierte Ärztin und arbeitet als Professorin für Plastische Chirurgie. Sie leitet verschiedene Forschungsprojekte, die sich mit wiederherstellenden Operationen nach Brustkrebs beschäftigen. Ihre Arbeitsorte befinden sich in Vejle (Jütland) und Odense (Seeland), eine Autostunde voneinander entfernt, und regelmässig besucht sie auch andere Orte in Dänemark. Das heisst, dass sie viel Zeit im Auto verbringt, und oft nutzt sie die Zeit, um einen Abschnitt aus der Bibelübersetzung der dänischen Bibelgesellschaft als Hörbuch zu hören.
Bergpredigt und Menschenwürde
«Besonders wichtig ist mir die Bergpredigt. Ich finde, Jesus zeigt uns damit Leitlinien für das ganze Leben auf. Es geht darin nicht nur um unser Privatleben, sondern auch um unsere Gesellschaft und unser Verhältnis zu anderen Menschen. Als Ärztin, als Christin und als Mensch will ich anderen Menschen auf Augenhöhe begegnen – sie haben dieselbe Würde und denselben Wert, ganz egal, welcher Glaubensrichtung der andere angehört oder ob er auch überhaupt nichts glaubt», sagt sie.
Aufgewachsen ist Tine Engberg Damsgaard in der Nähe von Randers (Jütland), wo ihre Eltern sich in der Pfingstgemeinde engagierten. Tine und ihre beiden Schwestern wurden als Kinder immer in die Gemeinde mitgenommen. Als sie älter wurden, kamen sie oft mit zu den Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen, auch wenn es ihnen freigestellt wurde, zu Hause zu bleiben, wenn das ihnen lieber war.
«Mein Verhältnis zur Bibel hat sich weiterentwickelt, weil ich im Lauf der Zeit immer mehr gelernt und verstanden habe. Im Grunde aber sind die Bibel und der Glauben immer ein wichtiger Teil meines Lebens gewesen. An den meisten Tagen lese ich abends in der Bibel. Für mich ist die Bibel ein erzählendes Buch mit einer historischen Dimension – aber gleichzeitig auch ein Buch, dessen Worte Gott benutzt, um mithilfe des Heiligen Geistes mit uns zu reden», erklärt sie.
Psalmen als Lebensbegleiter
Als Teenager nahm Tine Engberg Damsgaard an den Jugendstunden ihrer Gemeinde teil und lernte die Bibel und die unterschiedlichen Bücher darin intensiv kennen. Im Lauf der Zeit lernte sie besonders die Psalmen im Alten Testament zu schätzen. Vor allem Psalm 23 hat ihr seit jeher viel bedeutet. «Hier wird ein ganzes Leben mit allen Höhen und Tiefen geschildert. Das heisst, dass ich in jeder Lebenssituation Trost, Zuspruch und Rat darin finden kann», sagt sie.
Darüber hinaus hat Psalm 90 für sie eine ganz besondere Bedeutung, denn der Pastor der Pfingstgemeinde, der sie und ihren Mann traute, hatte ihn als Text für die Traupredigt ausgewählt. Ein Vers lautet: «Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz» (Psalm Kapitel 90, Vers 12). An diesen Vers hält sie sich, weil er ihr sagt, dass jeder einzelne Tag ein Geschenk Gottes ist, den sie so gut wie möglich ausfüllen und nutzen soll. Darüber hinaus hat er noch eine besondere Bedeutung für sie und ihre Ehe, weil ihr Mann dreizehn Jahre älter ist als sie.
Inspiration von anderen Kirchen
Tina Engberg Damsgaard und ihr Mann gehen in die Citykirche in Aarhus, eine Freikirche, die durch die Fusion der Pfingstgemeinde und der Apostolischen Kirche in Aarhus entstand. Sie legt Wert auf die freikirchliche Atmosphäre, wo Lobpreismusik eine wichtige Rolle spielt und die Predigten nicht an einer bestimmten Textfolge entlanggehen, sondern thematisch ausgerichtet sind. Im Lauf ihres Lebens hat sie sich jedoch auch von anderen christlichen Gemeinschaften und deren Zugang zur Bibel inspirieren lassen.
Als Teenager besuchte sie zusammen mit ihren Klassenkameraden den Konfirmationsunterricht der Volkskirche. Hier fand sie es besonders spannend, einige Choräle aus dem dänischen Gesangbuch besser kennenzulernen. Sie wurde dann nicht konfirmiert, weil in der Pfingstgemeinde in diesem Alter eine Segnung üblich ist. Dennoch war sie froh, am Konfirmationsunterricht teilgenommen zu haben, weil sie merkte, dass sie sich in der Bibel besser auskannte als die meisten anderen Gleichaltrigen, und ausserdem entdeckte, dass sie viel Neues gelernt hatte. Das galt auch für ihre Gymnasialzeit, wo sie einen Katholiken in ihrer Klasse kennenlernte und mit ihm zusammen die Messe besuchte.
«Die Bibel haben ja alle Christen gemeinsam, und das ist für mich immer das Wichtigste gewesen, viel wichtiger noch als die Unterschiede. Die Einsichten, die ich in der Bibel finde, haben darüber hinaus mit allen Menschen zu tun, egal ob sie Christen sind oder nicht», sagt sie.
«Die Bibel gibt mir immer etwas»
Auch wenn Tine Engberg Damsgaard die Bibel meistens digital liest oder als Hörbuch hört, greift sie hin und wieder zu ihrer alten Bibel, die sie seit ihrer Jugendzeit besitzt – mit lauter roten Buntstiftunterstreichungen versehen.
«Natürlich habe ich mich als Mensch weiterentwickelt, aber mein Verhältnis zur Bibel hat sich kaum verändert. Und ich meine, ich habe noch nie erlebt, dass die Bibel mir überhaupt nichts gibt. Ich glaube nicht so recht daran, dass man die Bibel aufs Geratewohl einfach irgendwo aufschlagen kann und dann auf den Bibelvers stösst, der mir eine konkrete Antwort gibt. Aber ich glaube daran, dass Gott mit Hilfe des Heiligen Geistes zu uns sprechen kann durch das, was wir gelesen und erfahren haben», sagt sie.
Sensibilisiert für das, was man nicht so schnell entdeckt
Auf der Arbeit hat sie schon einige Male erlebt, dass eine Kombination von Berufserfahrung und Intuition – oder auch einem Impuls, den sie dem Heiligen Geist zuschreibt – sie zum Beispiel veranlasst hat, einen Patienten zu einer zusätzlichen Untersuchung zu schicken. Schon mehrere Male ist es passiert, dass dabei eine lebensbedrohliche Krankheit erkannt wurde.
«Ich kann natürlich nicht mit Sicherheit sagen, ob ich genauso reagiert hätte, wenn ich nicht Christin gewesen wäre und keine Beziehung zu Gott und Bibel gehabt hätte. Aber ich merke: In der Bibel zu lesen und Gott damit näher zu kommen, das schärft mir den Blick und sensibilisiert mich für gewisse Dinge im Alltag, auf die ich sonst nicht geachtet hätte.»
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