Löwenmut im Gegenwind

Der Nationalrat Marc Jost war zu Gast im Löwen-Corner
Marc Jost ist nun seit eineinhalb Jahren im Nationalrat. Er vertritt Positionen, die Gegenwind auslösen können. Im Löwen-Corner berichtet er von Situationen, in denen er Mut aufbringen muss.

In den säkularen Medien wird immer wieder hervorgehoben, dass Marc Jost die LGBTQ+-Community nicht unterstützt, obwohl sein Vater homosexuell ist. So steht er oft in der Kritik. Sich zu solch prekären Themen zu äussern, ist für Marc Jost praktisch zum Alltag geworden. Sein Ziel: «Ich will meine Position so vermitteln, dass sich Menschen nicht vor den Kopf gestossen – oder verletzt – fühlen. Vielmehr sollen sie meine Position nachvollziehen können und sich dadurch neue Gedanken machen.» 

Weg zum Mut 

«Für eine Person, die nicht täglich vor Menschen reden muss, ist es eine grössere Herausforderung, dies zu machen», erzählt der Nationalrat im Gespräch mit Flo Wüthrich. Er sei mittlerweile routiniert im Mitteilen seiner Meinung, auch wenn er diese fundiert und detailreich darstellen muss.

Sein Werdegang unterstützte ihn in dieser Routine. Als Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz, Botschafter von Public Affairs, wie auch in den vorigen politischen Engagements wurde er bereits öffentlich exponiert – jedoch nie im jetzigen Ausmass als Nationalrat. «Man wird nicht von null auf hundert Nationalrat, man wächst da rein», erklärt er ergänzend.  

Politischer Mut 

«Es braucht keinen Mut, vor die Bevölkerung zu stehen und eine Meinung zu vertreten, die im Trend ist und bei der man die satte Mehrheit hinter sich weiss», so Marc Jost. Er weiss, wie es ist, eine Meinung zu vertreten, die die Mehrheit der Schweiz nicht so sieht und grosse Kritik bringt. Doch für ihn ist es wichtig, Mut in Themen zu beweisen, die von der aktuellen Norm abweichen. 

Medialer Rummel um Nemo 

Genau diesen Mut bewies er mit seinem Kommentar bei Blick über Nemo, den ESC-Sieger dieses Jahres. Nemo identifiziert sich als non-binär und weist sich somit keinem biologischen Geschlecht zu. Die Anfrage zu diesem Kommentar sei sehr kurzfristig und während einer längeren Kommissionssitzung gekommen. Jost hatte gerade mal eine Stunde in der Mittagspause, um ihn zu verfassen. Nach kurzem Reflektieren, ob er überhaupt etwas zu sagen habe zu dem Thema und dem in der kurzen Zeit gerecht werden könne, entschloss er sich, den Kommentar zu schreiben. Weil er bereits Vorwissen zu dieser Thematik hatte, fühlte er sich vorbereitet genug, seine Meinung dazu öffentlich und mutig zu präsentieren.  

Die vierte Macht der Schweiz 

Viele Politikerinnen und Politiker sind auf Kriegsfuss mit den Medien. Ganz anders scheint es bei Marc Jost. Auf Florians Frage, warum das so sei, antwortet er: «Ich lerne den Journalismus immer mehr zu schätzen.» Dabei benennt er zwei wesentliche Punkte: Die Medien können oft komplexe Themen herunterbrechen, damit jeder – darunter auch Politiker – sie verstehen, und Journalisten bleiben hartnäckig auf wichtigen Themen sitzen, die zu nötigen Untersuchungen führen können. «Ich schätze den Journalismus, auch wenn er oft mit Spannungen verbunden ist», reflektiert er. Die Schweizer Bevölkerung solle sich jedoch bei kontroversen Themen ein breiteres Bild verschaffen und mehrere Quellen lesen. Dies komme momentan mehrheitlich zu kurz. 

Ethisch fundiert 

Marc Jost bekennt sich öffentlich zum christlichen Glauben und geht mit seiner Familie in eine Freikirche. Diese christlichen Werte sind ihm wichtig: «Ich sehe mich weniger als ein Lobbyist. Ich sehe mich als eine Person, die auf der Basis vom Evangelium eine Ethik und Gesellschaftsregeln entwickelt, die für alle gut sind. Meist sind diese christlichen Werte auch gut vermittelbar!»  

Dabei sei es wichtig, in einem Menschen in erster Linie Gottes Würde zu sehen: «Die Würde eines Menschen ist unantastbar. Unser Schöpfer hat jedem von dieser Würde gegeben und das ist die Regel Nummer eins! Das im Hinterkopf zu halten für unsere Gesetzgebung, ist mir eine Hilfe.» 

Privat hilft mit 

Es braucht aber als Politiker nicht nur Mut für ihn, sondern auch für seine Familie und seine Frau. Der vierfache Vater legt Wert darauf, Situationen auch mal am Familientisch zu besprechen und Rücksicht auf das Ergebnis solcher Diskussionen zu nehmen. Bei intensiveren Geschehnissen – die es bisher nicht oft gab – wird gemeinsam die Situation aufgearbeitet. Es sei ihm wichtig, gut zu planen, Prioritäten richtig zu setzen und dabei verantwortlich mit den eigenen Kräften umzugehen: «Ich bin gut unterwegs mit meinem Zeitmanagement und auch gesundheitlich!» 

Mut zum Mut 

Zum Schluss richtet er seine Botschaft direkt an die Talk-Zuschauer: «Wenn eine Grenze erreicht ist, die man mit dem eigenen Gewissen nicht mehr vereinbaren kann, sollte man genau dieser nachgehen. Dazu will ich euch Mut machen!» Ihm helfe auch der Vergleich mit anderen Ländern, die weitaus schärfere Massnahmen auf eine kritische Meinungsäusserung haben, als es in unserem Rechtsstaat gibt: «Ich habe in der Schweiz eine feudale Position mit einem Rechtsstaat, der mir die Sicherheit gibt, mich frei zu äussern. Und so will ich es auch tun!» 

Sehen Sie sich das Gespräch mit Marc Jost an:

 

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Autor: Debira Murri
Quelle: Livenet

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