«Ich spüre, dass Gott mir nahe ist...»

Guy Parmelin ist Landwirt, Winzer und seit 2015 auch Bundesrat.
Seit 2015 sitzt der Waadtländer Guy Parmelin für die SVP im Bundesrat. Im Gespräch mit Redaktor Markus Hänni äussert der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) Gedanken zu Hoffnung und Kraftquellen.

Die Universität St. Gallen erhebt jährlich einen Hoffnungsbarometer. Die Erkenntnisse für dieses Jahr zeigen, dass junge Menschen im Vergleich zum letzten Jahr unzufriedener und hoffnungsloser sind und sich emotional und sozial weniger wohlfühlen. Nehmen Sie diese Entwicklung wahr?
Guy Parmelin: Ja und nein. Die Kriege in Europa, im Nahen Osten oder andernorts hinterlassen ihre Spuren. Allerdings erlebe ich auch viele Jugendliche, die trotz allem sehr hoffnungsvoll und motiviert sind. Sie haben Pläne und geniessen immer noch das Leben, soweit dies unter diesen Umständen möglich ist.

Ihre Amtskollegin Viola Amherd sagte in der Hope Schweiz 2023, sie schöpfe Hoffnung, wenn sie sehe, dass Menschen sich gegenseitig unterstützen und solidarisch seien. Was gibt Ihnen Hoffnung im Leben?
Ich bin von Natur aus ein Optimist. Ich lebe ganz nach einem Zitat, welches dem Reformator Martin Luther zugeschrieben wird: «Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen». Diese Haltung entspricht meiner. Ich gebe die Hoffnung nie auf!

Was tun Sie als Bundesrat, um der Bevölkerung Hoffnung zu geben?
Ich arbeite jeden Tag, um Verbesserungen für unsere Gesellschaft und unser Land zu erreichen.

Die Verfassung wird von der Präambel eingeleitet, die mit dem Gottesbezug «Im Namen Gottes des Allmächtigen» beginnt. Im Parlament gab es Bestrebungen, diesen Passus aus der Verfassung zu streichen, weil er nicht mehr zeitgemäss sei. Wie stehen Sie zu diesem Gottesbezug?
Wir sind ein christliches Land mit einer christlichen Tradition. Diese sollten wir aufrechterhalten. Für mich kommt dies mit der Präambel bestens zum Ausdruck.

Auch die folgende Frage gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen: Herr Bundesrat, brauchen wir eine neue Nationalhymne?
Nein, das brauchen wir nicht. Diese historische Hymne passt gut zu unserem Land. Ich freue mich, wenn an einem Fussballmatch alte und auch jüngere Personen stolz diese Hymne singen. Dann bekomme ich fast immer Hühnerhaut.

Was empfinden Sie, wenn die Menschen mit Inbrunst «Betet, freie Schweizer, betet ...» singen?
Eine sehr schöne Hymne! Ich hoffe einfach, dass die Menschen vom Beten nicht nur singen...

Brauchen wir den Glauben an Gott überhaupt noch? Könnten der Glaube an den Fortschritt und die Globalisierung nicht genügen?
Interessante Frage! Die Antwort fällt mir nicht leicht. Der Fortschritt und die Globalisierung sind offenkundig, und sie sind nicht vom Teufel. Wenn wir Güter aus Entwicklungsländern importieren, helfen wir auch den dortigen Bauern und Arbeitern. Man kann bestimmt an beides glauben: an Gott und an die Globalisierung.

Weshalb glauben Sie in einer weitgehend gottlosen Gesellschaft noch an Gott?
Das kann ich nicht erklären. Das ist seit jeher meine persönliche Überzeugung. Ich spüre, dass Gott mir nahe ist, wenn ich mit meinen Anliegen und Problemen zu ihm komme. Ob er mich immer hört, weiss ich nicht.

Haben Sie manchmal den Eindruck, Gott höre Sie nicht?
Ich denke, Gott ist nicht so, dass ich alle fünf Tage einmal mit einer Bitte kommen und meinen kann, er solle mich gleich erhören. Er ist kein Automat. Es geht um eine ständige Verbundenheit mit ihm. Es macht mich ruhiger, wenn ich weiss, dass er immer hier ist und ich immer zu ihm kommen kann.

Woher nehmen Sie die Kraft, um Ihren vollen Terminkalender zu bewältigen?
Am meisten Kraft gibt mir meine Familie, mit der ich mich eng verbunden fühle. Dann ist sicher auch genügend Schlaf sehr wichtig. Ich gehe am Abend relativ früh schlafen, stehe aber als ehemaliger Landwirt auch jetzt noch jeden Morgen früh auf. Die gewohnten Abläufe machen mich stark und geben mir die Möglichkeit, tatkräftig und mit Weitsicht zu handeln.

Für viele Menschen bietet der Sport eine willkommene Abwechslung zum Alltag. In diesem Jahr findet die Fussball-EM statt. Werden Sie sich die Spiele der Schweizer Nationalmannschaft anschauen?
Als ehemaliger Spieler und Schiedsrichter bin ich ein grosser Fussballfan. In diesem Jahr wird es mir voraussichtlich nicht möglich sein, persönlich nach Deutschland zu reisen. Die Agenda ist bereits mit anderen Verpflichtungen gefüllt. Ich werde mir die Spiele aber am TV anschauen oder dann später die Zusammenfassungen davon.

Apropos Abwechslung und Genuss: Sie sind Winzer und bauten selbst Chasselas-Trauben an. Bitte verraten Sie uns Ihren ganz persönlichen Weintipp!
Es gibt so viele ausgezeichnete Schweizer Weine! Das Wichtigste für mich: Der Wein muss zur Stimmung oder dem Essen passen. Zum Beispiel ein Chasselas aus Vinzel ist immer top!

«Daran halte ich mich: Gott ist da» lautete der Titel eines Interviews mit Bundesrat Guy Parmelin. Das christliche wöchentliche Nachrichtenmagazin Idea Schweiz hatte ihn 2020 ausführlich zu diversen Themen befragt. Im aktuellen Interview finden sich auch Fragen und Antworten aus jener Ausgabe. Wir empfehlen Ihnen die vollständige Lektüre des Idea-Interviews gern.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Hope Schweiz Nr. 2.

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Autor: Markus Hänni
Quelle: Hope Schweiz Nr. 2

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