Was bedeutet Hoffnung ganz praktisch?

Michael Herbst
Gott gibt Verheissungen und er hält Wort. Die Geschichte von Abraham und Sara lehrt uns genau das. Gedanken dazu von Dr. Michael Herbst, ein Teil seines Vortrags vom Willow Creek Kongress im Frühjahr.

Die Geschichte von Abraham und Sara ist für mich eine Geschichte, die zeigt, dass Gott Wort hält und dass er die Hoffnung, die er uns gibt, nicht vergisst.

Nix, hätte er wohl geantwortet!! Er war ein Mann, der sich diese Frage schon lange nicht mehr stellte. Er war alt. «Hoffen und harren macht manchen zum Narren.» Das kann er gut nachvollziehen. Er hatte schon so viele Hoffnungen begraben. Wieder und wieder gehofft. Vergeblich! Er und seine Frau. Beide. Ihr Haltbarkeitsdatum war längst abgelaufen. Sie waren im Wartesaal des Todes angekommen. Dabei waren sie durchaus erfolgreich gewesen. Wohlhabend. In der Welt herumgekommen. Sie waren gut zueinander. Vieles war super gelaufen. Nur das eine nicht. Sie hatten niemals ein Kind bekommen. Sie hatten es wieder und wieder versucht. Aufs Neue gehofft, immer wieder enttäuscht. Bis auch dafür die Zeit abgelaufen war. Wie bei so vielen, die vergeblich hoffen. Und jetzt gab es nichts mehr zu hoffen. Nur noch warten. Warten, bis es vorbei ist.

In dieser Stimmung trifft Gott sie an, Abraham und Sara. Als Abraham denkt, seine Zeit sei abgelaufen, ruft Gott ihn und sagt: Zieh noch einmal los, Abraham, brich hier deine Zelte ab und lass alles hinter dir. Ein neues Land werde ich dir zeigen. Gutes Land. Ein Land, das ich dir schenken werde. Bis dahin dachte Abraham, da kommt nichts mehr. Aber es ist nicht vorbei, bevor Gott sagt, dass es vorbei ist. Abraham will widersprechen: Für mich alten Sack? Bei uns sind doch alle Messen gesungen. Aber Gott ist schon einen Schritt weiter: Du und Sara, ihr werdet ein Kind bekommen, und euer Kind wird erst der Anfang sein – für ein grosses Volk. Und dieses Volk werde ich reich beschenken. Und auch das wird erst der Anfang sein. Denn: Was hier anfängt, soll allen Völkern zugutekommen. Du denkst, du wärst am Ende? Ich fange gerade erst an mit dir. Und wenn ich fertig bin, dann wird die Welt eine andere sein, eine bessere, eine heilere, eine, in der alles wieder an seinen Platz kommt, wo die Menschen mir vertrauen und gehorchen, wo sie einander lieben, Gutes erfahren, die Schöpfung wie einen Garten pflegen. Abraham, es ist eine dunkle Zeit, aber mit dir und deiner Sara fange ich jetzt noch einmal ganz von vorne an (vgl. 1. Mose Kapitel 11, Vers 30; Kapitel 12, Verse 1–9).

Nichts als ein Versprechen

Es heisst, dass Abraham und Sara tatsächlich losgezogen sind. Sie haben ihre Zelte abgebrochen und haben sich auf den Weg gemacht. Hätten wir sie gefragt, wohin, hätten sie gesagt: Keine Ahnung. Schritt für Schritt ging es für sie weiter. Sie hatten nichts als ein Versprechen Gottes. Ein neues, gutes Land. Ein Kind. Eine atemberaubende Perspektive. Sie, das alte, gebeugte, resignierte Paar, waren plötzlich Hauptdarsteller in einem grossen Drama! Verrückt, nicht wahr?

Abraham und Sara haben Hoffnung? Woher? Nicht aus sich selbst. Nicht weil sie unerschütterliche Optimisten waren. Nicht weil sie an Wunschträumen festklebten. Nicht weil sie sich gegenseitig immer wieder hochpushten. Sie gingen nicht in sich und fanden dort noch einen Funken Hoffnung. Bis Gott mit ihnen sprach. Da hatten sie ein Versprechen. Gott hat ihnen sein Wort gegeben. Das hatten sie nun. Und das reichte, dass diese beiden Greise sich auf den Weg machten.

Trotzdem: Es gab Tage, an denen sie vor ihrem Zelt sassen, sich anschauten und den Kopf schüttelten. Allein diese Vorstellung: ein Kind. Eine zahnlose Greisin soll einen zahnlosen Säugling an der Brust haben? Sara muss lachen, mehr als einmal. Und Abraham wird ganz still: Worauf habe ich mich da eingelassen? Und wenn es wieder so weit war, dass Sara sich vor Lachen schüttelte und Abraham sich sorgte, immer dann erinnerte Gott die beiden an sein Versprechen. Und genau so überlebte die Hoffnung. Immer ein Gramm schwerer als die Sorge. Immer eine Winzigkeit stärker als der Wille aufzugeben. Hoffnung ist keine innere Kraft. Hoffnung ist kein menschlicher Entschluss. Hoffnung ist kein gutes Gefühl. Hoffnung ist keine rationale Abwägung der Chancen. Hoffnung ist die Antwort auf ein Versprechen Gottes. Hoffnung ist Wagnis und Aufbruch – weil du es sagst, Gott!

Ein Gott, der Wort hält

So hält Gott das bis heute. Er gibt uns ein Versprechen: Und ich werde dich segnen. Ich halte an dir fest. Ich bleibe dir treu. Ich beschütze dich. Dein Dienst soll nicht vergeblich sein. Dein Tun soll Früchte tragen. Über Bitten und Verstehen soll dir Gutes widerfahren. Ich bleibe bei dir bis ans Ende der Tage. Und seine Versprechen gehen weit über das Private hinaus: Ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde. Ich stürze die Gewaltigen vom Thron. Ich besiege den Tod. Ich trockne alle Tränen. Ich werde bei euch wohnen. Ich mache alles (alles!) neu. Unser Hoffen hängt sich an Gottes Versprechen. Weil du es sagst. Das ist die Antwort der Hoffnung. Weil du es versprichst. Auch wenn ich nichts sehe. Ich weiss ja: Du bist treu. Verlässlich. Du kannst gar nicht anders. Du wirst es tun. Hoffnung im Glauben ist weniger eine «Hoffnung, dass» etwas geschieht. Sie ist vor allem eine «Hoffnung auf» den, der sein Versprechen hält und alles zu einem guten Ende bringt.

Wie ist das ausgegangen mit den beiden? Nun, Abraham und Sara bekommen ihren Isaak, aber es war ein langer Weg. Ihre Hoffnung wurde ein ums andere Mal auf die Probe gestellt – bis eine zahnlose Sara einen zahnlosen Isaak an der Brust hatte. Bis Gott Wort gehalten hatte. Und so kam es immer wieder. Als das Volk Israel nach vielen Irrungen und Wirrungen im verheissenen Land angekommen war, da fragte Gott den Josua und die versammelte Gemeinde: Und nun? Zieht Bilanz, meine Lieben! Ist irgendein Versprechen, das ich euch gab, noch unerfüllt? Nein, sagen sie. Sie merken es erst jetzt, nach all den Schwierigkeiten, nach so viel eigenem Versagen und Scheitern: Alles, buchstäblich alles, was Gott ihnen versprochen hat, ist eingetroffen. Die Liste ist Punkt für Punkt abgehakt. Zwischendurch hätten sie es sich nicht vorstellen können, aber jetzt müssen sie es zugeben: Gott hat Wort gehalten! Darauf setzt eure Hoffnung: Eines Tages werden wir feiern. Eines Tages werden wir zurückblicken. Eines Tages werden wir staunen und uns unbändig freuen: Es ist alles genau so gekommen. Er war treu. Wir waren es nicht immer. Aber er war es. Was er verspricht, hält er. Worauf dürfen wir also hoffen? Auf Gott, der Wort hält.

Prof. Dr. Michael Herbst war Pfarrer in Westfalen und lehrte Praktische Theologie in Greifswald. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Bamberg, forscht, schreibt und referiert zu Fragen der Gemeindeentwicklung, der Seelsorge und der Verkündigung.

Zum Thema:
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Autor: Michael Herbst
Quelle: Magazin Aufatmen 3/2024, SCM Bundes-Verlag

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