Meine Freundin glaubt nicht mehr

Ist es die Freundschaft wert?
Über viele Jahre bildete der Glaube eine gemeinsame Basis zwischen Franziska Klein und ihrer Freundin. Doch diese Basis besteht inzwischen nicht mehr. Wie geht man damit um?

Als wir uns über eine gemeinsame christliche Freundin kennenlernten, war der Glaube an Jesus etwas, das uns verband. Wir teilten den gleichen gesetzlichen Gemeinde-Background, den wir hinterfragten, erlebten Gott neu und trafen uns zum gemeinsamen Beten. Jede Freundschaft vereinbart einen inneren Vertrag: «So bist du, so bin ich, so ist das Wir.» Unser Wir war, dass wir beide Jesus liebten und uns nach ihm ausrichten wollten. Doch meine Freundin verliess den Glauben an Jesus und ich erinnere mich an den Stress, den das zunächst in mir auslöste. Nun hat man in einer Freundschaft wenig Druckmittel, jemanden von etwas zu überzeugen und es wäre auch weder gesund noch richtig, sie einzusetzen. Doch ich verstand sie nicht in allem, litt unter der Veränderung und fühlte mich von ihr in meinem Glauben hinterfragt.

Neuen Boden finden

Was ist da noch, wenn das, was uns verband, wegfällt? Können wir enge Freunde bleiben, wenn das mir so Heilige kein Common Ground mehr ist? Wir stellten in den Veränderungen aber fest, dass wir uns wirklich gern hatten und füreinander Respekt und Neugier empfanden. Unser innerer Vertrag war nicht mehr die Voraussetzung, das gleiche Bekenntnis zu haben, aber wir einigten uns, dass wir Fragen stellen, wenn uns etwas interessiert oder irritiert, anstatt uns angegriffen und hinterfragt zu fühlen. Wir merkten, dass wir ein grosszügiges Herz brauchen, der anderen Gutes unterstellen müssen und mit unseren Ängsten, die Veränderungen auslösen können, ehrlich sein dürfen.

Freundschaft als Mission?

Ob ich mir wünsche, dass alle meine Freunde Jesus kennenlernen? Absolut! Es ist mein tiefster Wunsch, meine grösste Sehnsucht. Und ich meine, auch die Sehnsucht Gottes. Aber ich kann Menschen nicht überreden und auch nicht in den Glauben an Jesus hineintricksen. Sich anzufreunden mit Agenda ist keine gute Idee, weil zum einen niemand gern verzwecklicht wird und zum anderen das auch früher oder später als unecht entlarvt werden würde. Stell dir vor, dein jüdischer Freund oder deine muslimische Freundin trifft sich nur mit dir, um dich zu bekehren. Nicht cool. Freundschaft sucht in ihrem inneren Wesen nach dem «um meinetwillen», mit dem «so, wie ich bin» und auch «so, wie ich glaube». Ich habe erlebt, dass Freunde sagten: «Ich möchte deinen Jesus kennenlernen» – die Freiheit, die ich in Jesus erlebt habe, hat sie angesteckt. Doch ich erlebe auch, dass Freunde sagen: «Ich glaube das nicht mehr» oder «ich glaube an etwas anderes.» Ich hatte sogar eine Freundin, die nicht mehr mit mir befreundet sein wollte, weil ich Pastorin geworden bin. Das tat weh. Das ist ein Lernfeld, stellenweise kein leichtes.

Freundschaft – ein Friedensbeitrag?

Neulich erzählte mir eine Frau von ihrer Freundschaft mit einer Muslimin und sagte: «Freundschaft kann für unsere Gesellschaft ein echter Friedensbeitrag sein.» Die meisten Menschen bauen Freundschaften zu Menschen, die ähnliche Werte vertreten, ähnlich sind und glauben, doch wie wäre es, wenn man «die anderen» nicht nur aus der Ferne beäugt, sondern echte tiefe Freundschaften miteinander pflegt? Es würde nicht nur unseren Horizont, sondern auch unser Herz weiten und über so manche unverständliche Kluft eine Brücke bauen.

Ich blicke meine Herzensfreundin an, wir glauben und denken unterschiedlich, aber im Herzen verbindet uns eine tiefe freundschaftliche Liebe – und für die lohnt es sich.

Franziska Klein ist Autorin, Coachin und Pastorin in der Frankfurt City Church.

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Autor: Franziska Klein
Quelle: Magazin Dran 4/2024, SCM Bundes-Verlag

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