«Du wirst gesehen!»

Christa Colella (links) und Regula Achermann reden über gegenseitige Wertschätzung und Anteilnahme
Jedes Jahr werden Mütter geehrt. Doch der Muttertag ist längst nicht für alle Frauen ein Tag der Freude. Im Livenet-Talk geht es um gegenseitige Wertschätzung und Anteilnahme.

Das Stichwort «Muttertag» vermag verschiedene Gefühle zu wecken. Darüber berichten im Livenet-Talk zwei Frauen aus Thun: Regula Achermann und Christa Colella.

Gemischte Gefühle

«Ich habe eine coole Beziehung mit meiner Mutter», erzählt Christa. «Und so habe ich am Muttertag auch etwas zu feiern.» Es sei gut, dass der Muttertag gefeiert wird. Trotzdem ist der Tag für sie kein Freudentag, denn sie leidet seit Jahren an ihrem unerfüllten Kinderwunsch. «So ist es auch jedes Jahr einer der Tage, bei dem es gut ist, wenn er vorbei ist.» Um dem Ganzen etwas entkommen zu können, versucht Christa jeweils zu arbeiten.

Regula ist in ein einer ganz anderen Situation. Zum ersten Mal darf sie den Muttertag nämlich als Mami erleben. Nachdem ihr Ehemann und sie ein paar Jahre auf ein Kind warten mussten, freut sie sich jetzt sehr. Doch auch für Regula ist die Freude etwas getrübt: Ihre Mutter, mit welcher sie eine schöne Beziehung hat, ist inzwischen im Altersheim. Das führt Regula die Endlichkeit dieser Beziehungen vor Augen – und das ist nicht einfach.

Muttertag in der Gemeinde feiern

Nicht nur für Christa, sondern auch für Regula ist der Muttertag ein Arbeitstag, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Als Gemeindeleiterin in der Heilsarmee Thun ist Regula im Muttertag-Gottesdienst engagiert. «In der Heilsarmee war der Muttertag schon immer ein wichtiger Tag», berichtet sie. Und die Tradition des Feierns will sie auch beibehalten. Schon als Teenager war ihr aber bewusst, dass an diesem Tag nicht alle Frauen Hochgefühle empfinden – sogar Mütter würden den Muttertag nicht immer ungetrübt feiern können. «Ich denke da an Frauen, die am Muttertag alleine zu Hause sitzen, weil die Kinder nicht vorbei kommen.»

Als Gemeindeleiterin kennt Regula das Spannungsfeld Muttertag. Wie können Mütter gewürdigt werden, ohne andere Frauen damit zu verletzen? «Und oft ist gut gemeint letztlich nicht gut gemacht», kommentiert sie die Erfahrung von Christa, welche das erhaltene Schoggiherz eher als «billigen Trostpreis» empfunden hatte und nicht als Wertschätzung für alle Frauen.

Wie entstand eigentlich der Muttertag?

Im Talk gibt Florian Wüthrich eine kurze Zusammenfassung über die Entstehung des Muttertages: Vor 110 Jahren wurde dieser in den USA als nationaler Feiertag eingeführt. Wie es dazu kam? Eine Mutter hatte dafür gebetet, dass irgendwann jemand einen Gedenktag einführt, an welchem Mütter für ihren unermüdlichen Dienst an der Menschheit geehrt werden. Am Grab dieser Frau stand dann deren Tochter und sagte: «Ich werde mich für diesen Gedenktag einsetzen!» Und tatsächlich war sie damit letztlich erfolgreich.

GLOW: Ein Treffen für kinderlose Paare

Im Talk geht es auch um GLOW (Glauben Leben ohne Wunschkind), der Arbeit, in welcher sich Christa und ihr Ehemann stark engagieren. Aktuell hat GLOW vier regionale Gruppen, in welchen sich Menschen über ihren unerfüllten Kinderwunsch austauschen, aber auch gute Zeiten miteinander verbringen können. Dankbar blickt Regula auf die Zeit zurück, als sie und ihr Mann selbst teilnahmen. Besonders erwähnt sie die Verabschiedung, als sie schwanger war. Das sei ein starker Ausdruck gewesen, dass die Gruppe ihnen das Glück gönnte und sie von ihrer Seite her ihre weitere Anteilnahme am Leid kinderloser Paare ausdrücken konnten. Im Talk wird deutlich, wie Regula das Leiden ihrer Freundin Christa mitträgt.

Ein Wort zum Schluss

«Ich wünsche allen, die in Kirchen den Muttertag feiern, im gegenseitigen Umgang viel Sensibilität.» Als Heilsarmeeoffizierin im pastoralen Dienst richtet Regula zum Ende des Talks ein paar Worte an die Zuhörer. «Ich wünsche ein offenes Ohr für Frauen in verschiedenen Lebenssituationen. Sie alle meistern, gestalten und erleiden manchmal ihr Leben.» Regula erwähnt junge und alte Frauen, die vielleicht nie Kinder hatten oder in ihrer aktuellen Situationen mit ihren Kindern leiden. Regula wünscht sich, dass wir all diesen Frauen auf sensible und angemessene Weise ausdrücken können: «Du wirst gesehen!»

Sehen Sie sich den Talk mit Regula Achermann und Christe Colella an:

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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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