«Der Holy Spirit hat mich voll getroffen»

Kevin-Prince Boateng liess sich taufen
Was er vor vier Monaten erlebt hat, ist eingefahren wie eine Bombe. Man merkt es ihm an, dass er ein «Goal» gefunden hat, das weit über seine Fussball-Erfolge hinausgeht: Fussballstar Kevin-Prince Boateng in einem packenden Interview.

Er gilt als einer der schillerndsten Fussballer weltweit, hat in einem Dutzend Weltklasse-Clubs gespielt, viel Geld verdient und immer Vollgas gegeben. Kevin-Prince Boateng aus Berlin-Reinickendorf, Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters, musste ganz unten durch, fing mit sieben Jahren an Fussball zu spielen und ist durch eine fast 30-jährige Karriere gehetzt. Jetzt, mit 36, hat er den Fussball an den Nagel gehängt und erzählt in einem ehrlichen Interview bei «Lässer – die Talkshow», was seit vier Monaten sein Leben nochmal völlig umgekrempelt hat.

Zurückgetreten und Gott gefunden

Auf die Frage der sympathischen Moderatorin, wie es ihm nach dem Rücktritt auf einer Skala von 1 bis 10 geht, schiesst er heraus: «Zwölf!» Er hat sich lange auf den Rücktritt vorbereitet – vermisst den Fussball nicht einmal. Was hat ihm denn neue Sinnhaftigkeit gegeben? «Der grösste Wandel bei mir war, dass ich Jesus gefunden habe. Ich bin zum Glauben gekommen, lese die Bibel, habe das Christentum völlig verinnerlicht und mein Leben komplett geändert», gesteht er mit entwaffnender Offenheit.

Wie kam es dazu? Er war auf Einladung der FIFA in Sydney und wurde in einen Gottesdienst eingeladen. «Ich war noch nie in meinem Leben in einer Kirche», erklärt der Fussballstar, der zwischendurch auch mal Muslim war. «Ich hab mich hinten in die Ecke gesetzt, wie man das so macht – und nach fünf Minuten stand ich mit ausgestreckten Armen weinend da, weil der Holy Spirit mich getroffen hat. Seit dem Tag wusste ich, dass es nur noch einen Weg geben wird.»

Die Moderatorin will mehr wissen – seine Antwort: «Der Heilige Geist füllt dich von innen mit allem, wo du nicht gefüllt warst – ob es Liebe oder Zuneigung ist, was immer dir gefehlt hat in deiner Kindheit: dein Heavenly Father schenkt dir das. Es war sehr gross; es ist, als wenn zum ersten Mal dein Herz schlägt und du zum ersten Mal wirklich atmest.» «Wie eine Neugeburt», findet Moderatorin Lässer das richtige Wort. Boateng liess sich dann in Sydney taufen, wobei er noch einmal eine stärkere innere Erfahrung machte: «Das war sehr extrem, wo der alte Mensch stirbt und ein neuer geboren wird.»

Vom Ghetto zum Pokaljäger

Kevin-Prince Boateng lebte in Extremen. Aus einem armen Umfeld – «wir lebten als fünf Kinder in einem Zimmer» – kam er als Shooting Star in die glitzernde Welt des Fussballs. Er spielte den Glücklichen, war aber innerlich leer. Was gab ihm Energie? «Ich wollte es den Leuten einfach beweisen», erklärt er. Es gab auch schöne Augenblicke, und heute fragt er sich: «Warum habe ich die damals nicht mehr und bewusster erlebt?» Er erinnert sich nur noch an die Niederlagen und die Siege, «wenn du ganz am Boden bist und wenn du einen Pokal gewonnen hast – alles dazwischen erleben Fussballer eigentlich nicht». Fussballerleben sei «wie ein Rockstar: links, rechts, alles flitzt vorbei» – auch zwei Frauen und zwei Kinder.

In Monza hatte er eine Depression und verbrachte über vier Wochen in einem dunklen Zimmer. Wie schafft man trotzdem eine solche Karriere? «Keine Ahnung», sagt er. «Der liebe Gott hat mir so viel Talent in den Füssen gegeben, dass die Leute nicht in mein Gesicht geguckt haben.» Nach seiner Depression suchte er psychologische Hilfe – ein wichtiger Schritt für den stolzen Mann – und konnte schon einmal viel aufarbeiten: Wut, Aggressionen, Wunden seiner Herkunft und den abwesenden Vater.

Die Leere füllen...

«Aber das Eigentliche ist jetzt passiert, als ich Gott gefunden habe», erklärt er. Er habe die Liebe, die er heute erlebt, früher in vielen Sachen gesucht. In Tottenham kaufte er sich bekanntlich einmal an einem Tag drei Autos: einen Lamborghini, einen Hummer und einen Cadillac. «Autos, Häuser, Parties – das war so das Leben, die Sünden, die wir uns schöngeredet haben. Aber diese Leere füllt man nur für eine Woche.»

«Wenn du mir vor vier Monaten gesagt hättest, dass ich diese Liebe nun in mir drin habe, hätte ich gesagt: Was hast du getrunken?» Er geniesst dieses neue Leben heute enorm: «Mit dem Glauben lebe ich jeden Moment so, als ob es der letzte ist.»

In den letzten vier Monaten ist viel geschehen. Boateng: «Ich habe denen, die mich verletzt haben, vergeben – und musste auch viele um Verzeihung bitten.» Zum Beispiel seinen 15-jährigen Sohn: «Wir haben geweint, haben uns in die Arme genommen, und jetzt geht es bergauf.» In den letzten vier Monaten hat sich auch die Beziehung zu seinen Ex-Frauen verändert.

Ein glücklicher Mensch

Kevin-Prince Boateng hat viele Pläne für die Zukunft, und vieles hat mit Sport und Fussball zu tun. Das Wichtigste für ihn: «Ich will weiter wachsen im Glauben, ich will so viele Menschen wie möglich berühren und ihnen Hoffnung geben. Egal, ob du Fussballprofi bist oder im Restaurant arbeitest, alle haben die gleichen Tiefs. Wenn du glaubst und dein Leben in die Hand von dem Herrn oben gibst, ist alles möglich.» Er weiss: «Das einzige, wonach wir alle suchen, ist Liebe. Wir haben alle Löcher, und die kann für mich nur der liebe Gott, Jesus, füllen. Diese ehrliche, gesunde Fröhlichkeit und Liebe zu haben, ist doch das Schönste, was es gibt.» Moderatorin Lässer, «wirklich berührt», will abschliessend wissen: «Wer ist der Kevin-Prince Boateng heute?» Seine Antwort: «Ein glücklicher Mensch!»

Sehen Sie sich das Video von blue News mit Kevin-Prince Boateng an:

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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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