Vom «klaren Nein» zum «gesunden Vielleicht»
«Vor kurzem wurde einer meiner Freunde ein Nachfolger Jesu», freut sich Gary Gibbs von der Abteilung für Evangelisation und Gemeindegründung des britischen «Elim»-Gemeindeverbandes. «Als wir uns vor 13 Jahren zum ersten Mal trafen, war mein Freund überzeugter Atheist. Die Tatsache, dass er in theoretischer Physik promoviert hat und sein Gehirn so gross wie ein ganzer Planet ist, war es eine ziemlich grosse missionarische Herausforderung. Es war ein Abenteuer!»
Immer alles sofort?
Gary Gibbs arbeitet seit über 40 Jahren im evangelistischen Dienst. «Es ist eine grosse Freude, regelmässig zu sehen, wie Menschen zum Glauben an Christus kommen. Aber ich denke immer daran, wie jemand anderes oft die schwere Arbeit erledigt hat.»
Gary Gibbs beobachtet, dass wir gewohnt sind, fast sofort das zu bekommen, was wir wollen. «Warum nicht auch ein schnelles Bekenntnis zu Christus? Wir Christen neigen dazu, anzunehmen, dass die Menschen bereit sind, Jesus anzunehmen, wenn ihnen das Evangelium zum ersten Mal erklärt wird. In der Realität ist dies selten der Fall.»
Rasche Entscheide
In den letzten Jahren habe er Berichte von Hunderten von Menschen gesehen, die auf den Strassen Grossbritanniens «gerettet» wurden, oft während einer Einsatz-Woche in einer bestimmten Stadt. «In der Regel erhält ein Haufen junger Gläubiger am Vormittag eine Schulung und bringt das Evangelium dann am Nachmittag in ein nahegelegenes Einkaufsviertel. Bei einem solchen Ereignis wurden im Laufe von fünf Tagen etwa 338 Entscheidungen für Jesus verzeichnet.»
Gary Gibbs war fasziniert und untersuchte die Ergebnisse fast zwei Monate später. «Es stellte sich heraus, dass kaum einer von denen, die auf der Strasse positiv reagierten, in einer sinnvollen Verbindung zu einer christlichen Gemeinde oder zu einem Christen stand. Tatsächlich waren die Angaben auf der Entscheidungskarte zur Nachverfolgung oft falsch, und selbst wenn genaue Angaben gemacht worden waren, war die Person nicht mehr interessiert, als der Kontakt wiederhergestellt wurde.»
Sollen wir aufhören?
Das heisse allerdings überhaupt nicht, dass man die Frohe Botschaft nicht mehr auf die Strasse bringen soll. «In England ist es heute selten, jemanden zu finden, der bereit ist, Christus bei seiner allerersten Begegnung mit einem Evangelisten anzunehmen! Oft befinden sich Menschen auf einem langen Weg zu Christus, und wir müssen dies anerkennen und unsere evangelistischen Strategien davon beeinflussen lassen.»
Gary Gibbs erklärt: «Wie Mark Greenwood sagt: Wenn wir jemandem helfen können, von einem ‘eindeutigen Nein’ zu einem ‘gesunden Vielleicht’ oder einem ‘kleinen Ja’ überzugehen, dann sind wir authentisch in Gottes Mission involviert. Und Gott sei Dank, kommt es auch vor, dass wir auf jemanden treffen, der bereit ist, ein ‘grosses Ja’ zu geben.»
Auch der kulturelle Kontext variiert. «In vielen Teilen Afrikas gibt es zum Beispiel Offenheit für Gott, ein gewisses Verständnis des Evangeliums und eine Anerkennung des geistlichen Bereichs. Das kann die Evangelisation erleichtern. Aber der Westen ist anders. In den meisten Fällen müssen wir ‘ein Freund der Sünder’ werden, verlorene Menschen lieben und Gott im Laufe der Zeit wirken lassen. Wir müssen geduldig sein. Es kann dreizehn Jahre dauern!»
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